Oberhausen. Solwodi fordert Hilfe für Prostituierte an der Flaßhofstraße in Oberhausen. Frauen kommen großteils aus Rumänien. Runder Tisch eingerichtet.
Für die einen ist Prostitution Sexarbeit, bei der selbstbewusste, selbstständige Frauen in kurzer Zeit gut verdienen wollen. Seit 2002 ist Prostitution in diesem Sinne in Deutschland legalisiert. Sie gilt als freiberufliche Tätigkeit, für die man sich auch sozialversichern kann. Für andere wie Helga Tauch von der Organisation Solwodi stimmt etwas an diesem Bild nicht. Aus ihrer Sicht brauchen viele der Frauen an der Flaßhofstraße dringend Hilfe. Aber genau dabei hat Solwodi einen Rückschlag erlitten. Eine Teilzeitstelle für eine Sozialarbeiterin konnte nicht mehr finanziert werden.
Tauch hat das Oberhausener Rotlichtviertel fest im Blick. „Auch dort stammen die Frauen überwiegend aus Rumänien“, sagt die Sozialarbeiterin. „Viele von ihnen sprechen kein oder nur wenig Deutsch. Viele sind Analphabetinnen. Sie wissen teilweise gar nicht, in welcher Stadt sie sind.“ Außerhalb der Flaßhofstraße würden sie sich kaum auskennen.
Auch ihr Wissen über Verhütungsmethoden oder sexuell übertragbare Krankheiten sei eher bescheiden. Mit dem Bild von der modernen Sexarbeiterin habe das alles wenig zu tun. Und weil das so ist, besuchen Mitarbeiterinnen von Solwodi die Frauen an der Flaßhofstraße regelmäßig.
Zum Schutz der Frauen
Die Bundesregierung will Prostituierte künftig besser schützen. So haben sich die Parteien 2014 auf entsprechende Eckpunkte eines Gesetzes geeinigt.
Danach müssten sich Prostituierte alle zwei Jahre persönlich bei einer Behörde dafür anmelden. Frauen unter 21 Jahren sogar jährlich. Sie sollen sich regelmäßig medizinisch beraten lassen. Die entsprechenden Nachweise über beides sollen die Bordellbetreiber vorhalten.
Damit würden Kontrollen in Bordellen möglich. Besteht bei der Anmeldung der Verdacht, dass eine Zwangslage der Frau ausgenutzt wird, soll die Behörde einschreiten müssen.
Für Freier soll eine Kondompflicht eingeführt werden. Der Verstoß dagegen wäre eine Ordnungswidrigkeit.
Helga Tauch von Solwodi begrüßt diese Regelungen. „Damit werden die Frauen in der Durchsetzung ihrer Interessen gestärkt“, sagt sie.
Solwodi ist die Abkürzung für „Solidarity with Women in Distress“ (Solidarität mit Frauen in Not). Sie entstand vor 30 Jahren in Afrika. Gründerin war die Ordensschwester Lea Ackermann.
Sie begegnete damals Frauen und Mädchen in Kenia, die aus Armut ihre Körper verkauften. Seit 1987 ist Solwodi inzwischen auch in Deutschland tätig. Auch hier kümmert sich der Verein um Frauen, die Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sind, die zwangsverheiratet werden sollen oder aus solchen Ehen geflüchtet sind. In Oberhausen nehmen die Mitarbeiter von Solwodi regelmäßig Kontakt zu den Frauen in der Flaßhofstraße auf.
Sollten sie aber in eine Krisensituation geraten, will Solwodi ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. „Wir machen Beratung mit spezieller Ausrichtung auf Zuwanderinnen“, sagt Tauch. Dabei gehe es um Themen wie Gesundheit, das Aufenthaltsrecht in Deutschland, um Leistungsansprüche, aber auch um die Vermittlung von Schuldner- oder Schwangerschaftsberatung.
Dieses Engagement deckt auch der Runde Tisch zur Prostitution in Oberhausen. Ihn gibt es seit 2013. Dreimal im Jahr kommen dabei Vertreter verschiedener Organisationen zusammen. Das Gesundheitsamt ist dabei, die Organisation Pro Familia, das Diakonische Werk, Polizei und Ordnungsamt. Aber auch die Aids-Hilfe, das städtische Integrationszentrum, die Gleichstellungsstelle, Sozialamt und Jobcenter sitzen mit am Tisch. Nur die Bordellbetreiber nicht.
Neuerdings gehören auch Kommunalpolitiker dazu. Helga Tauch begrüßt das. „Es macht Sinn, schafft ein breiteres Feld für das Wissen darüber, was Prostitution bedeutet“, sagt sie.
Seitdem die Teilzeitstelle im Februar entfallen ist, setzt Solwodi als Ersatz Honorarkräfte ein, die allerdings aus Spendengeldern bezahlt werden müssen. „Bestrebungen, eine Anschlussfinanzierung mit Hilfe des Landes zu bekommen, haben sich leider zerschlagen“, berichtet Helga Tauch.
Stattdessen ist Britta Costecki, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, jetzt aber bemüht, eine eigenständige Finanzierung auf die Beine zu stellen.