Oberhausen. . Schon seit anderthalb Jahren ärgern sich Reisende über leere Ladenlokale im Oberhausener Hauptbahnhof. Jetzt kommt ein weiteres hinzu.

In Brigitte Schröders Büro, gleich neben dem großen Verkaufsraum, steht ein gläserner Pokal auf der Fensterbank. „Zum 25-jährigen Jubiläum“ ist darauf zu lesen, „1988 – 2013“. „Ein Geschenk unserer Mitarbeiter“, erklärt die 72-Jährige. Seit 30 Jahren ist sie Inhaberin von „Schröders Tabakwaren“ im Oberhausener Hauptbahnhof, in wenigen Tagen wird sie zum letzten Mal hinter dem Tresen stehen – zwangsweise, denn die Bahn hat ihren Pachtvertrag gekündigt.

Nachdem Ende Juni 2017 bereits die Inhaber des Blumengeschäfts „Rosen Max“ und des Puppenhauses ihre Ladenlokale im Bahnhof räumen mussten, erhielt nun auch Brigitte Schröder die Kündigung. Am 20. November muss sie raus. „Nach drei Jahrzehnten nimmt mir die Bahn meine Basis“, sagt sie sichtlich enttäuscht.

Deutsche Bahn sieht Negativtrend

Die DB Station & Service AG begründet die Kündigung damit, dass der Umsatz reiner Tabak- und Lotto-Geschäfte seit Jahren rückläufig sei, vor allem in kleinen und mittleren Bahnhöfen. Die Tochterfirma der Deutschen Bahn ist für die Besetzung der Mietflächen in 5400 Personenbahnhöfen zuständig.

Horst Mutsch, Leiter der Vermietung, erklärt: „Der Branchenmix in unseren Bahnhöfen orientiert sich an den Bedürfnissen unserer Reisenden.“ Weil der Negativtrend bei Tabakwaren auch in Oberhausen zu erkennen sei, habe man sich im Falle von Frau Schröder gegen eine Vertragsverlängerung entschieden. Entsprechende Waren sollen künftig in andere Läden integriert werden, so Mutsch, etwa im Bereich „Buchhandel, Drogerie oder Lebensmittel“.

Auch andere Läden verkaufen Tabakwaren

Brigitte Schröder hält dagegen: Dass ihre Verkaufszahlen zurückgegangen seien, liege zum einen an politischen Vorgaben, etwa Rauchverboten, vielmehr noch aber an der Konkurrenz, die ihr die Bahn jüngst „vor die Nase gesetzt“ habe. So verkaufen im Hauptbahnhof inzwischen auch der „HBB Store“ und „Press & Books“ Tabakwaren. Beide gehören größeren Ketten an. Die Bahn wolle ganz offensichtlich keine inhabergeführten Geschäfte mehr, mutmaßt die Händlerin.

Trotz allem würde ihres noch immer gut laufen, auch im Bereich Lotto. „Freitags und samstags haben wir manchmal fünf oder sechs Leute gleichzeitig im Laden, die an der Theke ihre Scheine ausfüllen“, erzählt sie – und sagt dann: „Wir haben sehr viele Stammkunden. Alle sind total enttäuscht.“

Bahnhof immer unattraktiver

Die Bahn argumentiert darüber hinaus, dass Schröder „notwendige Investitionen in einen zeitgemäßen Ladenbau nicht durchgeführt“ habe. Ein Punkt, der die Inhaberin maßlos ärgert: „Mein Geschäft ist gepflegt und ansprechend eingerichtet“, betont sie. Im Zuge der Bahnhofssanierung im Jahr 1998 habe sie eine sechsstellige Summe in die Neugestaltung des Ladens investiert, zusätzlich sei ein Baukostenzuschuss in Höhe von 50.000 D-Mark an die Bahn fällig gewesen.

Der Bahnhof als solcher dagegen werde immer unattraktiver, beklagt Schröder. „Das Blumen- und auch das Puppengeschäft stehen seit anderthalb Jahren leer.“ Ein konkretes Datum für das Ende des Leerstands konnte die Bahn auch auf Nachfrage dieser Zeitung nicht nennen. Zudem, so die Händlerin, würden Reinigungskräfte abgezogen, der Bahnhof, eigentlich „Eintrittstor für die Stadt“, sei in letzter Zeit zusehends verschmutzt. „Das ganze Geld wird in die großen Bahnhöfe gesteckt“, so ihre Erklärung.

Besonders bitter für Schröder: Weil noch kein neuer Pächter gefunden ist, muss sie ihren Laden vollständig entrümpeln. Die Kosten im vierstelligen Bereich trägt sie selbst. An anderer Stelle neu eröffnen will die 72-Jährige indes nicht, gemeinsam mit ihrem Mann wird sie sich nun zur Ruhe setzen. „Zumindest“, sagt sie abschließend, „haben inzwischen alle unserer Mitarbeiter eine neue Anstellung gefunden.“

>>> Vorerst kein Ende des Leerstands in Sicht

Wann die neue Filiale von „Press & Books“ (ehemals„Max Rosen“) im Hauptbahnhof eröffnet, ist laut Bahn noch immer nicht konkret absehbar. Vorher müssten noch„Anpassungen insbesondere für die Haus- und Sicherheitstechnik“ vorgenommen werden.

Zudem überlegt die Bahn, die „Rossmann“-Filiale im Bahnhof zu vergrößern. Hierzu könnte ein Teil der Mietflächen des ehemaligen Puppenhauses an den Drogeriemarkt angegliedert werden. Vorab seien jedoch „umfangreiche statische Untersuchungen erforderlich“.