Oberhausen. . Der Bau hat ein schlechtes Image, viele Wohnungen sind sanierungsbedürftig. Doch die Architektur des City-Hochhauses ist nun preisgekrönt.

Blickt man an der unschmucken Fassade hinauf, mag man es kaum für möglich halten. Aber der markante Gebäudekomplex an der Friedrich-Karl-Straße – wuchtig, betonlastig und vor allem sanierungsbedürftig – ist schön. So sehen es die Verantwortlichen der Landesinitiative Stadt-Bau-Kultur NRW sowie der Technischen Uni Dortmund. Sie haben das Hochhaus ausgezeichnet – als „Big Beautiful Building“.

„Sind die eigentlich bescheuert?“ Das mag sich mancher denken – und dessen ist sich auch Tim Rieniets bewusst, Mit-Initiator der Kampagne der großen schönen Gebäude. Aber: Die Leute sollen sich ruhig wundern. Das City-Hochhaus auf einer Stufe mit der ebenfalls ausgezeichneten Essener Grugahalle? Die Menschen sollen sich womöglich sogar an der Auszeichnung reiben, meint Rieniets. Denn auch das richte den Fokus auf die Nachkriegs-Architektur der 1950er bis ‘70er Jahre. Und das ist genau das Ziel der Kampagne: Die Gebäude wieder in den Blick der Betrachter bringen, sie öffnen und mit neuem Leben füllen.

Kitev kämpft gegen die „Stigmatisierung“

Das City Hochhaus gegenüber dem Oberhausener Hauptbahnhof.
Das City Hochhaus gegenüber dem Oberhausener Hauptbahnhof. © Gerd Wallhorn

Nur so sei es möglich, die Probleme, die viele Nachkriegsbauten haben, zu lösen. Das Ruhrgebiet sei historisch nun mal so gewachsen, wie es heute ist. Der für die Nachkriegsjahre typische verdichtete Wohnungsbau mag nicht viele Freunde haben, „aber er gehört zu uns, auch er ist ein Stück Heimat“, sagt Tim Rieniets.

Das Hochhaus an der Friedrich-Karl-Straße hat ein schlechtes Image. Die meisten Bewohner sind sozial schwächer gestellt, durch den Sanierungsstau wirkt das Gebäude an vielen Ecken heruntergekommen. Doch es tut sich was: Seit rund zwei Jahren ist das Künstlerkollektiv Kitev (Kultur im Turm e.V.) im Hochhaus aktiv. Und das „Oberhaus“, wie es seitdem heißt, macht sich. Freiwillige haben einen Vorgarten angelegt, hegen und pflegen ihn. Das Ladenlokal ist zum Treffpunkt vieler Akteure und Organisationen geworden. Vereine wie die Seebrücke oder die Falken kommen hier regelmäßig zusammen. Es gibt einen Lesekreis, Filmabende, ein Kulturcafé, Vorträge, Kneipenabende und vieles mehr. Kitev hat den Raum geöffnet, bringt Menschen zusammen.

Und kämpft unermüdlich gegen die „Stigmatisierung“ des Komplexes, wie Kitev-Frontmann Christoph Stark sagt. Er ist sicher: „Die Probleme einer Gesellschaft können wir nur gemeinsam lösen. Das ist keine Frage von Arm oder Reich.“ Mit Aktionen und Projekten wie der bekannten „Refugees’ Kitchen“, einem von Flüchtlingen betriebenem Foodtruck, „brennen hier viele Feuer“, sagt Stark. „Aber es ist ein harter Acker.“

„Filigrane Dachüberstände“

Doch nicht nur das soziale Engagement von Kitev hat die Verantwortlichen überzeugt. Auch architektonisch hat das Gebäude offenbar einiges zu bieten: Die „vertikale Staffelung der Fassade“ wird in der Beschreibung der Experten ebenso gewürdigt wie die „filigranen Dachüberstände“. Doch auch ihnen ist klar: Die Sanierung des mittlerweile denkmalgeschützten Hauses ist notwendig.

Eigentümer der Immobilie ist das Unternehmen Vonovia. Regionalleiter Robert Stellmach verspricht, sich den noch bestehenden Problemen zu stellen. „Wir freuen uns über die Auszeichnung, wissen aber, dass wir damit nicht fertig sind.“