Oberhausen. Es gibt nicht wenige Oberhausener, die mit Argwohn auf den Käufer der Krankenhäuser des Katholischen Klinikums schauen. Nun stellte er sich vor.
Seit einigen Wochen sind sie bereits in den Häusern des Katholischen Klinikums Oberhausen (KKO) unterwegs. Sie schauen sich nach trockener Recherche in Bilanzbüchern nun die Praxis vor Ort an – vom Dachboden bis zum Keller auf den großflächigen Arealen der drei Krankenhaus-Standorte, der drei Pflegeheime sowie der drei ambulanten Pflegedienste. Und sie sprechen nach eigener Aussage intensiv mit vielen KKO-Beschäftigten: Die Führungskräfte der in Zürich sitzenden Schweizer Ameos Holding AG, die nun die Geschäfte des seit Sommer 2019 im Insolvenzverfahren befindlichen lokalen Traditions-Medizinanbieters führen.
Nach einem Bieterverfahren hat Ameos die gesamte KKO-Gruppe Ende des Jahres 2019 für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gekauft. Das Insolvenzverfahren wird allerdings nach Maßgabe des Insolvenzgerichts erst im Laufe des Frühjahrs vollzogen – erst dann ist der Eigentumswechsel tatsächlich amtlich.
KKO-Gruppe hat einstellige Millionenverluste eingefahren
In den vergangenen drei Jahren hat die KKO-Gruppe vor allem wegen der defizitären drei Krankenhäuser einstellige Millionenverluste eingefahren – bis zu acht Millionen Euro im Jahr. Ameos-Vorstand Michael Dieckmann, der am Niederrhein aufgewachsen ist, lobt KKO-Beschäftigte, Standort und Gruppe im Gespräch über den grünen Klee: „Die Mitarbeiter haben uns offen empfangen, sie wollen mitmachen und freuen sich, dass es endlich nach vorne geht. Fachlich sind die Häuser gut aufgestellt. Wir werden uns hier dauerhaft engagieren, wir wollen investieren und wachsen. Denn die Standorte haben enormes Potenzial, was bisher nicht ausgeschöpft wurde.“
Mindestens ein Krankenhaus jedes Jahr
Seit vielen Jahren ist die 2002 gegründete Ameos-Gruppe auf Einkaufstour – in den deutschsprachigen Ländern Schweiz, Österreich und Deutschland. „Im Schnitt erwerben wir jedes Jahr mindestens ein Krankenhaus – und wir schauen uns weiter um“, sagt Ameos-Vorstand Michael Dieckmann, der nun auch rechtlich als Geschäftsführer der KKO-Gruppe eingetragen ist. Mit dem Kauf der KKO-Gruppe habe man die Eine-Milliarde-Euro-Schallmauer an Umsatz durchbrochen.
Zwar schweigen die Manager sich über den exakten Gewinn des in Deutschland fünftgrößten Klinik-Konzerns mit über 94 Einrichtungen und über 15.700 Mitarbeitern aus, doch: „Mit dem Betrieb von Krankenhäusern kann man zwar keine großen Gewinne erzielen; mögliche Gewinne schütten wir nicht aus, sondern investieren diese vollständig ins Unternehmen.“ Die Ameos-Gruppe gehört dem US-amerikanischen Private-Equity-Fonds Carlyle.
Im Unterschied zu den ersten Plänen der Insolvenzverwalter will Ameos alle Standorte erhalten – auch den Krankenhaus-Standort St. Josef in Alt-Oberhausen, das zunächst aufgegeben werden sollte. Alle Hospitäler sollen im harten Wettbewerb der dichten Klinik-Szene im Ruhrgebiet ein scharfes Profil ihrer jeweiligen Stärke erhalten: St. Marien in Osterfeld soll mit Geriatrie, Schmerztherapie und Palliativmedizin der Spezialist für Senioren sein, St. Josef in Alt-Oberhausen soll die Psychiatrie weiter ausbauen, St. Clemens soll mit einer starken Gynäkologie und Geburtenstation der Rund-um-Regelversorger mit direktem großen Reha-Zentrum bleiben.
Die gesamte KKO-Gruppe soll nicht zerschlagen werden; die drei großen Pflegeheime und ambulanten Pflegestationen („wir haben einen sehr guten Eindruck davon“) würden die Dienste der Krankenhäuser ideal ergänzen, meinen Dieckmann und Regionalgeschäftsführer Martin Stein.
Über 2000 Arbeitsplätze bleiben erhalten
Ameos hat beim Kauf der Gruppe den bisherigen Eigentümern, drei Oberhausener Kirchengemeinden und dem Bistum Essen, nicht nur zugesagt, alle derzeit über 2000 Arbeitsplätze erhalten zu wollen, sondern auch unbefristet alle Vertragskonditionen des bisherigen katholischen Arbeitgebers zu übernehmen. Ameos strebt einen Aufbau an medizinischen Jobs und Dienstleistungsangeboten in der Stadt an. „Ich gehe davon aus, dass in fünf Jahren mehr Menschen für Ameos in Oberhausen arbeiten werden als bisher“, prophezeit Martin Stein, Regionalgeschäftsführer Ameos West.
