Oberhausen. Städtische Fachstelle vermittelte im vergangenen Jahr 13 Kinder an Paare. Alter, Gesundheit und Finanzverhältnisse der neuen Eltern spielen eine Rolle.
- Edith Lehmkuhl und Tanja Dordel beraten Eltern, die Kindern ein neues Heim geben wollen
- Mütter und Väter sollten im Optimalfall schon Lebenserfahrung haben, rät Tanja Dordel
- Gesicherte Lebensverhältnisse und Belastbarkeit sind weiter wichtige Kriterien
Mit exakt 13 Adoptionen von Kindern an Paare in Oberhausen, die sich meist dringend Nachwuchs wünschen, ist die Zahl an Vermittlungen im vergangenen Jahr in unserer Stadt leicht gesunken. In den Vorjahren registrierten die Statistiker zwischen 15 und 20 Adoptionsfälle. Der Trend ist damit in Oberhausen gegenläufig zur Entwicklung in ganz NRW. 2015 wurden im bevölkerungsreichsten Bundesland über 940 Kinder und Jugendliche an neue Eltern vermittelt – mehr als jeweils in den vier Jahren zuvor.
Viele Paare, die durchaus fremde Kinder aufnehmen und erziehen möchten, wissen nur wenig darüber, nach welchen Regeln eine Adoption verläuft.
Wir fragten deshalb bei Edith Lehmkuhl und Tanja Dordel von der städtischen Adoptionsvermittlung, die im alten Sterkrader Rathaus sitzt, nach.
1 Wer darf überhaupt ein Kind adoptieren?
Es ist sowohl für Einzelpersonen als auch für Paare möglich, ein Kind zu adoptieren. Besteht eine Ehe, können beide Partner das Kind adoptieren. Die Ehe sollte aber nicht erst kurze Zeit bestehen.
Ist kein Lebensbund geschlossen, müssen die Partner dies jeweils einzeln tun. Das gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare, da das Gesetz in diesem Bereich noch nicht umgestellt ist.
Alter und weitere Kriterien der Paare
2 Wie alt sollten Paare sein, die ein Kind adoptieren möchten?
Derjenige, der ein Kind adoptiert, sollte nicht jünger als 21 Jahre sein. „Die Eltern sollen im Optimalfall schon Lebenserfahrung haben“, rät Tanja Dordel. Gibt es eine Altersbegrenzung nach oben? Bei Personen über 45 Jahren wird eine Adoption von Säuglingen oder Kindern kritisch gesehen.
3 Welche Kriterien gelten bei der Auswahl der Adoptionseltern?
Sie sollten in einem wirtschaftlich gesicherten Verhältnis leben. Die neue Mutter und der neue Vater sollten zudem psychisch und physisch belastbar sein. „Die Adoptierenden sollen frei von chronischen, ansteckenden oder lebensverkürzenden Krankheiten sein“, sagt Dordel. Die Adoptionsvermittlung arbeitet daher sehr eng mit dem Gesundheitsamt und gegebenenfalls auch mit behandelnden Ärzten zusammen.
Bindung und Vormundschaft
4 Wie kann eine Bindung zum Kind entstehen?
Die neuen Eltern sollen sich Zeit für ihr Kind nehmen. Nur so kann eine neue Bindung aufgebaut werden, die das Kind in der Vergangenheit zu den leiblichen Eltern verloren hat. „Im Grunde sind neue Eltern die erste Fremdbetreuung für ein Kind“, gibt Edith Lehmkuhl zu bedenken.
5 Wie sollten Adoptiveltern die leiblichen Eltern beurteilen?
Wird ein Kind zur Adoption freigegeben, das kein Säugling mehr ist, wird seitens der neuen Eltern erwartet, dass sie die leiblichen Eltern nicht verurteilen. „Sie mussten oft aus Notsituationen handeln“, betont Edith Lehmkuhl.
6 Wann beginnt die Vormundschaft?
Erst nach einem Jahr wird den neuen Eltern die Vormundschaft für das Kind zugesprochen. Im ersten Jahr nach der Adoption liegt diese noch beim Jugendamt. Die Adoptionsvermittlung betreut die neuen Eltern und das Kind eine Zeit lang und führt mit ihnen Gespräche, um sich ein Bild von der neuen Familiensituation zu machen. Es soll sich eine Eltern-Kind-Beziehung ergeben.
7 Wie lange ist die Wartezeit auf eine Adoption?
Es kann zwei bis drei Jahre dauern, bis ein Kind adoptiert werden kann. Dies liegt auch an den Wünschen der künftigen Eltern. Manche möchten kein Kind haben, das in einer Babyklappe abgegeben wurde, für andere spielt das Aussehen eine Rolle. Die Adoptionsvermittlung fühlt für ein Kind im Schnitt bei fünf Wartenden vor, um die beste Entscheidung für alle Seiten treffen zu können.