Oberhausen. Vor einem Jahr hat eine Investorengruppe das Babcock-Fertigungszentrum übernommen – die Auftragsbücher füllten sich. Doch plötzlich fehlt Geld.
Schock zur Mittagszeit für 85 Beschäftigte der relativ neuen Gesellschaft „Babcock Production Solutions AG“ an der Duisburger Straße: Beim Amtsgericht Duisburg wurde überraschend ein Insolvenzantrag gestellt, obwohl die Auftragsbücher nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall mit 80 Prozent gut gefüllt sind. Jetzt sind deren Arbeitsplätze schon wieder in Gefahr – einige erleben bereits das dritte Insolvenzverfahren bei Babcock. Sie wurden darüber am Montagmittag in einer eilig einberufenen Belegschaftsversammlung informiert.
Konstruktionen bis zu 50 Tonnen pro Stück bei Babcock
In drei Werkshallen mitten im neu getauften „Quartier 231“, dem ehemaligen Babcock-Gelände in Lirich, erstellen die erfahrenen Oberhausener Maschinen- und Apparatebauer im Auftrag der Industrie Konstruktionen von bis zu 50 Tonnen – ob Dampfkessel oder Kohlemühle. „Es scheint offenbar am nötigen Betriebskapital zu fehlen, um die Aufträge abzuarbeiten“, analysiert IG-Metall-Betriebsbetreuer Kai Lamparter. „Was letztlich die Liquiditätskrise ausgelöst hat, muss in den nächsten Wochen geklärt werden.“ Die Nachricht habe auch ihn überrascht, da das Unternehmen auf einem guten Weg schien.
Damit geht die Berg- und Talfahrt beim Nachlass der 2002 Pleite gegangenen alten Babcock Borsig AG weiter. Im Juni 2018 hatte die Firma Babcock Fertigungszentrum GmbH an der Duisburger Straße mit zuvor 140 Mitarbeitern Insolvenz angemeldet. Dafür hat Insolvenzverwalter Andreas Röpke eine deutsch-vietnamesische Investorengruppe gefunden, die das Unternehmen Ende des Jahres 2018 in „Babcock Productions Solutions AG“ unbenannte.
Sie übernahm den Geschäftsbetrieb mit 85 Arbeitnehmern – Hauptaktionäre sind die Hamburger Unternehmer Hung Bui und Vuong Nguyen, Gründungsaktionär der vietnamesischen Kraftwerksdienstleister AMECC Mechanical. „Unser Ziel ist, mit der herausragenden Expertise der Mitarbeiter am Standort Oberhausen, unseren Kunden durch Qualitätskomponenten made in Germany einen Mehrwert bieten zu können“, ließ sich Hung Bui noch im November 2018 zitieren.
Standortsicherungsvertrag abgeschlossen
Die IG Metall hat es nach eigenen Angaben in monatelangen Verhandlungen geschafft, einen Standortsicherungstarifvertrag abzuschließen. Dabei haben die Babcock-Beschäftigten tiefen Lohneinschnitten zugestimmt, damit sich die Firma wirtschaftlich stabilisieren kann: Verzicht auf Urlaubs-/Weihnachtsgeld, Verzicht auf einen Teil der Tariflohnerhöhung, längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich.
„Betriebsräte und Belegschaft sind deshalb nun enttäuscht und verärgert“, sagt Lamparter. Die IG Metall sei von der Geschäftsleitung nicht über den Insolvenzantrag informiert worden. Schon zuvor habe es der Vorstand in den Verhandlungen nicht geschafft, einen Business-Plan vorzulegen. Die Personalplanung sei mies gewesen: Erst habe es Kurzarbeit gegeben, dann wegen der hohen Auftragslage Überstunden auch an Wochenenden und Feiertagen.
Zukunft der Babcock-Fertigung möglich
Die IG Metall glaubt dennoch an eine Zukunft der Babcock-Fertigung an der Duisburger Straße. „Wir brauchen jetzt einen guten Insolvenzverwalter und neue Investoren“, sagt Kampeter. Von der Geschäftsleitung war am Montag niemand für die Redaktion zu sprechen.