Oberhausen. Im Streit um angeblichen Rassismus am Theater Oberhausen mischen nun Außenstehende mit. Hunderte Künstler unterzeichnen einen Offenen Brief.
Trotz anstehender Sommerpause herrscht erneut Unruhe am Theater Oberhausen. Denn in den seit Februar öffentlich schwelenden Streit um angeblich rassistische Vorfälle mischen sich nun Hunderte meist freischaffende Künstler aus ganz Deutschland ein: Sie alle erklären sich im Internet solidarisch mit dem Trio Technocandy, das mit der Forderung nach einer vertraglich festgehaltenen Anti-Rassismus-Klausel und damit verbundenen Rassismus-Vorwürfen den Stein des Anstoßes ins Rollen brachte.
Zur Erinnerung: Die drei Künstler waren für zwei Gastspiele in Oberhausen. Von der Verwaltung forderten sie besagte Klausel: Fühlt sich ein Mitglied der Gruppe rassistisch beleidigt oder benachteiligt, muss das Theater seine Mitarbeiter belehren, in Workshops oder Seminaren beispielsweise. Geschieht dies nicht, könnte das Trio die Produktion platzen lassen. Verwaltungsdirektor Jürgen Hennemann verweigerte die Klausel damals. Sie sei überhaupt nicht justiziabel und strotze vor unbestimmten Rechtsbegriffen.
Kulturdezernent hält Klausel und Vorgehen für „rückwärtsgewandt“
Juristische Bedenken seien das eine. Kulturdezernent Apostolos Tsalastras hält auch heute noch sowohl die Forderung als solche als auch das konkrete Vorgehen für „rückwärtsgewandt“. Schlimmer als die rechtlichen Bedenken sei, „dass die Diskussion auf bestimmte Personen heruntergebrochen wird“. Es sei fatal, hier eine vermeintliche Täter-Opfer-Beziehung zu konstruieren. Mit voller Überzeugung sagt er: „Konkrete, rassistische Benachteiligung findet nicht statt.“
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Technocandy behauptet das Gegenteil. Allerdings bleibt das Trio um das ehemalige feste Ensemble-Mitglied Banafshe Hourmazdi mit seinen Anschuldigungen bis heute schwammig. Eine erneute Anfrage und die Bitte um Schilderung eines rassistischen Vorfalles blieb bislang unbeantwortet. Aus gut informierten Theaterkreisen ist indes zu hören, Auslöser für den Streit sei ein falsch ausgesprochener Name gewesen. „Lächerlich, jemanden aus so einem Grund als Rassisten oder Rassistin zu beschimpfen.“
Oberhausen kümmert sich selbst um Kampf gegen Rassismus
In einem Offenen Brief, initiiert vom Theater-Netzwerk „Cobratheater.Cobra“, fordern die Unterzeichner der Solidaritätsbekundung unter anderem die Theater-Verwaltung auf, die Anti-Rassismus-Klausel nachträglich in die Technocandy-Verträge aufzunehmen. Wenn es nach Apostolos Tsalastras geht, dürften sie damit keinen Erfolg haben. „Rassismus ist viel komplexer und komplizierter als das, was hier diskutiert wird“, sagt der Kulturdezernent. Dies komme in der Vertragsklausel nicht zum Ausdruck. Er wünscht sich eine intelligentere Auseinandersetzung mit dem Thema und keine, die lediglich auf persönlichen Befindlichkeiten beruhe. Intendant Florian Fiedler wollte sich bis Montagnachmittag nicht zu der Sache äußern.
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Oberhausen brauche eine solche Klausel auch deshalb nicht, weil die Stadt längst einen Prozess in Gang gesetzt habe, um gegen strukturellen Rassismus vorzugehen. Mitarbeiter, etwa in der Stadtverwaltung und verschiedenen Kulturstätten, sollen sensibilisiert werden, auch durch Workshops. Ziel sei es, dass unter anderem auch das Theater neue Zielgruppen erreichen soll: Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund, ärmere Menschen oder schlicht solche, die sich von den bisherigen Angeboten nicht angesprochen gefühlt haben.