Oberhausen. Wie befüllt man ein Weinglas? Welches Messer nutzt man für welchen Gang? Dank eines Kurses der Malteser wissen Oberhausener Schüler nun bescheid.
Eine Lehrstelle haben sie zwar noch nicht, aber für den Empfang mit anschließendem Menü im feinen Restaurant, zu dem der künftige Betrieb sie vielleicht einmal einladen wird, sollen sie jetzt das Rüstzeug erwerben. Tischmanieren stehen auf dem Programm. Kaesper (15), Amjad (18), Mustafa (15) und einige weitere Mitschüler haben bereits drei Einheiten des Kurses „Dein perfekter Auftritt“ absolviert. Beim vierten und vorletzten Teil des Benimm-Unterrichts, den die Malteser anbieten, dürfen wir Mäuschen spielen. „Tatort“: ein Klassenraum der Gesamtschule Weierheide.
Flugs werden Tische zusammengestellt, um die Festtafel zu symbolisieren. Knigge-Trainer Jürgen Lackhoff begrüßt die Jugendlichen und öffnet seinen Koffer, in dem sich das Lehrmaterial befindet, das im Fach „Tischsitten“ zum Einsatz kommt; zunächst einmal Teller, Besteck, Gläser und Servietten. „Auch viele Erwachsene werden unsicher, wenn sich auf einem gedeckten Tisch mehrere Gabeln befinden“, sagt er.
Das Glas soll sauber bleiben
„Wie wird eingedeckt?“, fragt er die Schüler. Sie wissen es: „Die Gabel links, das Messer rechts.“ Da schließt sich die Frage an, was man mit der riesigen Stoff-Serviette anfängt. Sehr richtig, sie kommt auf den Schoß. Und wozu dient sie? „Für den Fall, dass man kleckert?“ Vor allem gehe es darum, dass der Rand des Glases sauber bleibe. „Man putzt sich die Lippen ab, bevor man etwas trinkt“, erläutert der Trainer. „Das Kleckern kann man fast ganz vermeiden, wenn man die richtige Haltung einnimmt“, erklärt er und zaubert aus dem Koffer – die Leute staunen nicht schlecht – eine Stoffkatze und eine Stoffmaus hervor.
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„Die Katze auf den Schoß, die Maus in den Rücken“, lautet die Anweisung. Jeder darf es mal ausprobieren. Und siehe da: Die perfekte aufrechte Tischhaltung entsteht. „Ist aber ungemütlich“, bemerkt jemand. „Später, wenn man sich miteinander unterhält, darf man sich ruhig wieder etwas bequemer hinsetzen“, beruhigt der Trainer. Der Rücken dürfe dann ruhig wieder die Stuhllehne berühren. Doch Ellbogen auf dem Tisch bleiben streng verboten.
„Guten Appetit“ sagt man nicht mehr
Nun wird ein kleiner runder Kuchen auf jeden Teller gelegt. „Das Steak, das ihr nun verspeisen dürft“, sagt Lackhoff. „Mit Messer und Gabel natürlich, das ist die Herausforderung.“ Die perfekte Griffhaltung hat er zuvor demonstriert und erklärt. Und nun das: „Guten Appetit sagt man nicht mehr im Restaurant!“
Nach dem Imbiss nimmt der Kurs die Gläser ins Visier. „Welches Glas ist wofür?“ „Das größte ist für Rotwein, das weiß ich“, sagt ein Schüler. „Stimmt“, sagt der Trainer, „aber warum?“ „Weil der billiger ist?“ „Nein, es liegt daran, dass Rotwein mehr Oberfläche braucht, um sein Aroma zu entfalten.“ Und: Eingeschenkt wird immer nur ein bisschen, nicht einmal halbvoll darf das Glas sein.
Weiter lernen die Schüler, dass das Wasserglas, das dritte im Gläser-Trio, immer vor den Weingläsern steht. Auch wenn sie noch nicht alle alt genug sind, um Wein zu trinken, dürfen sie nun trotzdem einmal ausprobieren, wie ein Weinglas vornehm – selbstverständlich am Stil – gehalten wird und lernen, dass man dem rechten und linken Nachbarn das Wasserglas füllt, bevor man sich selbst bedient.
Zwei verschiedene Suppenlöffel
Und das Sektglas? Gehört nicht zum feinen Tafelgedeck, da der Sekt vor dem Essen gereicht wird, während die Gäste noch stehen.
Zertifikat für Bewerbungsmappe
Die Kurse, die die Malteser seit 2011 anbieten, umfassen allgemeine Regeln fürs gute Benehmen, beschäftigen sich mit dem äußeren Erscheinungsbild und vermitteln Umgangsformen, beispielsweise wie man sich begrüßt und miteinander redet. Ferner üben die Teilnehmer das Vorstellungsgespräch. Nach dem Training der Tischmanieren erfolgt der Praxistest in einem guten Lokal, für die Sterkrader Gesamtschüler im Restaurant Posthorn.
Die Trainer des Programms „Dein perfekter Auftritt“ arbeiten ehrenamtlich, für die Schüler ist die Teilnahme freiwillig und kostenlos. Sie erhalten ein Zertifikat für ihre Bewerbungsmappe, das ihnen die erfolgreiche Teilnahme bescheinigt.
Erst jetzt geht’s ans Speisen. Warum der Kellner immer von rechts bedient, wie man ihm signalisiert, dass er abräumen kann, dass der kleinste Teller für die kleine Vorspeise ist, dass es für Suppentassen und Suppenteller unterschiedlich große Löffel gibt, dass kleinere Messer für einen Zwischengang vorgesehen sind und dass es spezielle Fischmesser gibt und sogar spezielle Teller für Schneckenliebhaber. „Haben Sie die etwa schon mal gegessen?“, fragt ein Schüler ziemlich empört. Ja, der Trainer hat Schnecken probiert. Und es gebe sogar Leute, die Austern mögen. Lackhoff zeigt den Schülern ein Gerät mit dem man ihre Schalen öffnet und Handschuhe, die man dazu anzieht, um sich nicht zu verletzen.
Zum Abschluss stellt er noch die Hauptfrage: „Liegt das Handy links oder rechts auf dem Tisch?“ Und er beantwortet sie auch gleich selbst. „Es bleibt in der Tasche, ausgeschaltet oder zumindest auf lautlos gestellt.“