Oberhausen. . 20 Jahre Centro - zwei schwere Jahrzehnte für die Marktstraße in der Innenstadt, aber auch für die Stadtteilzentren in Sterkrade und Osterfeld.
- Die Marktstraße gilt nach wie vor als die zentrale Einkaufs-Achse in Alt-Oberhausen
- Nach der Centro-Eröffnung 1996 wanderten immer wieder wichtige Ankermieter ab
- Treue Kunden gibt’s hier immer noch, wie das Beispiel von Stefanie van Vugt zeigt
20 Jahre Centro – wie hat sich das auf die Marktstraße ausgewirkt? Eine bessere Ansprechpartnerin als Stefanie van Vugt (38) kann man sich zu diesem Thema kaum vorstellen. Die Oberhausenerin kennt die Marktstraße über viele Jahrzehnte. Sie war genau 18 Jahre jung, als das Centro eröffnete.
„Vor 20 Jahren sah das hier noch anders aus“, sagt sie, während sie in einem Bäckerei-Café Platz genommen hat und Sohn Lisandro im Kinderwagen schlummert. Ja, vor 20 Jahren: mehr Geschäfte, mehr Sortimente – „Es war einfach mehr los“, so die Oberhausenerin mit Blick auf die zentrale Einkaufs-Achse.
Neues Pflaster, neue Sitzbänke
Und dann legt sie richtig los: Die Marktstraße sei in den letzten 20 Jahre regelrecht kaputt gemacht worden, auch durch die Centro-Ansiedlung, meint sie. „Ich bin hier schon als kleines Kind rumgeflitzt. Hier muss endlich etwas geschehen!“ Ganz ähnlich sieht das Dino Baldissera, der ein Eiscafé an der Marktstraße hat und hier seit Juni 2012 präsent ist. Der neue Oberbürgermeister solle schnellstmöglich mehr tun für die Marktstraße. Neues Pflaster, neue Sitzbänke und dann natürlich mehr Geschäfte und dadurch mehr Publikumsandrang, fordert der Eisdielen-Betreiber, der hier das ganze Jahr über seine Speiseeis-Kreationen anbietet.
In der Tat: Auch im prallen Sommersonnenschein sind Zeichen des Niedergangs auf der Marktstraße unübersehbar. Immer wieder Leerstände, immer wieder der Hinweis. „Zu vermieten!“ Und an der Ecke zur Elsässer Straße verkündet das Schuhhaus Klauser an seiner geschlossenen Filiale eine Botschaft, die passgenau das Thema dieser Serienfolge trifft: „Bitte besuchen Sie uns künftig in unserer neuen Filiale im Centro.“ In der Tat: In den zurückliegenden beiden Jahrzehnten hat die Marktstraße immer wieder wichtige Ankermieter verloren, zuletzt den Kaufhof, wo Flächen bis zu 6000 qm auf neue Nutzer warten.
Dem Centro gebührt Gratulation
Das CityO.-Management hat es sich zur Aufgabe gemacht, positive Akzente zu setzen. Es wählt mit Blick auf 20 Jahre Centro wohl gesetzte Worte: „Auch die Medaille Strukturwandel hat in Oberhausen zwei Seiten“, sagt Philip Kirsch, Vorsitzender des CityO.-Managements. „Um Werte zu schaffen und zu erhalten, müssen beide Seiten der Medaille auf Hochglanz poliert werden: Centro und Zentren.“ Das eine tun und das andere nicht lassen, das sei die Herausforderung der nächsten zwanzig Jahre.
Dem Centro gebühre Gratulation. Es stehe für die Neue Mitte, für eine Erfolgsstory. Opfer hätten allerdings die Stadtteilzentren und besonders die Oberhausener Innenstadt mit der Marktstraße bringen müssen. Hier sei der Strukturwandel für Einzelhändler und Hauseigentümer zum Strukturbruch geworden. Durch unstrukturierte Genehmigungspolitik sei „ein über das gesamte Stadtgebiet verteilter Flickenteppich zentraler Versorgungsbereiche entstanden“. Ein Ende sei noch nicht abzusehen. Kirsch: „Vermisst wird ein fairer Standortwettbewerb für die Stadtteilzentren sowie Planungssicherheit für potentielle Investoren.“
Stefanie van Vugt wird ihrer Marktstraße auf jeden Fall die Treue halten, egal was noch kommt. „Ich bin froh, wenn mal ausführlich über die Marktstraße berichtet wird. Ich bin gern hier.“
20 Jahre Centro – wie sieht es in Sterkrade aus? Ein Interview
Robbie Schlagböhmer ist Vorsitzender der Sterkrader Interessengemeinschaft (STIG) und überzeugter Botschafter des Stadtteils.
