Oberhausen, . Oberhausener Bordellbesitzer wollen gegen die Erhöhung der Vergnügungssteuer klagen: Prostituierte außerhalb der Meile zahlten ja auch keine Steuern.

  • Vorwurf: Die Geschäfte an der Flaßhofstraße gehen zurück, dennoch will die Stadt mehr Geld
  • Vom Wirtschafter über den Hausmeister bis zur Putzfrau: Auf der Meile arbeiten viele Menschen
  • Die Nachbarstadt Essen erhebt keine Vergnügungssteuer auf Bordellbetriebe

Betreiber der Bordelle an der Flaßhofstraße werden gegen die Erhöhung der Vergnügungssteuer um fast 70 Prozent klagen. „Die Stadt will uns kaputt machen“, glauben sie. Einige Formalitäten müssten noch erledigt werden, so ein Betroffener. Dann werde man vor Gericht ziehen.

Zum Hintergrund: Oberhausen hatte Ende 2015 die Vergnügungssteuer von drei auf fünf Euro um beinahe 70 Prozent angehoben. Die Steuer wird monatlich pro angefangene zehn Quadratmeter Veranstaltungsfläche gezahlt. Diese Steuererhöhung aber auch die Tatsache, dass nachweislich (Inserate im Netz) weit über 100 Prostituierte, die außerhalb der Straße arbeiteten, keinerlei Steuern zahlten, empfinden die Geschäftsleute als ungerecht. An der Flaßhofstraße gebe es 200 Zimmer, von denen meist rund die Hälfte belegt seien. Somit prostituierten sich außerhalb der Flaßhofstraße wahrscheinlich mehr Frauen als darauf. Zu diesem Phänomen erklärt ein Stadtsprecher knapp: „Über die Anzahl dieser Frauen liegen der Verwaltung keine Erkenntnisse vor.“

Ein Hausbesitzer ist zudem überzeugt: „Eine 70-prozentige Steuererhöhung ist eine Bestrafung.“ Ein anderer Betroffener listet auf, dass eine Betreibergesellschaft für zwölf der 16 Häuser jeden Tag 7000 Euro einnehmen müsse, um plus-minus-null zu fahren. „Das sind 210.000 Euro im Monat, das müssen Sie erst mal schaffen“, verdeutlicht sein Kollege. Für die Vergnügungssteuer hätten sie bislang für die zwölf Häuser rund 12.000 Euro monatlich gezahlt, jetzt seien es 20.000 Euro.

Geschäfte rückläufig - Kosten enorm

Geld, das eingespart werden musste. An die Frauen hätten sie die Kosten nicht weitergeben können, denn die kämen irgendwann nicht mehr. Statt dessen traf es andere Mitarbeiter. „Wir hatten in den zwölf Häusern 20 Putzfrauen“, sagt ein Hausbetreiber über die Gebäude der Gesellschaft. Jetzt seien es nur noch fünf. Sieben Wirtschafter und einen Hausmeister habe er entlassen müssen. „Hier auf der Straße arbeiten neben den Frauen bestimmt 100 Menschen“, sagt ein Hausbesitzer. Dann sei da das Umfeld, das von der Flaßhofstraße profitiere. „Die Frauen hier, die haben doch alle keine Autos, die gehen an der Marktstraße einkaufen“, nennt er ein Beispiel.

Und: Sie zahlten schon jetzt einen Batzen Steuern. Bei der Gesellschaft mit dem Dutzend Häusern seien es jeden Monat 50 000 Euro ohne Gewerbesteuer. „Wir sind bestimmt einer der führenden Steuerzahler“, schätzt der Mann.

345 000 Euro Steuern für sexuelle Handlungen

Mitarbeiter der Verwaltung des Bereiches Finanzen argumentieren dagegen: Im Haushalt der Stadt seien dieses Jahr 345 000 Euro Steuern für sexuelle Handlungen angesetzt. Daran sei zu erkennen, dass „angebliche Steuerzahlungen eines Einzelnen von 50 000 Euro unwahrscheinlich“ seien. Der Betreiber der Häuser hält dem entgegen: „In den 50 000 Euro sind die Steuern für die Frauen und die Umsatzsteuer enthalten.“

Die Vergnügungssteuer ist eine kommunale Steuer und von jeder Stadt selbst zu erheben. In Gelsenkirchen beträgt sie 5,60 Euro, im benachbarten Duisburg 6,50 Euro. Essen verzichtet auf diese Steuer, weiß einer der Hausbesitzer. In seinem Haus in der Nachbarstadt könne er die Zimmer deshalb günstiger vermieten.

Ein Sprecher der Stadt Essen erklärt: „In Essen wurde noch nie eine Vergnügungssteuer für Bordelle erhoben.“ Der Rat habe sich in seiner Sitzung am 26. November 2014 mit einer Vorlage für die Einführung dieser Steuer befasst. Die Vorlage sei jedoch vom Rat der Stadt Essen abgesetzt und danach nicht mehr diskutiert worden. Zur Zeit seien keine Beschlüsse zur Einführung der Steuer bekannt.

Ungeschickte Steuerpolitik

In Oberhausen sagt Ordnungsdezernent Frank Motschull zu den Vorwürfen der Hausbetreiber: „Die Vergnügungssteuersatzung wurde nach mehreren Rechtsstreitigkeiten letztmalig vom Oberverwaltungsgericht NRW bestätigt.“ Insbesondere sei die Bemessungsgrundlage als rechtmäßig eingestuft worden. Auch sei ein steuerrechtlicher „Erdrosselungstatbestand“ in Hinblick auf die Höhe des Steuersatzes nicht festgestellt worden. Ob und in wieweit der Steuersatz als gefühlt zu hoch bewertet würde, unterliege nicht der Einschätzung der Stadtverwaltung. Ebenso nicht die sich daraus möglicherweise für das Gewerbe ergebenden Auswirkungen.

Einer der Betreiber versteht letztlich die Verwaltung nicht. „In anderen Städten wird zwar auch eine höhere Vergnügungssteuer gezahlt, aber diese Städte legen den Steuerzahlern bei der Steigerung der Attraktivität von Bordellen und Umfeld auch nicht nur Steine in den Weg.“ Wenn die Stadt sie da nicht so einschränkte, könnte man über höhere Steuern sprechen.

Die Hausbesitzer werfen der Stadt eine ungeschickte Steuerpolitik vor, erkennbar an der hohen Gewerbesteuer. Laut Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen liegt der Hebesatz der Gewerbesteuer in Oberhausen bei 550. Damit ist er der höchste der umliegenden Städte, Essen (480), Bottrop (490), Mülheim (520), Gelsenkirchen (480), Duisburg 520, Dortmund (485).