Ameos verspricht, Fachkräfte vor Ort einzubinden
Trotzdem müssen sich die KKO-Beschäftigten naturgemäß auf deutliche Veränderungen einstellen. In Arbeitsgruppen mit Ameos-Experten und den Fachkräften vor Ort (Ärzte, Pflege, Therapeuten, Techniker, Verwaltung) soll ein Gesamtkonzept für alle Oberhausener Standorte entwickelt werden. Denn Ameos legt nach eigener Aussage viel Wert darauf, ihr jahrelang angehäuftes Wissen über den standardisierten optimalen Betrieb eines Krankenhauses den neuen Standorten nicht einfach überzustülpen, sondern ihre Kenntnisse mit den lokalen Besonderheiten zu verknüpfen.
Arbeitnehmer sollen beim Integrationsprozess beteiligt werden, mit Manuel Bäuerle wurde sogar ein Integrationsmanager eingestellt, der offene Sprechstunden für Mitarbeiter anbietet: „Ich stelle die Verbindung zwischen Ameos und seinen Spezialisten sowie der neu zu integrierenden Einrichtung her. Der Integrationsprozess ist in zwölf Teilprojekte eingeteilt, dabei lernen wir alle viel Neues voneinander.“ Am Ende, etwa nach neun bis zwölf Monaten, soll das Konzept mit detaillierten Investitionsplänen stehen. „Wir können die Höhe der Investitionen noch nicht genau beziffern, werden aber viele, viele Millionen Euro in die Hand nehmen“, verspricht Dieckmann.
Deutlicher Investitionsstau zu sehen
Denn wie fast überall in Deutschland stellen Klinikbetreiber seit Jahrzehnten fest: Der Staat kommt schon seit 1972 seiner gesetzlichen Aufgabe nicht nach, ausreichend Geld für die baulichen Investitionen von Hospitälern bereitzustellen. Folge: „Auch die KKO-Krankenhäuser haben einen hohen Investitionsstau. Dabei liegen allerdings Licht und Schatten eng beieinander – mal sind tolle Investitionen passiert, mal schaut man den nächsten Raum an und sieht den Investitionsstau doch deutlich“, konstatiert Klein.
Gemischter Ruf bei Klinik-Beschäftigten
Die Schweizer Ameos-Gruppe hat bei Krankenhaus-Beschäftigten bisher einen recht gemischten Ruf. Vor allem durch eine beinharte Lohnpolitik mit konfliktreichen Tarifstreitereien in Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt fiel der Klinikbetreiber negativ auf. Verdi kritisiert, dass es keinen Konzernbetriebsrat gibt und die deutsche Unternehmens-Mitbestimmung durch Aufteilung in viele kleine eigenständige Einheiten unterlaufen wird.
Ameos-Vorstand Michael Dieckmann selbst lässt erkennen, dass er die Zuspitzung beim Streit um den Tarifvertrag in Sachsen-Anhalt nicht ideal findet. Er glaubt, dass es sich heutzutage kein Klinikbetreiber mehr leisten kann, Beschäftigte schlecht zu behandeln. „Alle Krankenhäuser leiden unter fehlenden Fachkräften. Wir haben heute einen Arbeitnehmer-Markt: Der Arbeitnehmer entscheidet, nicht nur der Arbeitgeber. Wir bieten als Arbeitgeber sichere Arbeitsplätze mit Perspektive in freundlicher Atmosphäre und mit spannenden Aufgaben. Wir werden alles tun, um qualifizierte Mitarbeiter zu halten.“
Dass Ameos die Umkehr der KKO-Gruppe in die Gewinnzone schafft, da sind sich die Führungsspitzen sicher. „Wir wollen investieren und wachsen, müssen zugleich auf die Kosten schauen. Hier haben sich Dinge eingeschlichen, die zeitweise die Existenz gefährdet haben“, analysiert Ameos-Vorstand Michael Dieckmann. „Kosteneffizienz erreicht man im Gesundheitswesen heute vor allem auch durch Größe. Unsere Vorteile werden wir hier voll und schnell ausspielen können. Zudem bringen wir unsere jahrelangen Erfahrungen an verschiedenen Klinik-Standorten ein.“
So ergeben sich alleine durch den Einkauf von Produkten und Geräten für die ganze Gruppe enorme Reduzierungen an Kosten. „Durch unsere Größe erreichen wir ganz andere Einkaufskonditionen als Einzelkrankenhäuser“, gibt Ameos-West-Regionalgeschäftsführer Martin Stein an. Das gelte genauso für die Bereiche Speisenversorgung, Energie, Bau und Technik.