Oberhausen. Stop Being Poor: Ungewöhnliches Gastspiel der norwegischen Gruppe „by Proxy“ im Malersaal des Theaters Oberhausen.
Tote bleiben tot. Sie verbeugen sich nicht. Und sie wachen auch nicht auf, wenn Leute aus dem Publikum, denen das nicht passt, sie einfach hinter den Vorhang tragen: Die von einem Zuschauer schmunzelnd mit „konsequent“ kommentierte „Totsein-Darstellung“ der jungen Schauspielerin war nicht das einzige Ungewöhnliche am Gastspiel der norwegischen Gruppe „by Proxy“.
Schon beim Betreten des Malersaals war dem Publikum klar, dass dies kein Theaterabend wie jeder andere würde. Das Ensemble begrüßte seine Gäste an der Bar, schenkte Tee, Kaffee und Thunder (Donner) ein, ein Gebräu, das im Verlauf des Abends noch eine Rolle spielen sollte. Mit Getränken ausgestattet nahmen die Besucher ihre Plätze ein, die auf der Längsseite des Saals aufgebaut waren, wodurch eine große Aktionsfläche entstanden war. Wer mochte, durfte mit Klötzchen bauen, die über ein Förderband paarweise ununterbrochen aufs Spielfeld plumpsten. Erst als viele verschiedene Türmchen standen, ging’s richtig los. Vorhang auf für die modernen Ausbeutungsmethoden von Konzernen und die Bereitschaft ihrer Mitarbeiter, sie zu ertragen.
Die Botschaft: Armut ist ein finanzielles Tief, heilbar durch Geld. Also an die Arbeit! Die Frustration, die du empfindest, ist deine eigene Kreation. Lächele ständig, sei effizient, kundenfreundlich, perfekt, flexibel, stets erreichbar, überwachbar, klug, liebenswürdig, glücklich, tolerant. Depression ist für Versager, wer nicht funktioniert, fliegt raus.
Klötzchenbau symbolisierte den Arbeitsprozess
Sie drehten sich im Hamsterrad, übertrafen sich im Funktionieren gegenseitig. Der Klötzchenbau symbolisierte den Arbeitsprozess. Sie machten das sehr perfekt mit gekonnter Mimik und Körpersprache, mit sich wiederholenden Szenen wie dem Morgenritual und einem kräftigen Schuss Komik.
Dann die Wende. Dem Funktionieren auf der Arbeit folgte das grenzenlose Ausleben in der Freizeit, dargestellt als von „Thunder-Runden“ an der Bar inspiriertes, sich steigerndes Ausrasten mit verrückten Klamotten, Fress- und Sauforgien. Das Förderband lieferte dazu die passenden Utensilien an, Kleidungsstücke, Chips- und Flips-Tüten zum Ausschütten, jede Menge Stofftiere. Die Akteure verbreiteten ein wildes Chaos. Die Konsequenz: Eine überlebte den Trip nicht, kam nicht mehr runter, wurde verrückt, starb in der Zwangsjacke. Die anderen schafften’s zurück ins Hamsterrad. Für die Zuschauer öffneten sie erneut die Bar. Das Spektakel endete wie es begann – kundenfreundlich.
Mit „Stop Being Poor“ haben „by Proxy“ verdient einen Preis gewonnen, arbeiten bereits an einer neuen Produktion. Die wird in der nächsten Spielzeit auch in Oberhausen gezeigt. Man kann sich darauf freuen.