Oberhausen. . Glück auf, der Karneval kommt! Auf dem Friedensplatz feierten die Narren mit Grubenlampen. Die Eröffnungsrede gelingt mit regionalen Pointen.

Manche rümpfen ja die Nase, wenn gestandene Revierbürger, offenbar ganz jeck geworden, plötzlich von einem Dom singen, der in Köln bleiben soll. Beim Hoppeditz-Erwachen am Sonntag, natürlich um 11.11 Uhr, konnte eigentlich keiner fehlenden Lokalkolorit bemäkeln. Im prall gefüllten Festzelt auf dem Friedensplatz schieben Grubenmalocher mühsam eine Lore auf das Podest. Der Deckel öffnet sich — und: Ta-da! Glück auf, die Karnevalssession kommt!

Der Inhalt des Förderwagens hat schließlich etwas zu sagen: Der Hoppeditz trägt einen Bergmannshut und muss sich erst einmal recken und strecken. Traditionell wecken die Narren am Elften im Elften ihre Galionsfigur, die sie am Aschermittwoch so tränenreich zu Grabe getragen haben. Tradition, das ist in Oberhausen ein gutes Stichwort. Zum vierten Mal schlüpft Hagen Hoffmann in die Rolle der hellwachen Schlafmütze („Ab dem dritten Mal ist es eine Tradition!“). Der ausgelaufene Bergbau erhält in der Eröffnungsrede einen Ehrenplatz.

Sommerhitze, Sicherheit und Sozialdemokraten

„Dieses Jahr ist leider Schluss. Und darauf gibt es keinen Tusch!“ 18 Männer und Frauen der IG Preußisches Rheinland, das jüngste Mitglied sieben Jahre jung, hatten die Schränke der Kaue geplündert und marschieren nun in traditionellen Malocherklamotten in das mit mehreren Hundert Narren besetzte Festzelt — gut erhitzt wie im Stollen. „Der Bergbau begibt sich zur Ruh’ und macht die letzte Zeche zu!“

Nicht ohne meine Kumpel! Die IG Preußisches Rheinland erschien im Kostüm
Nicht ohne meine Kumpel! Die IG Preußisches Rheinland erschien im Kostüm © Franz Naskrent

Der Hoppeditz mahnt beinah prophetisch: „Dann heißt es in den nächsten Jahren, wir müssen die Tradition bewahren. Was Generationen hier erschaffen, beginnt sonst ganz schnell abzuschlaffen!“

Doch nicht nur der Bergbau landet im Reimform. Der Hoppeditz packt heiße Eisen an, spricht über eine durch die Sommerhitze karge Ernte der Bauern, das schwindende Sicherheitsgefühl, die umstrittene Fusion von Thyssen-Krupp, die Proteste gegen den Tagebau am Hambacher Forst und den Absturz der SPD als Arbeiterpartei. „Nur noch Typen in Seidenkrawatten und im Nacken den schwarzen Schatten!“

Jecke Rede aus 25 Seiten Notizen

Umweltschutz und Arbeitsplätze durchleuchtet der Hoppeditz ganz lokal: Das geplante Zentrallager von Edeka am Waldteich wird mit spitzen Worten genüsslich seziert. „Und man bringt als großen Hit 1000 Arbeitsplätze mit!“ Weiter geht es mit dem Wirbel um eine Autobahnabfahrt, Anwohnerproteste und seltene Krötenarten auf dem Baugelände. „Das wir alle tierlieb sind, das weiß doch jedes Kind. Doch hört die Liebe auf, nimmt man den Verlust von Jobs in Kauf!“

Fast so heiß wie unter Tage. Das Festzelt auf dem Friedensplatz war am Sonntagmorgen bis zum Rand gefüllt.
Fast so heiß wie unter Tage. Das Festzelt auf dem Friedensplatz war am Sonntagmorgen bis zum Rand gefüllt. © Franz Naskrent

Allerdings schallen nicht nur Rüffel ins Mikrofon, sondern es gibt auch Anerkennendes auf die Ohren: „Ob Demos, Kirmes, Karneval, ihr seid da, auf jeden Fall. Drum seht ihr mal Polizei, Sanis oder Feuerwehr. Sagt einfach mal danke, das freut sie sehr!“ Auch an den Anfang des Jahres verstorbenen Hauptausschuss-Ehrenpräsident Heiner Dehorn erinnert der Hoppeditz: „Vor dir zieh’ ich nun meinen Hut, lieber Heiner, mach es gut!“

Applaus! Hagen Hoffmann gelingt eine der besten Hoppeditz-Reden der vergangenen Jahre. „Ich habe mich das gesamte Jahr darauf vorbereitet, mir permanent in Reimform Notizen über lokale und überregionale Ereignisse gemacht“, verrät er hinterher. Am Ende waren es 25 Seiten Notizen, die der 48-Jährige auf elf Minuten Redezeit kürzte.

>>> Erste Tanzschritte der Session im Festzelt

Beim Sessionsauftakt auf dem Friedensplatz zeigten sich auch die noch nicht gekürten Tollitäten um den künftigen Stadtprinzen. Clemens Rüter wird am kommenden Samstag in der Luise-Albertz-Halle inthronisiert.

Die Tanzgarden der hiesigen Vereine nutzten die Bühne, um die ersten Schritte der begonnenen Narrenspielzeit zu zeigen.