Oberhausen. Die Gruppe Fux lässt in Oberhausen das Publikum über ihr Stück am Theater abstimmen. Die Wahl fällt auf eine Mischung aus Splatter und Musical.
Der erste Marathon ist eine Qual – wahrscheinlich lief der erste Läufer namens Pheidippides sogar 400 statt der heute üblichen 40 Kilometer und brach am Ende tot zusammen. Die Teilnehmer der ersten „Stadtversammlung“ im Theater Oberhausen duften zwar sitzen und leben alle noch, doch die Abstimmung zur Mai-Premiere der Gruppe „Fux“ mit Nele Stuhler und Falk Rößler geriet angesichts von drei Stunden Wahlzeit kräftezehrend lang.
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Bitte richtig verstehen: Dass 580 Vorschläge mit ja, nein, oder egal zu bewerten länger dauern kann, ist durchaus verständlich. Das Ergebnis der Abstimmung ist eine nie dagewesene Version zweier Titel, die irgendwie zusammenpassen. Müssen. „From Horror Till Oberhausen“ vereint den Splatter-Film von Tarantino „From Dusk Till Dawn“ und den Musical-Bombast der „Rocky Horror Picture Show“ – und mixt das Ergebnis mit dem Thema: „Was es noch nicht gibt.“ Puh, fragt sich da jeder, der nicht zugegen war: Wie ist das passiert und was stand sonst zur Wahl?
15 Sekunden fürs Stück, 30 Sekunden fürs Genre
So war’s: Elektronisch stampfende Beats eröffnen am Freitag die erste Versammlung. Das Publikum (rund 50 mündige Bürger) solle näher nach vorne kommen, bitten die Füxe zunächst alle Gäste. Denn nur damit wäre die Funkverbindung zum Quizmaster und Auswerter der Umfragen gegeben. Brav rücken die Besucher ein paar Reihen auf.
Nele Stuhler und Fux Nummer zwei Falk Rößler bemühen, nach einer kurzen Technik-Show, im Anschluss sofort die Daumen der Theatergäste. 15 Sekunden bleiben, um sich für oder gegen Shakespeare, Schiller oder Brecht zu entscheiden. So manch anderes vorgeschlagenes Stück ist kaum bekannt, macht nichts, denken sich viele: besser als gar nicht wählen.
Harry Potter bleibt auf der Strecke
„Harry Potter“ und seine unzähligen Teile bleiben bei der Abstimmung früh auf der Strecke, Disneys Mary Poppins ist dafür bis zum Ende vorn und muss sich am Ende nur dem Horror-Musical beugen. Während die Musik die zahllosen Wahlgänge ab und an auflockert und etwas Schwung in die müden Beine treibt, fallen reihenweise Themen aus der Wählergunst der Theaterliebhaber.
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Krieg und Leben und Tod wolle niemand auf der Bühne sehen, klärt Falk Rößler nach einer weiteren Abstimmung auf. „Das Nutellabrötchen hat’s leider auch nicht geschafft.“ Nur einer der Vorschläge, der die Wähler teilweise paralysiert, bevor der Finger „nein“ sagt. Soll ein Pferd auf die Bühne? Nein. Ein Rückblick auf die Entstehung des Deutschen Reichs vor 1900? Nein, vielen Dank.
Marathon hat gerade erst begonnen
Bürger entscheiden über Inszenierung
Die Gruppe Fux, bestehend aus Falk Rößler, Nele Stuhler und Stephan Dorn, hat sich 2011 während des Studiums der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen formiert. Die Gruppe sucht per eigener Definition nach neuen theatralen Formen und nutzt dafür bereits bestehende Bühnenformate, um sie durch den eigenen Filter zu schicken und zu etwas Eigenem umzuwandeln.
Wer den Füxen helfen will, herauszufinden wie Oberhausen sein „From Horror Till Oberhausen“ wirklich inszeniert haben will – der besucht am Freitag, 17. Januar die zweite Stadtversammlung im Theater Oberhausen am Will-Quadflieg-Platz. Der Eintritt ist kostenlos, die Preise für Speisen und Getränke vergünstigt. Am Freitag, 15. Mai 2020, folgt die Premiere auf der großen Bühne des Theaters.
Wer das Volk fragt, so wie die beiden Füxe je zwei Wochen im Juni, Juli und im September; und dabei Hunderte Vorschläge sammelt, bekommt eben das ganze Spektrum menschlicher Sehnsüchte zurück. Die Füxe haben bis zur Premiere von „From Horror Till Oberhausen“ im Mai trotzdem weiter vor, die Bürger Oberhausens an ihrer Inszenierung zu beteiligen.
Die zweite Runde im Januar soll dann das „Wie?“ aufdröseln. Kostüme wünscht sich eine Zuschauerin am Freitagabend übrigens für alle Besucher des Stücks. Rocky Horror sei schließlich sexy. Die Füxe auf der Bühne lachen. Mutig: Denn ihr Marathonlauf hat gerade erst begonnen.