Oberhausen. Der Chef der Notfallmedizin am KKO setzt auf eine engere Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten. Vorbild: die Notfallversorgung am EKO.

Die Notfallversorgung am Evangelischen Krankenhaus läuft rund. Die Zusammenarbeit mit den Notfallpraxen der Kassenärztlichen Vereinigung Oberhausen (KV) hat Vorbildcharakter. Das sieht auch Michael Reindl so. Der Chefarzt der Klinik für Akut- und Notfallmedizin an den Katholischen Kliniken (KKO) will ein ähnliches Konzept jetzt für das Katholische Klinikum Oberhausen am St.-Clemens-Hospital in Sterkrade verankern.

Daran ändert auch die KKO-Übernahme durch das private Gesundheitsunternehmen Ameos (Schweiz) nichts. „Das wäre für den Norden unserer Stadt ein deutlicher Schritt nach vorne“, ist sich Reindl sicher. Die Räume dazu wären da. Die ersten niedergelassenen Kollegen aus dem Sterkrader Raum hätten Interesse signalisiert. Sogar die Neubaupläne für eine deutliche Erweiterung der Notaufnahme lägen bereits in der Schublade. Allein die KKO-Insolvenz bremse die Umsetzung derzeit noch aus.

Aber Reindl, der vor knapp einem Jahr ans Clemens-Hospital kam, um die Notfallversorgung des Katholischen Klinikums zu modernisieren, sieht sein Haus dennoch auf einem guten Weg. „Am Clemens-Hospital ist die einzige Klinik für Akut- und Notfallmedizin in Oberhausen angegliedert.“ Die Kompetenz sei also da – und werde laufend verbessert. Selbst unter der Insolvenz-Verwaltung sei in Mitarbeiterschulungen dieses Fachbereichs investiert worden.

Bei „Rot“ wird der Patient sofort behandelt

Alle rund 20 Pflegefachkräfte seien jetzt außerdem im so genannten Manchester Triage System (MTS) geschult worden. „Bei MTS handelt es sich um ein Verfahren, das eine sichere Ersteinschätzung aller Notfall-Patienten ermöglicht und damit die Behandlung deutlich verbessert“, führt Reindl aus.

Über Diagramme würden Leitsymptome abgeklopft. Schock, ausreichende Atmung, unstillbare Blutung – folgt auf solche Fragen ein „Ja“, wird der Patient sofort behandelt. Die Kategorien reichen von „Rot“ bis „Blau“ für „nicht dringend“. „Damit verhindern wir, dass ein 20-Jähriger, der sich beim Fußballspiel verletzt hat und laut schreiend in der Ambulanz sitzt, eher dran kommt, als eine 80-jährige, die über ein wenig Schwindel klagt, hinter dem sich aber ein Schlaganfall verbirgt.“

Auch Helios lässt Mitarbeiter schulen

Auch in der Helios St.-Elisabeth-Klinik Oberhausen wird das Manchester Triage System eingeführt. Dafür finden Mitarbeiter-Schulungen statt. Die digitale Infrastruktur des Krankenhaus-Informationssystems wird entsprechend angepasst.

Helios steht ebenfalls bei Notfällen mit Kindern für die medizinische Erstversorgung bereit. Zur weiteren Versorgung werden die kleinen Patienten an ein nahe liegendes pädiatrisches Notfallzentrum weitergeleitet bzw. -verlegt. 2018 hatte die Zentrale Notfallambulanz der Helios St.-Elisabeth-Klinik Oberhausen rund 17.500 Patientenkontakte.

Bis zu 120 Minuten Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt müssten Patienten der Kategorie „Blau“ in Kauf nehmen. „Das bedeutet aber nicht, dass hier auch nur ein Patient mit Schmerzen herumsitzen muss“, betont der Chefarzt. Ein EKG anlegen, Blutuntersuchungen, Schmerzmittel verabreichen – all das würden die Pflegekräfte wie bisher schnellstmöglich erledigen. „Für 80 Prozent unserer Fälle haben wir bereits einen sehr guten Ablauf erreichen können“, sagt Reindl. Die übrigen 20 Prozent müssten länger warten. „Daran werden wir auch mit MTS leider nichts ändern können.“

Kinder haben einen Sonderbonus

Kinder hätten allerdings einen Sonderbonus. „7500 ambulante Fälle hatten wir im letzten Jahr, unsere Kinderklinik ist wirklich sehr bemüht, dass unsere kleinen Patienten schnell behandelt werden.“

Genau darauf legt auch das Evangelische Krankenhaus Oberhausen (EKO) viel Wert – und kann in diesem Bereich sogar trumpfen: „Wir haben ja nicht nur die KV-Notfallpraxis für Kinder in unseren Räumen, sondern halten darüber hinaus auch als einziges Krankenhaus in der Stadt eine eigene Kindernotaufnahme vor“, betont Mathias Friebe, leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme des EKO.

hier gibt es mehr artikel, bilder und videos aus oberhausenAm EKO würde übrigens bereits seit einem Jahr in der Zentralen Notaufnahme für Erwachsene mit dem Manchester Triage System gearbeitet. Rund 100.000 Euro habe der Umbau der Notaufnahme gekostet. Auch dort seien die rund 20 Pflegefachkräfte entsprechend geschult worden. Dazu kommt: „Die 22 Pflegefachkräfte der Kindernotaufnahme haben diese Schulungen soeben ebenfalls erfolgreich durchlaufen.“

Rettungswagen aus den Nachbarstädten gehören zum Alltag

Dr. Mathias Friebe, Leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme für Erwachsene im EKO, sieht den Erweiterungsplänen der KKO-Notfallklinik gelassen entgegen.
Dr. Mathias Friebe, Leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme für Erwachsene im EKO, sieht den Erweiterungsplänen der KKO-Notfallklinik gelassen entgegen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Die KKO-Pläne, nun auch am St.-Clemens-Hospital eine KV-Notfallpraxis anzugliedern, sieht Friebe gelassen. „Allwöchentlich erreichen uns nicht nur unzählige Rettungswagen aus Oberhausen, sondern auch aus Essen, Bottrop, Mülheim – der Bedarf ist da.“ Das belegten auch die jeweils bis zu 100 Patienten, die sowohl im KKO als auch im EKO inzwischen täglich die Notfall-Ambulanzen aufsuchten.

Auch in diesem Punkt sind sich Friebe und Reindl einig: Es mache wenig Sinn, Patienten, die keine echten Notfälle sind, Vorwürfe zu machen, dass sie die Ambulanzen aufsuchen. Friebe: „Woher soll ein Laie, der Schmerzen in der Brust hat, wissen, dass er einen Bandscheibenvorfall hat und keinen Herzinfarkt?“ Die angegliederten KV-Praxen böten eine gute Möglichkeit, gerade diese Patientenströme sinnvoll zu lenken.