Oberhausen. Peter Carp sieht den Theaterpreis als Anerkennung. „Die Anbindung an die Stadtgesellschaft ist, was wir uns vorgenommen hatten“.
Mit seiner gelungenen Inszenierung von „Barbaren“, dem selten gespielten Drama von Maxim Gorki als Ensemblestück, läutete Intendant Peter Carp den Theater-Frühling ein. Doch zuvor unterhielt er sich mit Gudrun Mattern über den bisherigen Spielzeit-Verlauf und plauderte auch ein wenig über seine Oberhausener Intendanten-Zeit und darüber, wie er mit dem Abschied umgeht.
Wie wirkt es sich aus, dass Sie nach Freiburg gehen werden?
Peter Carp: Es ist ganz merkwürdig. Wenn man weiß, dass man den Ort wechseln wird, fängt man an, mehr daran zu hängen, macht sich Gedanken darüber, wie sehr man Dinge und Menschen mag.
Sie planen zur Zeit Freiburg und Oberpausen parallel?
Carp: Freiburg ist ein Mehrsparten-Haus und das Musiktheater hat zur Zeit große Aufmerksamkeit, weil da die Planungszeiten längerfristiger sind als beim Schauspiel. Ja, ich bin öfter in Freiburg, aber Oberhausen leidet nicht darunter. Ich bin ohnehin ein Mensch, der gerne reist. Ich brauche Perspektivenwechsel, kann besser nachdenken, wenn ich an anderen Orten bin.
Wann erscheint das neue Spielzeitheft?
Carp: Das Heft ist nur die ästhetische Verpackung, das andere ist die inhaltliche Sache. Wir sind in der Planung schon ziemlich weit.
Wie zufrieden sind Sie mit der laufenden Spielzeit?
Carp: Ich finde, es läuft sehr schön. Interessante Regisseure mit unterschiedlichen Handschriften. Taxigeschichten ist eine Film-Theater-Geschichte, die viel erzählt über das Leben der Fremden in Deutschland. Wir haben eine sehr ungewöhnliche Lulu. Eine unglaublich tolle Tat von Otto Beatus, so toll transformiert für die sechsköpfige Band, ein musikalischer Genuss. Radikale, sinnliche Theaterarbeit, die ein bisschen an Woyzeck anknüpft. Ich freu’ mich auch, dass die Arbeit mit Frank Goosen weiter gegangen ist. Ich bin stolz, dass wir die erste Theaterarbeit von ihm hier aufführen durften. Und besonders freue ich mich, dass die partizipatorischen Dinge hier so gut funktionieren, das Treffen, bei dem es darum ging, sich die Zukunft vorzustellen. Dass so viele Leute gekommen sind und auch den Wunsch geäußert haben, die Treffen fortzusetzen. Gleichzeitig haben wir die Erzählungen der Schutzbefohlenen. Die Leute kommen. Die Bar war voll, ein Ort, wo das Theater in Kommunikation tritt mit der Bevölkerung.
Dafür gab’s den Preis.
Carp: Mit den 80.000 Euro Preisgeld können wir Dinge machen, die wir sonst nicht machen würden. Aber: Geld ist das eine, die Anerkennung das andere. Gewürdigt wird die Anbindung des Theaters an die Stadtgesellschaft, wie es sie beeinflusst. Das ist genau, was wir uns vorgenommen hatten, Avanciertes, aber kein Experten-Theater.
Was erwartet uns in der kommenden Spielzeit?
Carp: Natürlich werden wir nicht unseren Stil verändern. Es wird einen Schwerpunkt geben, musikalische Projekte, Uraufführungen. Wir machen Theater für die ganze Familie, denn wir wollen, das kann schon einmal verraten werden, die unendliche Geschichte aufführen, als Theater, das alle anspricht, unabhängig vom Weihnachtsstück.
Ist der knappe Etat des Theaters nun wirklich eine Herausforderung oder eher eine Sache, die entsetzlich nervt?
Carp: Natürlich ist es beides. Man macht trotz knappen Etats etwas, was die Leute verblüfft. Etwas Aufregendes. Aber es besteht die Gefahr, dass man sich im Mangel einrichtet. Man muss versuchen, die Bevölkerung zu motivieren, nach vorne zu schauen.
Kindervorstellungen an Vormittagen sind immer annäherend ausverkauft, aber die Schüler kommen nicht freiwillig. Wie sehen Sie den Besuch der jungen Zuschauer?
Carp: Sie haben mal das Theater von innen gesehen. Schlimm wäre, wenn sie dächten, Theater sei etwas, von dem sie ausgeschlossen sind. Der Besuch von Kindern und Jugendlichen ist allgemein nicht schlecht. Was ich mir wünschte, wäre, dass mehr Publikum auch die Theater anderer Ruhrgebietsstädte mehr nutzen würde. Es müsste viel mehr Austausch geben. Ich bleibe ja auch Sprecher der Ruhr-Bühnen, so lange ich noch hier bin.
Hatten Sie, bevor Sie nach Oberhausen kamen, eine Vorstellung davon, wie’s hier sein würde?
Carp: Nein. Ich hatte vorher kein Bild von Oberhausen. So festgelegt war meine Sicht nicht. Es hat was mit Energie zu tun, ob die Menschen bereit sind, auch merkwürdige Wege mit zu gehen. Bemerkenswert finde ich, dass die Politik die Kultur in Oberhausen so stark unterstützt. Das empfinde ich als Teil des sozialen Engagements, ein Kultur-Angebot auf hohem Niveau. Die Politik sorgt dafür, dass wir gute Kultur präsentieren, bezahlbar, oder besser: kein hochpreisiges Angebot.
Sind Premierenfeiern wichtig?
Carp: Man trifft sich auf Augenhöhe. Party machen die Leute woanders. Es wird viel diskutiert. Leute tauschen sich aus, sagen ihre Meinungen. An anderen Theatern ist’s viel schneller vorbei. Aber sich auszutauschen über das, was man gerade erlebt hat, ist wichtig. Theater ist ein kommunikativer Prozess.