Oberhausen. Mit einem Verein für Säuglingspflege hat alles angefangen. Heute betreut das Gerhard-Tersteegen Institut Kinder, Jugendliche und Familien.

Wer am Haus Nummer 227 an der Hermann-Albertz-Straße vorbeifährt, ahnt nicht unbedingt, dass hinter der Fassade viele Kinder und Jugendliche ein (vorübergehendes) neues Zuhause gefunden haben. Das Schild mit dem blau-gelb-roten Schriftzug neben der Haustür informiert: Gerhard-Tersteegen-Institut, kurz GTi. Es ist eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe mit einer jetzt 100-jährigen Geschichte. Säuglinge, Kleinkinder, Kinder, Jugendliche und deren Familien sowie junge Erwachsene wurden und werden von den Mitarbeitern des Gerhard-Tersteegen-Instituts betreut.

Angefangen hat alles vor 100 Jahren mit der Gründung des „Evangelischen Vereins für Säuglingspflege e.V. Oberhausen/Rheinland“ und der Arbeit als „Mütter- und Säuglingsheim“ an der Hermann-Albertz-Straße 227 (damals Moltkestraße). Heute ist die Einrichtung mit ihren Wohngruppen in Oberhausen und Mülheim als gemeinnützige GmbH, angeschlossen an die Diakonie, organisiert.

Die Haustür des GTi an der Hermann-Albertz-Straße.
Die Haustür des GTi an der Hermann-Albertz-Straße. © GTI

Die erste Weiterentwicklung bestand in der Eröffnung des Säuglings- und Kleinkinderkrankenhauses mit etwa 50 Plätzen im Innenhofbereich, der heutigen Wohngruppe für männliche Jugendliche „WG Gartenhaus“, erläutert Fachbereichsleiterin Ursula Eichberg-Tepper. Das Stammhaus wurde im zweiten Weltkrieg zerstört, beim Wiederaufbau wurde das Säuglingsheim auf 100 Betten erweitert.

In den 1970er Jahren vollzog sich der Umbau vom Säuglingskrankenhaus über das Säuglingsheim zum Kinderheim. So entstanden insgesamt sechs familienähnliche Wohngruppen. Seit 1975 heißt die Einrichtung „Gerhard-Tersteegen-Haus“ (seit 1996 „Institut“). Auch der Trägerverein wurde zum „Evangelischen Verein für Kinder- und Jugendhilfe e.V. Oberhausen“. Dieser Trägerverein ist unter gleichem Namen bis heute aktiv. Erzieherinnen, weltliche Fachkräfte, ersetzten seit den 1970er Jahren zudem zunehmend die Diakonissen.

In den 1980er Jahren begann mit dem Eintritt des langjährigen Einrichtungsleiters Günther G. Stolz „die Zeit der Modernisierung und in den 1990er Jahren die der Innovationen“, so Eichberg-Tepper. So hat das GTi 1992 die erste Tagesgruppe Oberhausens und 1993 die erste Erziehungsstelle in Oberhausen eröffnet.

Namenspatron und Feier

Namenspatron für die Einrichtung ist Gerhard Tersteegen, ein evangelischer Prediger, Schriftsteller und Kirchenliederdichter.

Im Mai dieses Jahres hat das Gerhard-Tersteegen-Institut bereits mit Ehemaligen und Nachbarn gefeiert. Nun gibt es eine zweite Feier am Freitag, 20. September, im Haupthaus und im Garten des Stammsitzes an der Hermann-Albertz-Straße 227. Eingeladen sind die aktuell betreuten Familien, Fachkollegen sowie Vertreter von anderen Jugendhilfe-Trägern sowie aus der Politik und Freunde und Förderer.

Ein Beispiel für die Vorreiterrolle des GTi sei die auch heute noch existierende „Zinkhütte“: In der Nachbarstadt Mülheim wurde 1999 das deutschlandweit einmalige Modellwohnprojekt „Zinkhütte 49“ für Straßenkinder eröffnet, das ein großes Echo fand. Die Idee des Jugendschutzhauses: Architektur und Sozialprojekt verbinden. Obdachlose Jugendliche sollten das Flair der Straße in der Zinkhütte durch außergewöhnliche Schlafplätze wiederfinden und pädagogisch begleitet werden. In der „Zinkhütte 49“ werden mittlerweile keine obdachlosen Kids mehr betreut, sondern Jugendliche in schwierigen Lebenslagen.

Mit einem Säuglingsheim fing alles an. Bis in die 1970er Jahre wurden die Kinder von Diakonissen betreut.
Mit einem Säuglingsheim fing alles an. Bis in die 1970er Jahre wurden die Kinder von Diakonissen betreut. © Gerhard-Tersteegen-Institut, Jugendhilfe

Tagesgruppen und andere Wohnformen, eine „Flexible Familienhilfe“ (FLEX), Gruppen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – das GTi reagierte in den Folgejahren immer wieder auf neue Anforderungen in der Jugendhilfe. 2016 ging Einrichtungsleiter Günther Stolz in den Ruhestand. Weitere Veränderungen auf Leitungsebene folgten. Mittlerweile sei dieser Veränderungsprozess weitestgehend abgeschlossen, gute Tradition bleibe die christlich motivierte, dem Namensgeber der Einrichtung verpflichtete Hingabe „an die Macht der Liebe“ (Eichberg-Tepper).