Obermarxloh. Bei einem Benimmkurs lernen Duisburger Schüler alles von einem guten Händedruck bis zum passenden Outfit. Alle haben Migrationshintergrund.
Als Anne und Eberhard Santner, bepackt mit zwei Taschen voller Arbeitsmaterialien, an der Sekundarschule Hamborn ankamen, hielt ihnen ein Schüler die Tür auf und bot seine Hilfe an. Ein guter erster Eindruck – und auf den kommt es ja bekanntlich an, wie die Santners den Schülern ihres Benimm-Trainings vermitteln wollen: „In den ersten sieben Sekunden wirst Du gescannt.“
Seit 2011 engagieren sich die Malteser an Schulen in der Diözese Essen mit dem Projekt „Dein perfekter Auftritt“. Denn Sozialkompetenz und gutes Benehmen sind entscheidend, auch in einem Vorstellungsgespräch. Zur Zeit läuft das Projekt an der Sekundarschule Hamborn an der August-Thyssen-Straße. Dort nehmen Jugendliche der neunten Klassen freiwillig, in der unterrichtsfreien Zeit, am Benimm-Training teil.
Eltern kommen meist aus anderen Kulturkreisen
Freiwillig, sprich ehrenamtlich, sind auch Anne und Eberhard Santner dabei. Das Ehepaar hat früher in Personalabteilungen großer Unternehmen gearbeitet. „Wir wollen das, was wir erfahren haben, an junge Menschen weitergeben“, sagt die Essenerin. Das bezieht sich nicht nur auf die berufliche Erfahrung, sondern auch auf den täglichen Umgang miteinander. Respekt, Höflichkeit und Rücksichtnahme sind dabei zentrale Aspekte. Die Grundlage bilden immer noch die Spielregeln, die Freiherr von Knigge, Jahrgang 1552, aufgestellt hat.
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Es fängt schon mit der Begrüßung an: die Hand reichen, nicht zu fest und nicht zu lasch, dabei sein Gegenüber anschauen. Und seinen Namen nennen, und zwar so, dass der andere ihn verstehen kann. Anne Santner übt das Prozedere mit jedem der elf Schüler.
Warum haben sich die Jugendlichen zum Kurs angemeldet? „Damit ich weiß, wie man sich richtig benimmt“, sagt Jaemy. „Weil es für ein Vorstellungsgespräch wichtig ist“, meint Selin. „Weil ich das Drei-Gänge-Menü gut fand“, antwortet ein anderer und erntet mit seiner pragmatischen Einstellung Lacher seiner Mitschüler.
Schauspielerin Maria Wolf vermittelt nonverbale Kommunikation
Am Schluss des Benimmtrainings steht nämlich ein Essen in einem gutbürgerlichen Restaurant. Dabei geht es natürlich auch um korrektes Benehmen – Bestecksprache, also Benutzung von Tischbesteck und Gläsern, aber auch die Unterhaltung mit den Tischnachbarn, ganz persönlich, nicht übers Handy. Vielleicht erscheint ja ein männlicher Teilnehmer sogar mit Krawatte zum Essen. Eberhard Santner hat den Jungs jedenfalls zuvor gezeigt, wie man eine Krawatte bindet.
Die Schüler der Hamborner Sekundarschule, die am Benimmkurs teilnehmen, haben einen Migrationshintergrund. Ihre Eltern kommen aus einem anderen Kulturkreis, in dem mitunter andere Verhaltensregeln gelten. Zwar sagt eine Teilnehmerin, die ihre Haare unter einem Kopftuch trägt: „Ich kenne das eigentlich alles schon.“ Aber der Kurs gibt ihr noch einmal Sicherheit, bestätigt, dass sie tatsächlich das Einmaleins des guten Benehmens beherrscht.
Was ziehe ich wann an ist natürlich auch ein Thema für junge Menschen, die bald in ein Vorstellungsgespräch gehen oder sich zum ersten Mal bei den Eltern ihrer Freundin vorstellen – auch wenn das natürlich nicht mehr so formell abläuft wie in Zeiten, als sich die Santners kennengelernt haben. Sie sind immerhin schon 36 Jahre verheiratet.
Die Bedeutung nonverbaler Kommunikation vermittelt die Schauspielerin Maria Wolf. Sie sensibilisiert die Schüler dafür, welche Signale jemand mit verschränkten Armen auf sein Gegenüber ausstrahlt. Oder jemand, der den Gesprächspartner nicht anschaut. Am Ende des Trainings erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat für ihre Bewerbungsunterlagen, und sie sind wahrscheinlich aufmerksamer im Umgang miteinander.
Ansprechpartner für Schulen, die sich für ein solches Training interessieren, ist Marion Wiemann von den Maltesern. Ihre E-Mail-Adresse lautet: marion.wiemann@malteser.org.