Oberhausen. Ein neues Industrieprogramm des Sultanats Oman sorgt für Unruhe in der Oberhausener Oxea-Belegschaft. Der Standortleiter beruhigt die Gemüter.
Die dem Sultanat Oman gehörende Oberhausener Chemiefabrik Oxea auf dem Ruhrchemie-Areal in Holten wird von den Ölscheichs in diesen Monaten gehörig umgekrempelt.
Oxea soll Teil eines neuen Staatskonzerns von Oman werden, in dem insgesamt zehn Unternehmen mit 6500 Beschäftigten aufgehen werden. Die Regierung in Oman drückt aufs Tempo: Bereits Ende des Jahres soll der Konzern stehen – das Projekt läuft unter dem Begriff „Nakhla“, der Name einer Dattelpalme.
Was das für Oxea und vor allem für jeden Beschäftigten konkret bedeutet, ist noch längst nicht in allen wichtigen Fragen klar. Deshalb herrschen in der Belegschaft nach Darstellung mehrerer Quellen Unruhe und Sorgen. Selbst der seit 2007 existierende Name Oxea, entstanden nach der Fusion zweier Geschäftsfelder von Celanese (früher Hoechst) und Evonik (früher RAG), könnte verschwinden – zugunsten eines neuen Markennamens für den Staatskonzern, der der monarchistischen Regierung von Oman unter dem seit 1970 herrschenden Sultan Qabus ibn Said direkt unterstehen wird.
Mails nur auf Englisch und Arabisch
Trotz vieler Mails aus dem Sultanat an die weltweiten Beschäftigten über die Fortschritte des „Nakhla“-Projekts – allerdings oft nur in englischer oder arabischer Sprache – herrscht Unklarheit: Müssen sich beispielsweise die weltweit über 1400 Oxea-Mitarbeiter, davon 110 in der Zentrale Monheim und 940 im Oberhausener Werk beim Übergang auf die neue Konzerngesellschaft neu auf die Jobs dort bewerben? Werden einige der neuen Konzern-Arbeitsplätze nur noch im Raum Oman ausgeschrieben? Sind deutsche Besitzstände, wie die Pensionskasse oder Sozialstandards, in Gefahr?
Oman gab zweistellige Millionensumme für Investitionen in Oberhausen frei
Während sich der Oxea-Betriebsrat und die Gewerkschaft IGBCE in dieser Phase der internen Diskussion lieber nicht gegenüber der Redaktion äußern wollen, stellt sich der Oberhausener Standortleiter Horst Hanke, zugleich Operationschef für Europa und China, dem Gespräch. „Der Eigentümer von Oxea glaubt fest an den Standort Oberhausen. Das zeigt die Freigabe von Investitionen in Höhe einer zweistelligen Millionensumme für eine vierte Carbonsäureanlage und für die Produktion von TCD Alkohol. Das ist ein starker Vertrauensbeweis. Die Omanis schätzen das Wissen, die Leistungskraft und die Ergebnisse von Oxea sehr“, beruhigt Hanke.
Bei der Konzernbildung gehe es dem Sultanat gerade nicht darum, Arbeitsplätze abzubauen, sondern um Synergien für einen starken Wachstumskurs in der Wertschöpfungskette rund um Öl und Gas zu heben. „Kein Arbeitsplatz ist hier gefährdet.“ Es sei zwar vieles noch im Fluss, aber praktisch auszuschließen sei, dass sich Produktionsmitarbeiter in Oberhausen auf neue Stellen bewerben müssen. „Das macht keinen Sinn, die Arbeit muss ja hier vor Ort von den erfahrenen Kräften erledigt werden.“ Anders sei dies allerdings bei Leitenden Angestellten der Verwaltungsbereiche. „Hier kann man eine gewisse Flexibilität erwarten, da kann es in Einzelfällen auch sein, dass der bisherige Arbeitsplatz künftig im Oman ist.“
Bedauerlich und schmerzhaft
Nach internen Dokumenten von Oxea, die der Redaktion vorliegen, fühlen sich die Betriebsräte der deutschen Standorte Monheim (Zentrale), Oberhausen und Marl über den Nakhla-Konzernbildungsprozess seit Wochen nur unzureichend informiert.
Dass sich überhaupt langjährige Oxea-Beschäftigte, zunächst einmal des Bereichs Finanzen, auf neu ausgeschriebene Stellen des neuen Konzerns bewerben müssen, findet der Betriebsrat unmöglich. „Es ist bedauerlich und schmerzhaft zugleich, dass sich gut ausgebildete, fleißige, loyale und erfahrene Kolleginnen und Kollegen der Oxea dieser Prozedur unterziehen sollen“, heißt es in einem Schreiben.
Hintergrund der Konzernbildung ist der langfristige Plan des Sultanats, unabhängiger von der reinen Ölförderung zu werden. Milliarden-Investitionen sind vom Oman im Lande geplant – für Petrochemie- und Raffinerie-Anlagen; in der Mitte des südlich von Saudi-Arabien gelegenen Sultanats soll sogar eine neue Stadt aus dem Wüstenboden für 250.000 Bewohner gestampft werden. Über viele Jahre kaufte man sich Unternehmen und deren Wissen ein, darunter Ende 2013 auch Oxea. Diese Firmen sollen nun schlagkräftiger in einer Konzernstruktur organisiert werden. Die Produktionsbereiche werden künftig von zentralen Einheiten Personal, Finanzen, Einkauf, Recht, Marketing, IT geführt.
Standortleiter: Oman beachtet das regionale Recht der Heimatländer
Nach den Erfahrungen von Hanke beachtet dabei der Oman strikt das regionale Recht der jeweiligen Gesellschaften. Mitbestimmung und Besitzstände wie Pensionskassen von Oxea in Deutschland sieht der Standortleiter deshalb nicht in Gefahr. „Die Sorgen der Beschäftigten sind vor allem aufgekommen, weil der Prozess so schnell voranschreitet.“ Viele Aufgaben der zentralen Konzerneinheiten würden aber auch künftig regional anfallen und könnten nicht vom Oman aus erledigt werden.
Und auch eine weitere Befürchtung teilt Hanke nicht – dass Oxea einmal überflüssig werden könnte, wenn im Oman entsprechende Chemiefabriken aufgebaut worden sind. „Oxea wird auch dann mit seinen Standorten gebraucht“ – dank der hohen Effizienz, des Know-hows für Spezialchemie und der lokalen Verankerung in den Märkten.