Oberhausen. . Die Interessengemeinschaft Preußisches Rheinland kürt stets eine Frau. In historischen Uniformen darf sie länger regieren als die Karnevalisten.

Tränenreich mussten sich die karnevalistischen Regenten am Aschermittwoch von den Insignien ihrer Macht trennen — doch eine Prinzessin macht einfach weiter. Ganz sicher im Sattel sitzt nämlich Kohleprinzessin Sandra Hüls. Bis zum November darf sie ihre Amtszeit noch ausgiebig auskosten.

© Ralf Hüls

„Wer macht denn so etwas?“ Das möchte man Hagen Hoffmann von der Interessengemeinschaft „Preußisches Rheinland“ nun zurufen. Schließlich haben sich die Uniformträger diesen Brauch ausgedacht. „Wir sind eigentlich nicht mit einem Karnevalsverein vergleichbar“, erklärt Hoffmann. „Darum gönnen wir unserer Kohleprinzessin auch etwas mehr Zeit.“

Dabei spiegelt das Amt schon ein wenig den närrischen Gedanken wider. „Es gibt einen Stadtprinzen und das Dreigestirn, das ja bekanntlich nur aus Männern besteht. Um das närrische Gleichgewicht wiederherzustellen, hat unsere Interessengemeinschaft eine Kohleprinzessin ernannt, die alle Männer fest im Griff hat.“

Und in diesem Jahr ist es eine Mitstreiterin, die felsenfest mit dem Ruhrgebiet verwachsen ist. Sandra Hüls wurde in der Kohle-, Stahl- und Bierstadt Dortmund geboren und wohnt in Mülheim an der Ruhr. Beruflich arbeitet die Doktorin der Neurobiologie als Lehrerin in Mülheim.

Sandra hat die Männer im Griff

Seit vier Monaten darf sie nun schon den ehrenvollen und zugleich traditionsbewussten Titel tragen. Als Begleiter steht ihr zudem das jüngste Mitglied der Interessengemeinschaft zur Seite. Es ist ihr erst siebenjähriger Sohn Jonas.

Keine Kohleprinzessin ohne Hofstaat: Nathalie Deutsch, Claudia Fänger und auch Hagen Hoffmann ergänzen das gesellige Team, das schon gut herumgekommen ist. Beim Sturm auf die Burg Vondern konnte die Regentin im Kreis ihrer karnevalistischen Kollegen selbst von neugierigen Zivilisten gesehen werden. Beim Kinderkarnevalszug in Osterfeld baute sie mit ihrem Gefolge an der Lilienthalstraße sogar ein kleines Biwak auf.

Der Hofstaat von Kohleprinzessin Sandra - auch ihr siebenjähriger Sohn Jonas ist mit dabei.
Der Hofstaat von Kohleprinzessin Sandra - auch ihr siebenjähriger Sohn Jonas ist mit dabei. © Ralf Hüls

„In der fünften Jahreszeit gibt es Besuche in Grundschulen sowie Auftritte bei Karnevalssitzungen von Vereinen, Kirchengemeinden und freien Gruppen“, erklärt Hagen Hoffmann. Momentan, also nach der Session, geht es aber munter weiter. Bei Stadtfesten und Schützenveranstaltungen ist die Kohleprinzessin ein gern gesehener Gast. Apropos: Als Erkennungszeichen ihrer Macht trägt sie eine goldene Amtskette mit Krone, Schlegel und Eisen. Dazu kommt das Zepter mit einer Krone, die eine Grubenlampe umhüllt.

Die Henkelmann-Soldaten

„Schon 1904 liefen als preußische Soldaten verkleidete Jecken auf dem ersten Oberhausener Karnevalszug mit“, erklärt Hagen Hoffman die historischen Uniformen seines Vereins. „In dieser Tradition sieht sich auch die IG Preußisches Rheinland. Die Herren stellen mit ihren Uniformen das Infanterieregiment 159 dar. Dieses war ab 1899 das einzige im Ruhrgebiet stationierte Regiment und wurde von der Bevölkerung liebevoll Kohleregiment oder Henkelmann-Soldaten genannt.“

Die Garde der Prinzessin trage darum zum Schutz die sogenannte „Schabüchs“. Im Gegensatz zur „Klabüs“ der Kölner Funken sei die „Schabüchs“ mit schwerer alkoholischer Munition geladen.

>>> Preußisches Rheinland erinnert an den Bergbau

Die Interessengemeinschaft Preußisches Rheinland erinnerte sich in den vergangenen Monaten auch an den auslaufenden Bergbau im Ruhrgebiet. Als Bergleute und Frauen im Stil um 1900 begleitete der Verein am Elften im Elften auch im Schein von Grubenlampen den Hoppeditz in einer selbstgebauten Lore zur Bühne. Die Rede von Hagen Hoffmann bezog sich in Reimform in großen Teilen auch auf das Ende des Steinkohlebergbaus.

Im Gegensatz zum Stadtprinzen der Narren bleibt die Kohleprinzessin bis zum 11. November im Amt und wird von der nächsten Regentin dann „gestürzt“.