Herr Schlagböhmer, wie sieht es aus Ihrer Sicht derzeit für die City von Sterkrade aus? Krise oder doch eher Hoffnung?
Robbie Schlagböhmer: Ich glaube, wir haben die Trendwende geschafft. Es werden wieder mehr Geschäfte in Sterkrade eröffnet als dass Geschäfte geschlossen werden. Zudem haben wir ja eine ganze Reihe von inhaber-geführten Fachgeschäften, deren Besitzer sich dem Stadtteil seit Generationen tief verbunden fühlen. Die Stadtteilbibliothek ist frisch saniert. Das Integrierte Handlungskonzept zur Innenstadterneuerung ist gut angelaufen. Ich glaube: Das sind alles in allem gute Aussichten für Sterkrade.
War die Centro-Ansiedlung 1996 ein tiefer Einschnitt?
Schlagböhmer: Für Sterkrade hatte das Centro nicht so gravierende Folgen wie etwa für Alt-Oberhausen, wo viele Ankermieter verloren gingen, zuletzt der Kaufhof. So etwas hatten wir in Sterkrade nicht. Zudem ist das Flächenwachstum in Einkaufszentren ja nicht das einzige Problem, vor dem der Handel steht.
. . .Sie meinen Internet und E-commerce.
Schlagböhmer: Ja. Immer mehr Kunden kaufen über das Internet ein. Die Umsatzzahlen im Netz steigen seit Jahren rasant an. Dieser Herausforderung müssen sich auch die kleineren, inhabergeführten Geschäfte stellen.
Ist die tiefe Verbundenheit der Oberhausener zu ihren Stadtbezirken nicht ein Pfund, auf das Sie setzen können?
Schlagböhmer: Ja, die Sterkrader und der gesamte Oberhausener Norden kaufen gern in Sterkrade ein. Das ist seit Generationen tief verwurzelt. Um das zu fördern, müssen wir aber weitere Schritte unternehmen. Die konsequente Aufwertung der Bahnhofstraße – mehr Grün, mehr Sitzgelegenheiten, schön gestrichene Altbaufassenden – zählt dazu. Auch wenn es immer wieder Rückschläge gibt wie zuletzt das vorläufige Insolvenzverfahren des Traditionsmodeshauses Lantermann – ich bin überzeugt. Wir werden in Sterkrade unsere Chance nutzen.
WEGO in Osterfeld sieht Stadtteil auf gutem Weg – Synergie-Effekte durchs Centro
Im Jahr 2017 erhält auch Osterfeld ein Stadtteilbüro – ein wichtiger Schritt, eine wichtige Förderung der Stadtteilaktivitäten, wie auch Hans-Georg Gosda von der Werbegemeinschaft Osterfeld (WEGO) unterstreicht. Das WEGO-Team sieht Osterfeld nach 20 Jahren Centro auf gutem Weg als Dienstleistungs- und Nahversorgungszentrum für die Menschen aus dem Stadtteil.
Es gebe sogar Synergie-Effekte nach der Centro-Ansiedlung: Menschen, die im Centro beschäftigt seien, würden nach Osterfeld ziehen und hier einkaufen und so den Einzelhandelsstandort Osterfeld stärken.
Osterfelder gingen gern zum Einkaufen „in die Stadt“ – und sie meinten damit die Gildenstraße und das Osterfelder Zentrum, sagt Hans-Georg Gosda. Darauf könne man aufbauen. Es gelte, die Aufenthaltsqualität in der Osterfelder Fußgängerzone zu steigern. Gerade inhaber-geführte Fachgeschäfte müssten erhalten und gefördert werden, weil sie dem Stadtteil Profil geben würden. Auch auf die Herausforderung des wachsenden Internet-Einkaufs müsse sich Osterfeld konsequent einstellen. Insofern sei die Centro-Ansiedlung längst akzeptiert. Gosda: „Ich habe das Centro lieber in Oberhausen als in Essen oder Duisburg.“