Oberhausen. . Die Nachmittagsbetreuung an Oberhausener Grundschulen erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Doch Personal und Räume reichen bisher nicht aus.
Die Nachfrage steigt stetig: Zwei Drittel aller Grundschulkinder, (über 4700) werden bereits verlässlich bis 16 Uhr nachmittags an ihren Schulen betreut, doch die praktischen Probleme im Alltag sind immens.
Im Unterschied zu vielen anderen Städten erhält in Oberhausen zwar jedes Kind einen Platz im offenen Ganztagsbetrieb, doch die Auswirkungen daraus ärgern viele Lokalpolitiker: Zu große Gruppen, zu wenige Räume, eine erhebliche Lautstärke vor allem beim Mittagessen – und dann wird auch noch das Betreuungspersonal häufig äußerst schlecht bezahlt und ist nicht besonders gut qualifiziert.
43 Fragen auf 18 Seiten beantwortet
Das ist die Quintessenz einer politischen Debatte im Rat über eine Große Anfrage der Linken-Fraktion. 43 Fragen zum Thema wurden vom Schuldezernat in Kleinarbeit auf 18 Seiten beantwortet. Dabei zeigt sich: Einerseits sind die Oberhausener Verantwortlichen stolz auf das umfangreiche Betreuungsangebot für Familien, andererseits muss man für eine bessere Qualität der Nachmittagsversorgung der Kinder viel mehr Geld ins System stecken.
So beteuert Familiendezernentin Elke Münich: „Der Offene Ganztag ist angesichts der hohen Teilnahme von 67 Prozent der Kinder ein Erfolgsmodell. Oberhausen hat dieses Angebot flächendeckend an allen Grundschulen sehr früh eingeführt, das haben nur ganz wenige Städte geschafft.“
Die Raumnot durch den Andrang sei erkannt worden: Man baue die Essensräume um und will den durch den Rat im Bildungsplan festgelegten Standard langfristig überall erreichen: Pro Essensraum maximal drei Essensschichten, ein Gruppenraum je Jahrgang und pro Ganztagsgruppe ein Spezialraum (Turnhalle, Musik-, Werk- und Kunsträume).
Die Stadtspitze muss aber einräumen, dass die Kinder am Nachmittag oft nicht von Profi-Pädagogen betreut werden, sondern von engagierten und geschulten Freiwilligen, wie Studenten, Hausfrauen, Praktikanten oder Übungsleitern. Noch nicht einmal garantiert ist, dass jede Gruppe mit 25 Kindern in den Genuss einer halben Stelle an pädagogischer Fachkraft kommt. Würde man den Offenen Ganztag nur durch Profi-Pädagogen schultern wollen, müsste Oberhausen jährlich viele Millionen Euro mehr ausgeben – und diese Geld hat die arme Stadt nicht.
Linken-Ratsherr Lühr Koch schlägt deshalb vor, das „Projekt Offener Ganztag“ komplett als Irrweg abzuschreiben. „Seit Jahrzehnten fordern linke Kräfte eine einheitliche ganztägige Schule. Der Gebundene Ganztag wird auskömmlich mit Landesmitteln finanziert. Damit können die erforderlichen Fachkräfte sehr wohl fest eingestellt und gut bezahlt werden und jedes Kind hat so die Chance auf gleiche Bildung.“
Mehr Flexibilität für Eltern
Den Gegenpol dazu bilden die Liberalen. Von einer verpflichtenden Ganztagsbetreuung in Grundschulen hält die FDP wenig – und fordert im Gegenteil mehr Flexibilität für Eltern. „Eine staatliche Erziehung ist nicht grundsätzlich besser als die private Erziehung“, sagt FDP-Schulpolitikerin Regina Boos.
Ratsherr Peter Bruckhoff (Bündnis Oberhausener Bürger – BOB) bedauert, dass mal wieder Geld für eine wirklich gute Nachmittagsbetreuung an Schulen fehlt. „Quantität ersetzt keine Qualität. Wir erreichen das Ziel nicht, Familien aus bildungsfernen Schichten anzusprechen.“
Die großen Ratsfraktionen, SPD und CDU, bewerten zwar die seit Jahren steigenden Anmeldezahlen als Erfolg der Offenen Ganztagsschule, sehen aber hohen Nachholbedarf. „Nach der deutlichen Kritik an der Mittagessenversorgung schaffen wir nun Zug um Zug Abhilfe“, sagt SPD-Fraktionsvize Kirsten Oberste-Kleinbeck. Die CDU kritisiert, dass die Stadt auf den Massenandrang zur Nachmittagsbetreuung zu spät reagiert habe. „Die Stadt hat steigende Zahlen lange Zeit nur beobachtet, aber keine Maßnahmen ergriffen. Lösungen gibt es bisher nur in Ansätzen“, sagt Gundula Hausmann-Peters.
>>> Vor allem das Land NRW finanziert den Ganztag
In Oberhausen hat die Stadt (Schulträger) die praktische Umsetzung des Offenen Ganztags an private Träger delegiert. Das sind die Awo, die Caritas, das Katholische Jugendwerk „Die Kurbel“, das Ev. Jugendreferat, der Verein zur Betreuung von Schulkindern und speziell für zwei Grundschulen gegründete Vereine.
Finanziert wird der Offene Ganztag durch Elternbeiträge (2017: 1,6 Millionen Euro), durch Gelder vom Land (5,3 Millionen Euro) und durch die Stadt selbst (800.000 Euro). Die Stadt zahlt dabei die Beiträge, die arme Eltern nicht zahlen können. Insgesamt sind 21 Lehrerstellen dem Offenen Ganztag zugewiesen.