Oberhausen. Klaus Danzeglocke dirigiert im Eigenheim 50 Stimmen und Musiker für Bachs Weihnachtsoratorium. Der Pfarrer unterrichtet angehende Kirchenmusiker.
„Jauchzet! Frohlocket! Auf, preiset die Tage!“ Die Kesselpauken hatte Klaus Danzeglocke in seinem Wohnmobil angeliefert, damit sie den Platz des Esstisches einnehmen konnten. Streicher und Bläser brachten ihre Instrumente mit – und rückten genügsam enger zusammen, als es sonst im Orchester üblich ist. Drei Sopranistinnen beschieden sich als Sitzbank mit dem Rand des gemauerten offenen Kamins: So war Platz in der Doppelhaushälfte für den großen Gesang vom Kind in der Krippe.
Alte Musik auch für junge Leute
Für einen beseelten Adventsabend dirigierte der 71-jährige Pfarrer im Ruhestand eine „Hausmusik“ in XXXL: die erste Hälfte von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, von der Geburt Christi bis zur Anbetung durch die Hirten. Den zweiten Teil mit den Weisen aus dem Morgenland – „Dein Glanz all Finsternis verzehrt“ – will sich das Wohnzimmer-Ensemble für die ersten Januartage 2017 vornehmen. Bei insgesamt 50 Musikern, Sängerinnen und Sängern musste der Dirigent allerdings ein strenges Verbot aussprechen: Publikum durfte niemand mitbringen – auch nicht den Ehepartner. Als Zuschauerrang hätte im Buschhausener Zuhause der Danzeglockes allenfalls die schmale Wendeltreppe für wenige Privilegierte getaugt.
Klar, es waren lauter passionierte und praktizierende Liebhaber alter Musik – denn Bachs vor 280 Jahren uraufgeführtes Werk verlangt nach erfahrenen Stimmen und Instrumentalisten. Aber Klaus Danzeglocke ist gut vernetzt. Als ehrenamtlicher Dirigent des großen Dinslakener Bach-Chors hatte er „bestimmt 30 mal Oratorien aufgeführt“. Und beredt überzeugte er auch die Profi-Musiker seines Heim-Ensembles, auf eine Gage zu verzichten.
Die Freude an Musik
Keine Plakate, kein Eintritt, keine Rezension – hier zählte ganz ausschließlich die Freude an der Musik. Wer nach aller Kunst gesetzte Tonfolgen eher (mit Wilhelm Busch) als „Geräusch“ empfindet, den hatte Klaus Danzeglocke mit dem berühmten Zitat brieflich vorgewarnt. Aber die Nachbarn waren so nett, seinen Wohnzimmermöbeln und dem Teppich in ihrer Garage für einen Abend eine Herberge zu bieten.
Die Tochter als Studentenpfarrerin hatte beim Vater die Begeisterung gezündet: Im Internet bewunderte sie klassische Hauskonzerte in Studenten-WGs, ebenfalls in erstaunlich großer Besetzung. Klaus Danzeglocke, selbst nach wie vor aktiv als Dozent an der Musikhochschule in Detmold, war inspiriert. Seit Ostern hatte er sein Ensemble zusammengestellt – „den Kontrabassisten hatte ich eine Woche vorher angesprochen“.
Der Pfarrer als Musiker – das gehört für Klaus Danzeglocke unbedingt zusammen. In Detmold vermittelt er angehenden Kirchenmusikern die kirchlich-theologischen Grundlagen, unterrichtet Liturgik, Hymnologie und das Gemeindesingen. Während seines letzten Berufsjahrzehnts als Pfarrer war der Buschhausener zuständig für die Gottesdienstberatung in der Landeskirche – und war viel unterwegs: „Unser neues Gottesdienstbuch Agende musste in rheinischen Landen vorgestellt werden.“
Ein freudigerer Umgang mit der Musik – vom Singen im Kindergarten bis zu den großen Aufführungen der Passions- und Weihnachtszeit: Das zählt zu den großen Anliegen des Liebhabers von Bach und Brahms. „Neues heißt nicht unbedingt mit Schlagzeug. Neues kann auch Altes sein.“ So wie die alte Musik in Hauskonzerten – das können nicht nur junge Studenten.