Oberhausen. Die Auftragsbücher sind voll, Fachkräfte fehlen. Kunden müssen daher oft lange warten ehe sie einen Termin bei einem Handwerker bekommen.

Kunden werden auch künftig immer länger auf einen Handwerker warten müssen, der das Badezimmer fliest, das Dach neu deckt oder die Einfahrt pflastert. Die Auftragsbücher der Oberhausener Handwerker sind nach wie vor proppevoll. Aus Mangel an Fachkräften können die Betriebe die eingehenden Aufträge nicht schneller bearbeiten.

Und daran werde sich wohl auch in den kommenden fünf bis sechs Jahren kaum etwas ändern, sagt Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff im Interview mit unserer Redaktion. „Jahrzehntelang mussten die Betriebe um Aufträge kämpfen, um zu überleben. Seit einiger Zeit ist es genau umgekehrt: Wenn ein Kunde anruft, machen wir uns immer Sorgen, ob wir den Auftrag noch annehmen können oder nicht.“

Immer weniger Gesellen

Neben fehlenden Fachkräften macht dem Handwerk ein weiteres Phänomen zu schaffen: Trotz des derzeitigen Handwerk-Booms gibt es nicht genügend Nachwuchskräfte. Seit Jahren geht die Zahl der Auszubildenden im Handwerk mit wenigen Ausnahmen kontinuierlich zurück. Das belegen die Quartalsberichte der Handwerkskammer Düsseldorf. Die Zahl der Gesellenprüfung ist seit 2001 rückläufig: Rund 23.300 gab es 2017. Im Jahr zuvor waren es noch 3,5 Prozent mehr. Das ist auch deshalb ein großes Problem, weil gerade das Handwerk seinen Fachkräftenachwuchs vorwiegend aus der eigenen Ausbildung gewinnt.

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Während es einige Branchen wie dem Kfz-Betrieb weniger hart trifft, suchen andere Gewerke um so drängender Nachwuchs. Laut einer Erhebung der Arbeitsagentur gehören die Handwerksberufe aus der Nahrungsmittel-Branche zu den unbeliebtesten. Das merkt Jörg Bischoff, Inhaber der traditionsreichen gleichnamigen Fleischerei, auch persönlich. „Wir suchen händeringend einen Azubi im Verkauf. Wir finden niemanden.“

Auszubildende verdienen mehr

Um Nachwuchskräfte zu locken, steigen seit Jahren die Vergütungen für Auszubildende. Im Fleischer- und Metzgerhandwerk sind die Tarife seit 2016 jährlich angestiegen. Seit dem ersten Januar verdienen Lehrlinge je nach Ausbildungsjahr zwischen 650 und 850 Euro im Monat. Mit einer Ausbildung in der Industrie oder im Bankenwesen könne das Handwerk in dieser Beziehung zwar nicht mithalten. „Aber die Zukunftsaussichten sind weitaus besser“, meint Bischoff.

Denn gerade wegen des Fachkräftemangels seien diese Handwerk besonders gut. „Die Industrie schwächelt, Siemens und Thyssenkrupp müssen Leute entlassen, sogar die Deutsche Bank baut Stellen ab“, sagt Bischoff. Dem Handwerk gehe es prächtig. Bischoff fürchtet noch nicht einmal, dass die derzeit nicht mehr all zu rosigen Konjunkturprognosen der Industrie dem Handwerk schaden werden.

„Ohne Handwerk geht es nicht“

Die Zeiten, sich für einen Beruf im Handwerk zu entscheiden, „sind derzeit so gut wie noch nie“, wirbt Jörg Bischoff. Gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise stiegen auch die Tätigkeitsfelder des Handwerks. „Windräder und Solaranlagen müssen gebaut, Leitungen verlegt werden.“ Nirgendwo sonst ginge so viel Energie verloren wie in alten Gebäuden. „Es braucht Handwerker, um neue Dämmungen zu installieren oder alternative Heizungsanlagen zu montieren.“ Nicht umsonst laute schon immer das Motto: „Ohne Handwerk geht es nicht.“