Oberhausen. . Kreishandwerkschaft startet Initiative, um Flüchtlingen Praktika zu vermitteln.Weitere Betriebe wollen sich öffnen und beteiligen

Konzentriert hat Nazim Yusufi die Aufhängung des Wagens im Blick, der vor ihm aufgebockt ist. Seit zwei Wochen macht der junge Mann, der aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet ist, ein Praktikum beim Volkswagenhändler Paaßen. Er ist der erste, der durch eine Initiative der Kreishandwerkerschaft die Möglichkeit bekommt, neben der Schule den Alltag in einem Betrieb kennenzulernen. „Arbeit ist aus meiner Sicht ein äußerst wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Punkt bei der Integration“, sagt Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff. Darum sollen in Zukunft weitere Schüler des Käthe-Kollwitz-Kollegs Praktika absolvieren können.

„Die Wirtschaft muss sich der Verantwortung stellen und bei der Integration der Flüchtlinge helfen. Wir als Handwerker wollen dabei vorangehen“, nennt Klaus Paaßen, der Inhaber des Autohauses, seine Beweggründe dafür, bei dem Projekt mitzumachen. „In Kürze wird zudem ein weiterer Flüchtling hier einen Praktikumsplatz antreten können.“ Und auch weitere Betriebe hätten sich bereit erklärt, ihre Türen für Praktikanten zu öffnen.

Schwierigkeiten beim Versicherungsschutz

Während es von dieser Seite keine großen Probleme gab, wurde es an anderer Stelle kompliziert: Bischoff kann von Schwierigkeiten insbesondere in Fragen des Versicherungsschutzes berichten. Mit der Stadtverwaltung, der Agentur für Arbeit und dem Käthe-Kollwitz Berufskolleg konnten diese jedoch ausgeräumt werden. „Es wurde nun so geregelt, dass die Praktika in Form eines normalen Schülerpraktikums ablaufen. Der Betrieb und die Schule schließen einen Vertrag ab“, führt er aus.

Nazim selbst, der im August 2014 nach Deutschland kam, fühlt sich wohl in der Werkstatt – er ist froh, neben der Schule nun auch praktisch arbeiten zu können. „Es ist interessant, an den Autos zu werkeln“, spricht der junge Mann bereits im guten Deutsch. „Ich verstehe mehr, als dass ich selbst sprechen kann“, möchte er ein Lob für seine Sprachkenntnisse nicht komplett gelten lassen. Nazim, der über den Iran weiter nach Europa reiste, hat inzwischen in Oberhausen Anschluss gefunden. „Ich habe eine eigene Wohnung, habe Freunde, mit denen ich Deutsch spreche.“ Im Sommer möchte er den Hauptschulabschluss in der Tasche haben, seine Noten sind derzeit ausgesprochen gut.

Chance geben zum Anpacken

„Es ist egal, ob diese jungen Menschen für immer in Deutschland bleiben oder vielleicht irgendwann in ihre Heimatländer zurückkehren. Wir müssen ihnen die Chance geben, mit anzupacken und etwas zu lernen“, sieht Paaßen die Unternehmen in der Pflicht. Es dürfe nicht nur über Facharbeitermangel gesprochen werden. „Und wenn Menschen wie Nazim nach einiger Zeit unter veränderten Umständen in ihre Heimat zurückkehren, dann nehmen sie das Erlernte mit.“ Bei der Vorstellung, in einigen Jahren, eine Werkstatt in Kabul zu eröffnen, muss Nazim schmunzeln.