Oberhausen. Die Chance ist laut Stadt da: Für das Rotlichtviertel ist ein alternativer Standort denkbar. Bordell-Betreiber signalisieren Bereitschaft.

Lange war es still um die Pläne, das Oberhausener Rotlichtviertel aus der Innenstadt zu verbannen, jetzt nimmt das Vorhaben wieder Fahrt auf. Die Verwaltung hat einen ersten, beispielhaften alternativen Standort ausgemacht: das derzeit brach liegende Gelände des Gleisdreieckes an der Duisburger Straße – zwischen Hansastraße und Max-Planck-Ring. Von der Politik wünscht sich die Verwaltung nun den Auftrag, weitere Standorte zu suchen, um die Verlagerung der Bordelle an der Flaßhofstraße voranzutreiben.

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Die Stadt verfolge mit den Plänen zwei große Ziele, erklärt Strategiedezernent Ralf Güldenzopf. Das Quartier rund um die Flaßhofstraße soll durch die Verlagerung deutlich aufgewertet werden: Mittelfristig soll, wenn alles klappt, das Rotlichtviertel weichen und Platz für neue Bau-Projekte machen. Zum anderen solle sich durch eine Verlagerung der Sex-Betriebe aber auch die Situation der dort arbeitenden Frauen der insgesamt 16 Bordelle verbessern.

Hilfe für die Prostituierten

Aber wie? Wird der Bordell-Bezirk komplett neu aufgebaut, soll von Anfang an eine Infrastruktur geschaffen werden, die die Versorgung der Frauen sicherstellt. Soziale und gesundheitliche Hilfsangebote sollen die Prostituierten besser erreichen. Eine permanente Sozial- und Gesundheitsarbeit müsse am neuen Standort gewährleistet sein, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Dafür sollen eigene Räumlichkeiten vor Ort geschaffen werden – für Sozialarbeiter und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes. Eine regelmäßige Präsenz von Polizei und Ordnungsamt soll die Sicherheit der Frauen gewährleisten.

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Seit Jahren fühlen sich benachbarte Anwohner des jetzigen Rotlichtviertels gestört – von zunehmendem Autoverkehr, lautstarken Streitereien und immer rücksichtsloseren Freiern. Immer wieder kommt es auch zu kriminellen Handlungen im Umfeld der Bordellbetriebe. Bei der vergangenen Kommunalwahl hatte der jetzige Oberbürgermeister und damalige Kandidat Daniel Schranz (CDU) die Situation der Anwohner zum Wahlkampfthema gemacht – und eine Verlagerung des Rotlichtviertels in Aussicht gestellt. Entdeckt er das Thema jetzt wieder neu – mit Blick auf die Kommunalwahl im nächsten Jahr? Keineswegs, sagt sein Sprecher Hannes Fritsche. Bemühungen habe es in den vergangenen Jahren kontinuierlich gegeben – aber im Hintergrund. Zwei große Gesprächsrunden mit den Bordellbetreibern und Immobilien-Eigentümern habe es beispielsweise gegeben, daneben rechtliche Prüfungen.

Erschließung würde bis zu 14 Millionen Euro kosten

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Nun sei man so weit, die Ideen öffentlich zu machen. Es gebe eine realistische Chance, den Bordell-Bezirk mittelfristig zu verlegen. Denn auch die Bordellbetreiber hätten signalisiert, den Plänen nicht im Weg stehen zu wollen. Lange Zeit hatten sie sich zunächst gegen eine Verlagerung gewehrt. „Damit ist eine sehr wichtige Hürde genommen“, sagt Strategie-Dezernent Ralf Güldenzopf. Vor der Stadt läge aber immer noch ein „herausfordernder Prozess“ – und womögliche harte Verhandlungen um die Finanzierung.

Wie es nun weiter geht

Die Vorlage mit den Überlegungen der Verwaltung geht nun durch die politischen Gremien und Fachausschüsse. Als erstes werden die Mitglieder des Umweltausschusses darüber in der Sitzung am 27. November diskutieren. Eine Entscheidung trifft am Ende der Rat der Stadt.

Gibt die Politik ihr Okay, heißt das nicht, dass der Rotlichtbezirk ans Gleisdreieck verlagert wird. Mit einem Beschluss beauftragt der Rat die Verwaltung, weitere mögliche Standorte zu suchen. Das Gleisdreieck ist eine Alternative, anhand derer die Verwaltung exemplarisch aufzeigt, welche Kriterien ein Standort erfüllen muss.

So dürfen etwa Wohngebiete, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie öffentliche Einrichtungen nicht in unmittelbarer Nähe liegen. Das Grundstück muss ausreichend groß und durch den Nah- sowie Individualverkehr erreichbar sein.

Exemplarisch am möglichen Standort Gleisdreieck hat die Stadt in ihrer Vorlage die zu erwartenden Erschließungskosten für das rund 12.000 Quadratmeter große Gelände, das sich derzeit noch im Besitz der Bahn befindet, ermittelt – also die Kosten für Brücken, Straße, Rampen und Parkplätze. Je nach Ausfertigung kommen Summen zwischen 10 und 14 Millionen zusammen. Wer diese Zeche am Ende zahlen muss, ist derzeit noch unklar. Wenn die Pläne konkret werden, wird die Stadt in Verhandlung gehen – vor allem mit den Bordellbetreibern.

Für die neue Bebauung an der Flaßhofstraße könne man aber mit Sicherheit verschiedene Fördertöpfe anzapfen, meint Güldenzopf. Um den Ruf des Quartiers aufzubessern, müsse etwas komplett Neues entstehen. Sonst sei zu befürchten, dass mit den alten Strukturen auch das Schmuddel-Image am Viertel kleben bleibe.