Oberhausen. . 17 Jahre lang gehörte er im Centro dazu. In diesem Jahr nicht mehr. Abschlussfeier im Haus Union.

17 Jahre lang gehörte er im Centro dazu, der Talentsommer. Von April bis Oktober war im Brauhaus-Biergarten jeden Freitag, Samstag und Sonntag vom frühen Abend bis tief in die Nacht Stimmung. Gute und weniger gute Gesangskünstler de­monstrierten auf der Bühne zu Playback-Musik ihr Können und ließen die große Zahl der Besucher ihren Alltag vergessen. In diesem Jahr findet kein Talentsommer im Centro mehr statt.

Der Biergarten-Betreiber des Brauhauses Jacobi an der Promenade habe halt ein neues Konzept für das Gelände, berichtete Moderatorin Bärbel Malich.

Weil sie und Organisator Lothar von Berg das plötzliche Aus für unwürdig hielten, luden sie Freitagabend zu einer Abschlussveranstaltung ins Haus Union ein. Rund 200 Schlagerfans klatschten und tanzten im Saal des Hotel-Restaurants noch einmal zu den Vorträgen von 20 Sängerinnen und Sängern.

Merci Cherie

Da stimmte die Mülheimerin Amy Lynn das nachdenkliche „Merci Cherie“ von Udo Jürgens an, fragte Max Kurt im deftigen Vier-Viertel-Takt wie Roland Kaiser „Warum hast du nicht nein gesagt?“, ließ Sebastian Schattauer Johnny Logans Erfolg „Hold Me Now“ aufleben. Ihr überwiegend weibliches Publikum träumte dazu entweder verzückt oder ging temperamentvoll mit. Ein Paar tanzte zu Kurts vier Liedern Disco-Fox.

Sie und ihre Fans verbinden mit dem Talentsommer sehr schöne Erinnerungen. „Ich hab’ zuhause immer für mich gesungen“, berichtete Max Kurt. Eines Tages vor vier Jahren sei er mit seiner Frau im Centro gewesen. Sie hätten vor der Bühne gestanden. „Plötzlich wurde mein Name aufgerufen“, erinnerte sich der 69-jährige Hobbysänger. Seine Frau hatte das alles arrangiert.

Seitdem ist der Duisburger nicht nur Stammgast beim Talentsommer gewesen, sondern bringt - gegen Honorar - auch Hochzeitsgesellschaften und andere Familienfeiern in Stimmung. „Schade. Sehr viele bekannte Sänger sind hier groß geworden, Marco Kloss zum Beispiel oder Matthias Carras oder Peter Sebastian“, erklärte er zum Ende des Talentsommers.

Sebastian Schattauer kam vor elf Jahren zufällig am Biergarten vorbei. „Ich hab’ es einfach versucht“, erinnerte sich der 31-Jährige an seinen Sprung auf die dortige Bühne. Auch er ist heute mit Popmusik und Balladen nebenamtlich gut im Geschäft. Im Hauptberuf ist er Busfahrer. „Ich bin traurig“, sagte er zum Aus der Sommerreihe. Er habe dort sogar seine Frau kennengelernt.

Jedes Wochenende im Biergarten

„Es haben sich dort viele Paare gefunden“, bestätigte auch Lothar von Berg. Rita (61) zum Beispiel hat dabei ihren heutigen Freund kennengelernt. „Ich war im Centro in ei­nem Eiscafé“, erinnerte sie sich an das Jahr 2012. Da sei sie anschließend mal gucken gegangen, woher denn dort die Musik kam. „Ich war davon fasziniert, hauptsächlich von der Schlagermusik“, sagte sie am Samstag. Jedes Wochenende hat sie seitdem im Biergarten verbracht. „Es ist unser Wohnzimmer geworden“, erklärte sie. Da mache sie das Ende der Reihe sehr betroffen.

„Das versteht keiner, denn es war immer gut besucht“, sagte auch Ulla (63), die seit 16 Jahren zu den Stammgästen des Biergartens gehörte. „Jeden Freitag, Samstag und Sonntag von Anfang bis Ende“, erzählte sie. Die Stimmung sei einfach prächtig gewesen. Dafür hätten allein die Junggesellen-Abschiede gesorgt, die dort gefeiert wurden. „Wir waren wie eine Familie.“