Oberhausen. Eine wohnliche Ecke der Buchhandlung Blohm präsentiert das Sortiment des Oberhausener Traditionsverlages. Bald öffnet auch die „Literaturzeche“.
„Wir sind ja beide Oberhausener Urgesteine.“ Ulrich Blohm meint es als herzliche Einladung: Vor Jahresfrist hat sich der seit 30 Jahren selbstständige Buchhändler im neuen, großzügigen Ladenlokal an der Elsässer Straße 33 eingerichtet – und festgestellt: „Hier haben wir Platz.“ Eine äußerst wohnliche Ecke seines Platzes, links und rechts vom Biedermeier-Sofa, „möbliert“ nun der traditionsreiche Oberhausener Assoverlag: Hier gibt’s alles, was auch die zehn Seiten des gedruckten Herbstprogramms vorstellen: von den heiß geliebten „Blagen“ als Kalender und Postkarten über das lieferbare Programm bis zu den älteren Titeln ohne Preisbindung.
Siechen Verlag als Familienbetrieb neu belebt
„Wir sollten und müssen stärker zusammenwirken“, meint Ernst Gerlach – und holt aus zu einem schwungvollen Plädoyer. Der heute 75-jährige ehemalige Staatssekretär im Landeskabinett und Stadtdirektor von Mülheim hatte den damals siechen Verlag mit der linken Tradition vor 14 Jahren erworben und als Familienbetrieb neu belebt. Nach seiner Frau Inge Gerlach leitet nun seine Tochter Simone Ceplak die kleine Bücherfabrik. Deren umfassende Präsenz im Blohmschen Buchladen sieht Ernst Gerlach als Beispiel dafür, dass Oberhausens beachtliche Literaturszene sichtbarer werden kann und sollte.
„Das geht in dieser Stadt ein bisschen unter“, meint der Verleger. Dabei gebe es doch Buchhandlungen „in fast allen Stadtteilen“, dazu das Literaturhaus und die Ruhrwerkstatt mit ihren ambitionierten Lesungen – und mit Karl Maria Laufen einen zweiten Verlag für schöne Bücher. In Sachen Vernetzung hat Ernst Gerlach noch einiges vor. Nicht zuletzt wird es in Alstaden bald einen weiteren gediegenen Literatur-Schauplatz geben: An Pferdestall, Werkstätten und Pförtnerhaus der einstigen Zeche Alstaden am Rande des Ruhrparks arbeitet die Verleger-Familie seit Jahren: In wenigen Wochen soll die „Literaturzeche“ eröffnen.
Für die „Wundertüten“ von Asso gibt’s bereits Stammkunden
1970 hatten Anneliese Althoff und Annemarie Stern „Asso“ (als Kurzwort für „Assoziation“, das gemeinsame Engagement) als dezidiert linken Verlag gegründet. „Lieder gegen den Tritt“, ihr Standardwerk zum politischen Lied, gehörte einst in jede WG – und steht nach wie vor bei Blohm im „Asso“-Regal. „Der alte Assoverlag existierte ohne Vertriebssystem“, erzählt Ernst Gerlach: Man verkaufte die teils aufwendig gestalteten Bücher – wie die große Biografie von Fasia Jansen – von Bücherständen. Der putzige Citroën-Lieferwagen mit der Wellblech-Karosserie, den der Oldtimer-Fan Gerlach bis heute als Werbe-Mobil einsetzt, wirkt wie ein Relikt jener Zeit.
„Es ist schon eine Neuorientierung“, sagt der Verleger zu seiner Übernahme 2005. Geblieben ist der Anspruch an die literarische Qualität und die Verbundenheit zur Arbeitswelt. „Literatur wäre das letzte Gebiet, das wir aufgeben würden“, sagt Ernst Gerlach inmitten der vielen „Blagen“-Kalender. Doch das Populäre macht den neuesten Lyrik-Band des neuen aktuellen PEN-Generalsekretärs Heinrich Peuckmann erst möglich. „Alte Motive“, ergänzt Ulrich Blohm, „das funktioniert in Oberhausen, dann schwärmen die Leute – auch die 20-Jährigen“.
Bestseller und Wiederentdeckung
Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Archiv des Ruhrmuseums sind die „Blagen“-Bilder aus den 1920er bis 1980er Jahren eine sichere Bank für Asso: Selbst Kalender älterer Jahrgänge werden von Fans noch gerne gekauft – dank der nostalgisch-poetischen Blicke aufs Ruhrgebiet. „Darin steckt viel Wehmut“, meint Buchhändler Ulrich Blohm, der natürlich auch die „Blagen“-Postkarten anbietet.
Neu im Verlagsprogramm ist der biografische Roman „Die Sonne! Früchte. Ein Tod“ von Michael Zeller über das kurze Leben der Malerin und Wegbereiterin der Moderne Paula Modersohn-Becker. Dieses mehrfach aufgelegte Werk war zehn Jahre lang nicht erhältlich. Anders als früher erscheint das Gros der Asso-Titel nicht mehr als Hardcover, sondern zum kleineren Preis unter dem Signet „Assoline B 1“.
Für den kleinen „Shop im Shop“ hat Irmela Hahn vom kleinen Asso-Team eigens blaue „Wundertüten“ zusammengestellt mit nicht mehr Buchpreis-gebundenen Schätzchen. Die hübschen Gebinde für 5 Euro haben bereits Stammkunden gefunden.