Oberhausen. Wie agiert die AfD Oberhausen in sozialen Medien? Wie ticken die Vorstands-Mitglieder der rechten Partei? Ein Blick auf Facebook gibt Aufschluss.
Wenn Oberhausen im September 2020 einen neuen Stadtrat wählt, haben Mitglieder der rechten AfD nach den Wahlergebnissen der vergangenen Jahre gute Chancen, erstmals in das Parlament einzuziehen. Seit Jahresbeginn meldet sich die Partei mittlerweile recht rege zu kommunalpolitischen Themen, fordert beispielsweise die Rückkehr zur alten Parkgebühren-Regelung und kritisiert die steuerliche Förderung von Arbeitslosenzentren. Doch wer sind die Köpfe hinter der AfD Oberhausen? Wie agieren sie? Ein Blick auf die diversen Auftritte im sozialen Netzwerk Facebook der vergangenen Monate gibt Aufschluss.
„Der Abschaum kommt aus Afrika“, kommentiert eine Facebook-Nutzerin unter einem Beitrag der AfD Oberhausen. An anderer Stelle hetzt jemand: „Libanesen sind die schlimmsten von den Schmarotzern.“ Zur Nachricht über einen Anstieg von Krätze-Infektionen in Deutschland meint ein anderer im Kommentarbereich der Facebook-Seite der AfD Oberhausen: „Die Ausländer schleppen doch die ganzen Krankheiten zu uns ins Land und die Ratten wollen uns Kultur beibringen.“
Auf öffentlichen Facebook-Seiten kann jeder Nutzer bekanntlich Kommentare hinterlassen, die alle Leser sehen können. Auffällig ist aber, dass die AfD-Administratoren der Seite diese Beiträge von Oktober 2019 einfach stehen ließen – ohne einzugreifen. Das ist auch bei schlimmen menschenfeindlichen Äußerungen wie etwa „Drüber fahren, wo ist das Problem?“ zu beobachten – eine Reaktion auf eine Nachricht, dass der Zugverkehr in einer österreichischen Gemeinde vorübergehend gestoppt werden musste, weil Migranten im Gelände herumirrten.
AfD verteidigt Kommentatoren: Auch mal von Emotionen geleitet
Auf dieses Nichtverhalten angesprochen, erklärt der Oberhausener AfD-Sprecher Wolfgang Kempkes: „Die Facebook-Seite der AfD Oberhausen ist deutschlandweit eine der erfolgreichsten Kreisverband-Seiten, die täglich hundertfach mit Kommentaren und Beiträgen bei ehrenamtlicher Betreuung interagiert. Daraus ergibt sich, dass es passieren kann, dass einzelne Kommentare auch einmal unbeanstandet stehen bleiben können. Auf Kritik reagieren wir aber schnellstmöglich und entsprechend.“
Die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, „welches nur dann eine Beschränkung erfährt, wenn diese sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet oder strafrechtlich relevant ist“. Deshalb würden „auch provokante und satirische Kommentare geduldet“.
Es sei den Kommentatoren zudem zuzubilligen, argumentiert Kempkes, sich bei ihren Beiträgen auch einmal von Emotionen leiten zu lassen. „Den Vorwurf, dass sich die AfD Oberhausen jeden veröffentlichten Beitrag und dessen inhaltliche Aussagen zu eigen macht, weisen wir aufs Schärfste zurück!“
Experten: AfD schürt systematisch Angst
Die Facebook-Seite der Oberhausener AfD offenbart, was auch Wissenschaftler in Studien aufgezeigt haben: Rechtspopulisten schüren systematisch Angst vor Zuwanderern. So finden sich auf der Seite der AfD Oberhausen zum größten Teil Medienberichte über Straftaten von Zuwanderern.
Eine solche Darstellung vermittele den Eindruck, dass die meisten Straftaten in Deutschland von Bürgern mit ausländischen Wurzeln begangen würden – obwohl der Anteil nicht-deutscher Täter in den offiziellen Kriminalitätsstatistiken bei unter 35 Prozent liege. So haben es die Professoren Thomas Hestermann (lehrt Journalistik in Hamburg) und Elisa Hoven (Expertin für Medienstrafrecht an der Uni Leipzig) in einer Studie herausgearbeitet, die im dritten Quartal 2019 in der Kriminalpolitischen Zeitschrift erschienen ist. Der Studientitel lautet „Kriminalität in Deutschland im Spiegel von Pressemitteilungen der Alternative für Deutschland (AfD)“.
