Oberhausen. . Sie sind typisch für das Revier, die kleinen Trinkhallen an der Ecke. Am Samstag standen sie auch in Oberhausen einmal im Mittelpunkt
- An vier Büdchen bot die Ruhr-Tourismus GmbH ein besonderes Kulturprogramm
- Besucher erlebten den „NRW Abitur Blues“ oder Plaudereien mit Ex-Fußball-Profi Frank Mill
- Das Zwischenmenschliche gilt als der große Vorzug der Trinkhalle
Wo konnte man schon, als die Tankstelle noch zum Tanken da war, mal eben etwas Ess- oder Trinkbares besorgen, sich über die aktuellen Fußball-Ergebnisse informieren oder sich einfach so den Kummer von der Seele reden? Natürlich an der Bude um die Ecke. Und weil die eben so typisch für das Revier ist, rief die Ruhr-Tourismus GmbH den vergangenen Samstag zum ersten „Tag der Trinkhallen“ im ganzen Ruhrgebiet aus. Schlange standen die Besucher dabei am Nachmittag an jenen vier Büdchen in Alt-Oberhausen, die dazu ein begleitendes Kulturprogramm bekommen hatten.
Rund 100 Menschen waren zum Auftakt zu „Oli’s Büdchen“ am Ebertbad gekommen, um dem Sterkrader Comedian Matthias Reuter beim „NRW Abitur Blues“ zuzuhören. Sie quittierten sein musikalisches Lästern über intellektuelle Schwächen prominenter Landsleute mit viel Applaus. Unterdessen machten die Eheleute Deniz und Kazim Yavavli mit ihrer Bude den Umsatz ihres Lebens, reichten pausenlos Kirschstreusel, Brühwurst oder belegte Brötchen heraus. Erst zu Jahresbeginn haben sie das zur Trinkhalle umgebaute frühere Toilettenhäuschen vom Vorpächter übernommen. Hajo Sommers, Betreiber vom Ebertbad, war für die Betreuung von vier Trinkhallen mit Kulturprogramm an diesem Tag auserkoren und überzeugte sich von der Güte des Gebotenen. Zum Programm dort gehörten auch Auftritte von C. Heiland, Nito Torres und Dagmar Schönleber.
Für das Zwischenmenschliche
Ganz anders ging es bei der „Trinkhalle 27“ an der Lothringer Straße zu. Dort stand eine Ledergarnitur auf dem Bürgersteig, wurden zum Teil nachdenkliche Kurzfilme zum Thema Fußball gezeigt, so ein Streifen über Nöte türkischer Jungen in Deutschland mit ihrer Fußball-Loyalität zwischen zwei Ländern. Damit es aber nicht zu ernst wurde, mischte sich mit dem ehemaligen Fußball-Profi Frank Mill ein humorvoller Gesprächspartner unter das Publikum. Er hat reichlich Trinkhallen-Erfahrung. „Ich musste als Kind immer für meinen Vater Bier und Zigaretten holen und bekam oft Ärger, weil ich dafür so lange brauchte“, erzählte er augenzwinkernd. In aller Ruhe habe er aber erst einmal den „Sportbeobachter“ mit sämtlichen Spielergebnissen des Tages selbst studiert.
Auch drei junge Frauen zogen anschließend von dort weiter zur Trinkhalle an der Josefstraße, wo die vier Poeten Miedya Mahmoud, Bernard Hoffmeister, Michael Goehrke und Zwergriese abwechselnd vortrugen. Das Büdchen in Styrum ist seit 1950 im Eigentum der Familie Grefer. Erst vor kurzem übernahm Sabine Haase es wieder von ihrem Pächter. Sie scheut die Konkurrenz der Tankstellen nicht. „Hier zählt noch das Persönliche. Sie glauben gar nicht, was wir für das Zwischenmenschliche tun“, erzählte sie.
Anlaufstelle für die Nachbarschaft ist auch die Trinkhalle der Gebrüder Erkan und Eray Karatas an der Grenzstraße, wo am späten Nachmittag eine große Gruppe von Fahrradtouristen für Betrieb sorgte. Den verdankt das kleine Geschäft sonst den Besuchern von der Flaßhofstraße. „Deshalb haben wir am Wochenende immer bis drei Uhr früh geöffnet“, berichtete Erkan Karatas. „Auf dem Weg von Mülheim zum Kiosk am Ebertbad machte auch ein Pärchen hier Halt. „Am ersten Büdchen in Mülheim war so gute Stimmung. Da haben wir gedacht, gucken wir uns auch mal die anderen in der Nähe an“, sagte die junge Frau.