Oberhausen. Wer am Freitag, 27. September, ins Theater kommt, kann abstimmen über die Inszenierung der Gruppe „Fux“. Auch über das „Wie“ entscheiden Bürger.

Nein, William Shakespeares 418 Jahre alte Komödie ist mit diesem „Was Ihr wollt“ nicht gemeint. Die Gruppe „Fux“ – mit Nele Stuhler und Falk Rößler – meint diesen Appell viel wörtlicher: Das Theater Oberhausen spielt im Mai ein Drama nach Wunsch. Ob die beiden „Füxe“ dann ein Werk des Barden aus Stratford am Avon inszenieren oder lieber „My Fair Lady“, umfrisiert zum Hip-Hop-Drama, oder ein ganz neues Werk zur 115-jährigen Vereinsgeschichte von Rot-Weiß-Oberhausen – das entscheidet sich in der „Stadtversammlung“ am Freitag, 27. September, um 19.30 Uhr im Theater am Will-Quadflieg-Platz.

Über 400 Oberhausener Vereine angeschrieben

Denn wie im Athen der Antike, schließlich die Wiege des Theaters, gilt nur die Stimme der Anwesenden. „Versammlungs-Demokratie“, nennt’s Falk Rößler. Allerdings hat das Fux-Duo bereits während jeweils zwei Wochen im Juni/Juli und im September hunderte Vorschläge gesammelt, um eine weit gespannte Palette an Vorschlägen in der „Stadtversammlung“ ausbreiten zu können. Erreichen wollten sie nicht nur Kulturinteressierte – vor der Arena und dem Metronom Theater – sondern auch jene, die in der Fußgängerzone von sich sagten: „Ich gehe nicht ins Theater.“ Dann stellten die Füxe die Frage: „Was müsste denn passieren, damit Sie ins Theater gehen?“ Von allgemeinen Antworten, wie „ich möchte für zwei Stunden den Alltag vergessen“, versuchten die „Was Ihr wollt“-Aktivisten stets zu konkreten Vorschlägen zu kommen.

Dann sind da noch die Stimmkarten aus den an etlichen Orten der Stadt – von Kneipen und Kinos bis zur Tafel – verteilten Urnen. „Und wir haben über 400 Oberhausener Vereine angeschrieben“, ergänzt Nele Stuhler. Die vielen Vorschläge wollen die Füxe, sortiert nach Genres oder Themen, der Versammlung im Großen Haus des Theaters zur Abstimmung stellen. Die Gruppe, die sich im März mit „Fux gewinnt“ bereits in Oberhausen vorgestellt hatte, versprechen einen möglicherweise langen, aber kurzweilig gestalteten Abend bei freiem Eintritt: Eine kleine „Technik-Show“ wird die Möglichkeiten des Theaters vorstellen; die Wunschkonzert-Band spielt – und die Abstimmungs-Technik können die Versammelten von ihren Plätzen aus bedienen.

„Wir versuchen, neutral zu sein“

„Demokratie braucht ihre Zeit“, sagt Dramaturgin Elena von Liebenstein, „aber wir gestalten es unterhaltsam, mit viel Entertainment“. Eine künstlerische Entscheidungsfindung per „Stadtversammlung“ hat’s laut Falk Rößler „in dieser Konsequenz“ an deutschen Bühnen noch nicht gegeben. Das Hamburger Thalia-Theater hatte vor einigen Jahren online über seinen Spielplan abstimmen lassen – mit eher traurigem Ergebnis, weil dieses virtuelle Votum allzu leicht zu manipulieren war. Auch darum setzt das Fux-Duo auf die antike Versammlungs-Demokratie.

Dass sie mit ihrem rhetorischen Geschick und als Gestalter der Versammlung reichlich Möglichkeiten haben, Einfluss zu nehmen, räumen beide ein. „Wir versuchen, neutral zu sein“, sagt Nele Stuhler. Die erste Versammlung in dieser Woche entscheidet also über das „Was?“. Doch die Füxe wollen die Oberhausener bis zur Premiere an ihrer Inszenierung beteiligen. Eine zweite Stadtversammlung im Januar stellt das „Wie?“ zur Debatte: Wie sollen Bühne und Kostüme aussehen, wie sind die Rollen zu besetzen? „Man muss kein Experte sein“, betont Falk Rößler. So will Fux den Bann brechen, Theater sei ein bildungsbürgerlicher „Raum der Hochkultur“. Die Einladung gilt: Entscheiden Sie mit!