Oberhausen. Leser diskutieren mit Experten über ihr subjektives Sicherheitsgefühl in Oberhausen. Vor allem das offene Dealen mit Drogen regt viele Leute auf.
Randvoll der Behälter mit den „Ja“-Kugeln, nur zu etwa einem Drittel gefüllt das Glas mit den „Nein“-Kugeln – die an die Teilnehmer gerichtete Frage dazu lautete „Fühlen Sie sich abends sicher in Oberhausen?“ Gleich zu Beginn des jüngsten Stadtgesprächs von WAZ und „Arbeiten und Leben“ wurde also deutlich, dass es um das subjektive Sicherheitsgefühl der Oberhausener offenbar gar nicht so schlecht steht. Zwei Stunden diskutierten rund 60 Leserinnen und Leser engagiert mit einer Expertin und drei Experten auf dem Podium, moderiert von WAZ-Lokalchef Peter Szymaniak.
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Es war sozusagen ein Abend jenseits der Kriminalstatistik, denn es ging ausdrücklich um das individuelle, um das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen. Ein facettenreiches und vielschichtiges Thema, wie sich schnell herausstellte. „Warum gibt es eigentlich nicht mehr solche Notrufsäulen wie früher?“, fragte etwa eine Teilnehmerin. Ordnungsdezernent Michael Jehn versprach spontan, prüfen zu lassen, ob aus Verwaltungssicht neue Notrufsäulen an geeigneten Punkten im Stadtgebiet möglich seien.
Es ging also ziemlich konkret zu im Verlauf dieser spannenden Debatte im Bert-Brecht-Haus. Und erfreulicherweise wurde auch von den Experten stets Klartext geredet. Die Deliktzahlen seien in allen Bereichen rückläufig, erklärte Georg Bartel, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr der Polizei Oberhausen; die Sicherheitslage in Oberhausen sei aus seiner Sicht also grundsätzlich positiv. „Trotzdem kann ich Ihnen nicht versprechen, dass Sie nicht irgendwann Opfer einer Straftat werden.“
Christa Müthing, Vorsitzende des Polizeibeirats Oberhausen, wies auf einen wichtigen Aspekt des Themas hin. Mit zunehmendem Alter mache man sich mehr Gedanken um die eigene Sicherheit, sagte sie. Sie stamme aus dem Kölner Süden, sei in jungen Jahren die gesamte Strecke von Köln-Stadtmitte zur Südstadt auch abends am Rheinufer entlang gelaufen. „Ob ich das heute noch so machen würde, weiß ich nicht.“
Amtsgericht-DIrektor Christian Happe erinnerte sich an seine frühere berufliche Station in Duisburg, mit Zuständigkeit fürs ungesetzliche Geschehen in Hamborn, Marxloh und Neumühlen: „Im Vergleich dazu befinden wir uns hier in Oberhausen auf einer Insel, auf der es sich ganz gut leben lässt“, meinte der Jurist mit Blick auf die Kriminalitäts- und Sicherheitslage in der Stadt.
„Die Polizei muss mehr gegen die Drogendealer tun“
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Doch den Leserinnen und Leser, die ins Bert-Brecht-Haus gekommen waren, ging es vor allem um die lokalen Defizite in Sachen Sicherheit. Immer wieder wurde das offene Drogendealen am Hauptbahnhof oder auch am Saporishja-Platz angesprochen, oder auch der Drogenhandel in den Stadtparks am Rande des Rathausviertels. „Das hat sich eindeutig verschlimmert. Dagegen muss die Polizei mehr tun“, rief ein Anwohner in den Saal. Die Polizei würde vor Ort in den Parks teils sogar ausgelacht, weil Verdächtige ihre Drogen schnell wegwerfen würden, wenn die Beamten auftauchten – die illegale Handelsware werde schon kurz darauf einfach wieder aus dem Gebüsch geholt und das Dealen im Park laufe weiter wie zuvor .
Flexible Beleuchtung am Willy-Brandt-Platz
Michael Jehn verblüffte im Zuge des Stadtgesprächs im Bert-Brecht-Haus mit folgender Auskunft:
Die neue Beleuchtung auf dem Willy-Brandt-Platz lässt sich von Sicherheitskräften per Mobilgerät von 30 Prozent auf eine Leuchtstärke von 100 Prozent hochfahren, wenn es die akute Sicherheitslage vor Ort notwendig macht. Jehn wertete das als einen Schritt zu mehr Sicherheit am Hauptbahnhof.
Georg Bartel wies darauf hin, dass sich die Polizei fortlaufend um eine passgenaue Einsatztaktik bemühe, um solche Täter auf frischer Tat beweiskräftig ertappen zu können. Michael Jehn erläuterte die jüngste Ordnungsoffensive und das Konzept der gemeinsamen Streifen von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD). Auf diesem erfolgreichen Weg wolle man weiter voranschreiten, um Oberhausen Schritt für Schritt sicherer zu machen.
Kritik an Wirkung der Sozialen Netzwerke
Vom Lokalen zum Globalen – diesen Schritt unternahm die detailreiche Debatte ebenfalls, denn diskutiert wurde auch über die Rolle der Sozialen Netzwerke im Internet. Negative Nachrichten würden darin stärker wahrgenommen als früher, würden zudem skandalisierend kommentiert und immer wieder auf verschiedenen Kanälen von Neuem gepostet. Auch das sorge für ein schlechteres persönliches Sicherheitsempfinden vieler Menschen, unterstrichen sowohl Experten als auch Teilnehmer aus dem Publikum. Amtsgericht-Direktor Christian Happe appellierte, bei all dem einen kühlen Kopf zu bewahren. Härte Strafen seien kein Allheilmittel, und Bewährungsstrafen seien mit Bedacht als gesetzliche Möglichkeit vorgesehen.
Von den negativen Auswirkungen des Rotlichtviertels auf die Wohn- und Geschäftssituation an der Grenzstraße bis zur kommenenden Ordnungsoffensive in Schmachtendorf – alles in allem erlebte das Bert-Brecht-Haus ein erfreulich sachgerechtes Stadtgespräch in aufgewühlten gesellschaftlichen Zeiten; die Verteilung der roten Kugeln in den Glasbehältern spiegelte dabei ziemlich exakt die Stimmungslage im Saal.