Oberhausen. Im Gasometer schwebt ein Ballon von 20 Metern Durchmesser. Ausgefeilte Projektionstechnik zeigt vom 11. März an die Erde in DLR-Originalaufnahmen.
Gemächlich gewinnt der weiße Ballon an Höhe. Gleichzeitig runden sich auch die Stoffbahnen, glättet sich die „Beule“ am Südpol: Eine Schneekugel schwebt im Gasometer. Wenn in acht Wochen die Ausstellung „Wunder der Natur“ in Europas höchster Ausstellungshalle eröffnet, ist die mit Luft gefüllte und mit Technik bestückte Stoffkugel die Projektionsfläche für unseren blauen Planeten, bespielt mit Originalaufnahmen aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen.
„Der Mond war größer“, weiß Robert Meyknecht: Mit 25 Metern Durchmesser statt nun 20 schwebte er während der „Sternstunden“, der Ausstellung zum Kulturhauptstadtjahr 2010. Auch Christos „Big Air Package“ hatte Meyknechts Firma „Geo – die Luftwerker“ möglich gemacht. Er kennt also genau die Gasometer-typischen Herausforderungen durch schwankende Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und die spezielle Thermik der 117,5 Meter hohen Tonne mit ihren 68 Metern Durchmesser.
Ziemlich verschwenderisch
Den weißen Stoff für die Erde ließen die Luftwerker eigens für dieses Projekt entwickeln – und innen schwarz beschichten. Genäht aus 44 Stoffbahnen, vom Nord- zum Südpol jeweils aus einem Stück, damit keine Quernähte stören. „Wir waren ziemlich verschwenderisch mit dem Stoff“, sagt Robert Meyknecht. Ein Gebläse am Nordpol hält den Innendruck des – noch – weißen Planeten bei 100 Pascal.
Alles, damit die Projektionen perfekt werden. Die zehn Medientechniker von „Intermediate Engineering“ können die Sache selbstbewusst angehen: Ihre Projektionen für „320 Grad Licht“ war bis zum Herbst ein bezaubernder Publikumserfolg. „Dafür haben wir mit 20 Projektionen gearbeitet“, erklärt Heiko Wandrey, „jetzt sind es zwölf“. Je zwei richten sich auf die Pole, acht umringen den Äquator.
Um die gewaltigen Bilddateien der DLR-Himmelsbeobachter verzerrungsfrei, bewegt und gleichmäßig hell auf die weiße Kugel zu bringen, entwickelten die Hamburger ein automatisches Kalibrierungssystem, das perfekt nachsteuert.
Wechsel der Jahreszeiten
Und wenn sich das Gasometer-Publikum in etwas wärmeren Zeiten entspannt auf den Luftkissen der Manege niederlässt, müssen sie auch nicht unentwegt auf die Antarktis blicken: In jeweils 15 Minuten spielen die Projektionen nicht nur den Wechsel der Jahreszeiten durch, sondern lassen auch Äquator und Pole über die Kugel wandern. „Wir sind schnell“, meint vergnügt Jeanette Schmitz. Für die Fotodaten aus dem All, erklärt die Geschäftsführerin des Gasometers, „waren die DLR-Rechner 30 Tage für uns im Einsatz“.
Und dieser nahezu authentische Astronautenblick auf den blauen Planeten ist ja nur eine Hälfte der „Wunder“Schau. Vom 11. März bis zum Jahresende werden die besten Tierfotografen von James Balog bis Solvin Zankl das Leben auf Erden in 150 großen Bildern vorstellen.
Kommentar: Authentisch statt Anschein
Soviel muss gesagt sein: Bei der letzten Gasometer-Ausstellung „Der schöne Schein“ war’s mir zuviel Schein, um schön zu sein: Reproduktionen von großer Kunst aller Epochen in Einheits-Vergrößerungen halten den Originalen nicht stand. Da war zu viel Beliebigkeit.
Das Konzept für „Wunder der Natur“ scheint ungleich tragfähiger: Die brillanten Bilder der besten Naturfotografen nehmen in der Vergrößerung ja keinen Schaden – im Gegenteil. Da gibt es bestimmt viel Staunenswertes zu entdecken, dafür bürgen schon die aus Hochglanz-Zeitschriften und von Bildbänden bekannten Namen.
Dazu die 20-Meter-Kugel: Sie gewährt uns Irdischen den noch immer exklusiven Blick aus der Astro- und Kosmonauten-Perspektive. Noch jeder, der den blauen Planeten zart umhüllt von seiner dünnen Atmosphäre im All schweben sah, erkannte die Zerbrechlichkeit unserer Biosphäre. Zudem ist das Bild der Erde, wie wir es von März an sehen können, authentisch: ein Anschauungsobjekt für alle, denen ihr Heimatplanet kostbar ist.