Auffällig sind auch Facebook-Posts einzelner Vorstandsmitglieder der Oberhausener AfD. So bedient der stellv. Sprecher Marco Papenberg Vorurteile – und das nicht nur einmal. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wenn ich lese, dass deutsche Reinigungskräfte für Flüchtlingsunterkünfte gesucht werden“, schreibt er etwa im Juni vergangenen Jahres auf seiner öffentlich einsehbaren privaten Facebook-Seite.
Oder: „Dem Altenpfleger tut der Rücken weh! Doch die Regierung sorgt sich um Mehmet und seinen BMW.“ Grüße aus dem Urlaub kommentierte er im Sommer so: „Ferner waren wir auch mit dem Schlauchboot auf dem Mittelmeer. Und wir hätten jeden erschlagen, der uns gerettet hätte und nach Deutschland bringt.“
Beleidigungen und gezielte Falschmeldungen
Persönliche Beleidigungen teilt der AfD-Vize gegen politisch Andersdenkende aus. Zu einem Foto der Grünen-Politikerin Claudia Roth schrieb Papenberg: „Nur weil eine Frau blöd ist, muss sie nicht automatisch hübsch sein.“ In einem Kommentar vergleicht er eine unbekannte junge übergewichtige Frau in einem Grünen-T-Shirt mit einem „Flaschencontainer für Grünglas“.
Das Agieren der Oberhausener AfD deckt sich mit Berichten der Aussteigerin Franziska Schreiber, die in ihrem Enthüllungsbuch „Inside AfD“ unter anderem offenlegte, dass die rechte Partei durch gezielte Falschmeldungen die öffentliche Wahrnehmung beeinflussen will. So teilt auch der Oberhausener Kreisverband vermeintliche Nachrichten von umstrittenen Internetseiten wie der des österreichischen Magazins Wochenblick, das laut Presserat auf „systematische Art und Weise die Leser täuscht“, wie die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ zitiert. Die Seite nutze pauschale Verunglimpfungen und Diskriminierung, um den Menschen Angst zu machen.
Internetseite eines verurteilten Rechtsextremisten
Am 22. Februar teilte die AfD Oberhausen eine angebliche Nachricht, die nahe legt, bei den Anschlägen von Hanau am 19. Februar handele es sich um eine Tat aus dem Clanmilieu. Dabei gehen Ermittler davon aus, dass der Täter, der in zwei Shisha-Bars neun Menschen tötete, rassistische Motive hatte. Facebook-Faktenprüfer haben die Nachricht als Falschmeldung identifiziert.
Ebenfalls als Fake-News-Seiten enttarnte Internetportale teilt Sven Tomczak in seinem persönlichen Facebook-Profil. Wie Papenberg ist auch Tomczak stellv. Sprecher des Oberhausener AfD-Kreisverbandes. Er teilt „Artikel“ der Seite Anonymous.ru, eine über russische Server agierende Plattform, die nachweislich Falschmeldungen verbreitet und mit erfundenen Horrorgeschichten gegen Flüchtlinge hetzt. So etwa auch am 1. Februar 2020: „Antifa-Anhänger ermorden schwangere 18-Jährige.“ Betrieben wurde die Seite nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden wohl von Mario Rönsch – einem wegen illegalen Waffenhandels verurteilten Rechtsextremisten.
Menschen als „Ratten“ bezeichnet
Tomczak dazu: „Falschmeldungen gibt es auf vielen Seiten, aber nicht alle News sind Fakenews. Diese Meldungen sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen.“ AfD-Pressereferent Wolfgang Kempkes ergänzt: „Die Entscheidungsfreiheit, Seiten anderer Facebook-Teilnehmer, insbesondere Medienanbietern zu teilen, lassen sich weder der AfD-Kreisverband Oberhausen noch Privatpersonen als auch Parteifunktionäre von niemandem absprechen.“
Auf seiner persönlichen Facebook-Seite postet Sven Tomczak Sätze wie: „Wenn du dir Ratten ins Haus holst, haben selbe auch Flöhe und Du die Pest“ (November 2019). Seine Erklärung auf Nachfrage der Redaktion: „Dieses Zitat ist ein Gleichnis zur Tagessituation in Deutschland. Gerade durch die aktuelle Gefährdung durch Krankheiten wie die Masern, Ebola, TBC, Krätze und dem Coronavirus.“