Oberhausen. Franziska Henschel inszeniert den überwältigenden Text „Einige Nachrichten an das All“ im kleinen Saal 2 des Theaters. Premiere am 13. Dezember.
Vor acht Jahren hatte Wolfram Lotz einen echten Lauf: Damals brachte er bei den Ruhrfestspielen „Der große Marsch“ zur Uraufführung und im Nationaltheater Weimar „Einige Nachrichten an das All“. Und wie ein Manifest tönte die Erkenntnis des gerade 30-jährigen Dramatikers: „Das unmögliche Theater ist das fortwährende Scheitern in eine bessere Zukunft hinein.“ Mit der Premiere von „Einige Nachrichten“ am Freitag, 13. Dezember, um 19.30 Uhr im Saal 2 des Theaters will Franziska Henschel Unmögliches möglich machen.
Wolfram Lotz gilt als Meister der Überforderung – aber die trifft zuerst die Regisseurin und ihr Team, weniger das Publikum. Was anfangen mit einem Text, der ungekürzt drei Stunden beanspruchen würde und der Figuren in einer Fülle aufruft, vom CDU-Politiker Ronald Pofalla bis zum um Worte ringenden Literaten Heinrich von Kleist. „Man könnte es auch mit einem 30-köpfigen Ensemble spielen“, meint Franziska Henschel ganz entspannt. Sie spielt es mit drei Schauspielerinnen und zwei Schauspielern in einem übergroßen Trichter als Bühnenbild. Und mit acht Puppen aus der Berliner „Helmi“-Produktion.
Gestalten auf dem Grat zur Groteske
Florian Loycke beschreibt sich selbst mit treffender Unbescheidenheit als „Renaissance-Mensch“ und als „Puppenbastler extraordinaire“. An seine Gestalten auf dem Grat zur Groteske könnten sich jene Oberhausener erinnern, die 2013 die Sci-Fi-Parodie „Magnet der Affen“ im Theater erlebt haben. Bleibt noch die Frage: Wie spielt man Fußnoten? Denn wie in einem wissenschaftlichen Werk, das auf Renommee hält, streute Wolfram Lotz Fußnoten über sein Werk. „Sie weisen über das Sagbare hinaus“, meint Franziska Henschel. „Sie machen ganz eigene Geschichten auf und übernehmen das Stück“, meint Raban Witt, der Dramaturg.
„Wir vervollständigen die Fantasie des Autors“
Wie viel Aussage und Atmosphäre die Regisseurin aus wenigen Zutaten herbeizaubern kann, hatte sie während Florian Fiedlers erster Spielzeit mit „Nachts“ bewiesen. „Wir vervollständigen die Fantasie des Autors“, sagt Franziska Henschel: Zum Einstieg in die eindreiviertel Stunden lässt sie das Publikum „über die Schuler des Autors“ auf den entstehenden Text blicken. „Der Rhythmus des Schreibens wird Musik.“ Dann spricht das Ensemble mit – Menschen und Puppenkörper werden zu sehen sein.
Die ersten vier „All“-Termine
Karten sind knapp für „Einige Nachrichten an das All“ – aber das liegt daran, dass es im Dezember nur zwei Aufführungen gibt. Für die Premiere am Freitag, 13. Dezember, um 19.30 Uhr im Saal 2 kosten die Tickets 14 Euro, ermäßigt 5 Euro. Anschließend steigt die Premierenfeier. Die zweite Aufführung folgt am Mittwoch, 18. Dezember.
Im Januar geht’s aber prompt weiter mit Lotz’ Anti-Drama: Am Freitag, 3., und am Freitag, 10. Theaterkasse: 0208 - 8578 184, online theater-oberhausen.de.
Eine Handlung zu erzählen – damit tun sich nicht nur diese Regisseurin und dieser Dramaturg bei einem Lotz’schen Bühnenwerk schwer. Es seien so viele Geschichten, meint Raban Witt, „das lässt sich nicht zusammenfassen“. Orientierung schafft immerhin der „Leiter des Fortgangs“, im weiteren Geschehen kurz LdF genannt. Als Quasi-Conferencier sucht er Botschafter, die ihre „Nachrichten an das All“ senden. Ein Heinrich von Kleist (HvK) verweigert sich wortreich – andere werden vom LdF abgewimmelt.
Als „Komik der Verzweiflung“ umschreibt Raban Witt die Qualität dieses Anti-Dramas „zwischen Samuel Beckett und Helge Schneider“. Und Franziska Henschel verspricht: „Das wird knackig.“