Oberhausen. Wird die SPD zur Splitterpartei? Von Umfrage zu Umfrage verliert die SPD Stimmen, nun fordern Jusos, endlich Profil zu gewinnen – mit Rot pur.

Der scheidende Juso-Landesvorsitzende Frederick Cordes sieht die Gefahr, dass die SPD bundes- und landesweit dauerhaft zu einer Partei mit minimalen Stimmenanteilen absinkt – und damit weitgehend bedeutungslos wird.

„Ich habe die Sorge, dass die SPD in Zukunft keine Volkspartei mehr ist, sondern stetig um die zehn Prozent herumdümpelt“, sagt der 32-jährige Oberhausener im Vorfeld des heute im Zentrum Altenberg beginnenden Landesparteitags der NRW-Jusos. Es sei dringend notwendig, dass die Partei wieder mehr auf die echten Alltagsprobleme der Menschen eingeht, Gerechtigkeitslücken schließt und die Frage beantwortet, wie der Wohlstandszuwachs bei möglichst vielen Bürgern ankommt.

Macht  nicht mehr als Juso-Vorsitzender des Landesverbandes NRW weiter: Frederick Cordes
Macht nicht mehr als Juso-Vorsitzender des Landesverbandes NRW weiter: Frederick Cordes

Cordes tritt nach vier Jahren an der Juso-Spitze nicht mehr an, weil er zur Erneuerung der Juso-Spitze beitragen will. „Man kann sich selbst nicht ausnehmen, wenn man fordert, dass wir jünger und weiblicher werden müssen.“ Einzige Kandidatin auf dem Parteitag ist die Bonnerin Jessica Rosenthal.

Nach Ansicht von Cordes ist es der größte Fehler der SPD, nach der bis heute umstrittenen Agenda 2010 mit massiven Einschnitten ins soziale Netz keine neue Erzählung entwickelt zu haben, wofür die Partei eigentlich steht.

Dies sei auch der erhebliche Mangel der SPD Oberhausen. „Angesichts der großen Wahlerfolge in der Stadt war die SPD vor Ort oft zu satt, hat zu spät erkannt, wie sehr sich die politische Landschaft wandelt. Mir fehlt hier der große Wurf, die Idee, wie sich Oberhausen in den nächsten 20 Jahren entwickeln soll. Wir müssen den Weg aufzeigen, eine Geschichte erzählen, was die SPD für Oberhausen will – wie damals beim Centro.“

Billiges Busticket für Azubis

Als politische Erfolge in seiner Amtszeit nennt Cordes, dass Jusos und SPD durch intensive politische Kampagnen stark an Mitgliedern gewonnen haben und dass NRW das von den Jusos seit Jahren geforderte verbilligte Nahverkehrsticket für Azubis einführen will. „Das ist mega-cool. Wir haben dies als Gerechtigkeitslücke gesehen: Studenten dürfen quer durchs Land fahren, Azubis aber nicht.“ Solche konkreten Lösungen zur Verbesserung des Alltags von Menschen müssten Vorbild sein für die künftigen Vorhaben der SPD, um wieder zustimmungsfähig für viele Bürger zu sein. „Hartz IV muss komplett erneuert werden, die früheren Antworten können nicht die richtigen für die heutige Zeit sein.“

Die Zusammenarbeit mit Politikern wie CSU-Chef Horst Seehofer im Bund koste die SPD Glaubwürdigkeit und überdecke alle politischen Erfolge – wie den Mindestlohn oder die Herstellung der hälftigen Bezahlung der Krankenkassenbeiträge von Betrieben und Beschäftigten. „Wir benötigen Rot pur und eine Exit-Strategie aus der Großen Koalition. Wir müssen sagen, das sind unsere Themen – und die ziehen wir auf jeden Fall durch. Dann geht es uns auch wieder gut.“

Schon früh bei den Jungsozialisten mitgemischt

Seit dem 16. Lebensjahr ist Cordes Juso-Mitglied, seit 2010 ist er im Juso-Vorstand, seit 2014 Landesvorsitzender. Er ist Mitglied im SPD-Landesvorstand. Cordes hat in Bochum Stadt- und Regionalentwicklung studiert und arbeitet derzeit im Wahlkreisbüro der Bielefelder Bundestagsabgeordneten.