Oberhausen. . Kleingarten-Idylle setzt einen grünen Akzent auf der oberen Marktstraße. Alle Kaugummis im archäologischen Museum sind Zeitzeugen aus Oberhausen .

  • Künstler setzt mit einer nutzbaren Parzelle ein Ausrufezeichen in der tristen Fußgängerzone
  • Die Laube ist ein Beitrag zum Projekt „Wir bauen eine neue Stadt“. Passanten sind begeistert
  • Zwei weitere Kreative haben Kaugummis vom Boden gekratzt und sie fachmännisch archiviert

Die Laube steht bereits im Gärtchen, Blumen und ein kleiner Apfelbaum sind gepflanzt, Kräuter ausgesät, im Hochbeet wächst seit gestern Weißkohl: Ja, sie nimmt Gestalt an, die Kleingartenidylle mitten auf der oberen Marktstraße. „Seit zwölf Tagen bin ich nun hier im Einsatz“, sagt Dirk Schlichting, Schöpfer der Idylle, die der breiten, am Vormittag ziemlich menschenleeren Fußgängerzone einen Akzent verpasst, den keine andere Innenstadt zu bieten hat. Schlichting nennt sie „eine begehbare Skulptur“.

Den Passanten zaubert sie Lächeln in die Gesichter. „Die Reaktionen der Leute sind positiv. Alle möchten, dass hier etwas passiert“, sagt Schlichting. „Für manche ist es Stadtraumgestaltung. Jemand wunderte sich, dass ich auch am Sonntag arbeitete. Ein anderer fragte, ob jetzt über alle Brunnen Parzellen gebaut werden sollen.“

Gartenanlage kann gebucht werden

„Das hast du gut hingekriegt, Jung’! Schön sieht datt aus“, lobt ein älterer Herr Schlichtings Arbeitseinsatz. Davon, dass er sich ins Zeug gelegt hat, damit die Gartenanlage pünktlich zur Eröffnung des Projekts „Wir bauen eine neue Stadt“ auch gebucht werden kann, zeugen seine mit Klebeband abgeklebten Blasen an beiden Daumen. Jeweils vier Leute können das Laubenpieperleben mitten in der Stadt ausprobieren, zusammen dort hocken, klönen, picknicken – nach Anmeldung.

„Ein Kindergeburtstag ist bereits geplant“, sagt einer der Geheimagenten, die Schlichting im Auftrag von Actopolis, dem Projekt von Urbane Künste Ruhr und Goethe-Institut, für seine Intervention in Oberhausen engagiert hat. Die Garten-Idylle soll länger in Oberhausen bleiben als die Aktivisten. „Ich hoffe, ich finde Paten als Betreuer. Dann kann die Gartensaison bis November dauern“, sagt Schlichting.

Wie wertvolle Steinchen

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Ein weiterer Volltreffer ist den Geheimen mit dem Engagement des deutsch-englischen Künstler-Kollektivs Susanne Kudielka und Kaspar Wimberley gelungen. Sie richten, ebenfalls auf der oberen Marktstraße, ein archäologisches Museum ein. Genauer: ein archäologisches Kaugummimuseum. Der Blick in die erste Vitrine reicht aus, um einem die Sprache zu verschlagen: Hunderte verschiedene aufgespießte und fein säuberlich beschriftete Kaugummis wirken angestrahlt wie wertvolle Steinchen. Alle sind Zeitzeugen aus Oberhausen. „Wir haben sie mit dem Spachtel abgekratzt und das Material archiviert“, sagt Kudielka. „Letzten Sonntag habe ich zum ersten Mal aufgehört, auf den Boden zu schauen“, sagt ihr Partner. Überall, wo Menschen warten, beispielsweise an Bushaltestellen, seien viele Kaugummis zu finden. „An Schulen war unsere Suche besonders ergiebig.“

Forschertypisch haben sie sich auch für Spuren interessiert, die Schuhsohlen auf den Kaugummis hinterließen. Die Exponate mit besonderen Abdrücken sind in Vitrine zwei zu bewundern.

Prunkstück der Ausstellung ist der Kaugummiautomat. Jeder Museumsbesucher erhält einen Chip und kann sich einen Kaugummi ziehen. Kauend kann er dann über die „oberste, abgekratzte Erdschicht“, wie die Künstler ihre Funde nennen, sowie über den Sinn von Museen nachdenken.