Oberhausen. . Vom Bauernhof zog Robin Horsch in ein Jugendstilhaus der alten Mitte. „Künstler sind Pioniere“. Er glaubt an einen Aufschwung seines Quartiers.

Vor sieben Jahren genoss seine Kunst internationale Fernseh-Präsenz. Robin Horsch erzählt’s ganz nebenbei: Als im Herbst 2008 der Boss der kollabierenden Investmentbank Lehman Brothers in New York seine letzten Interviews gab, erkannte der Bildhauer im Hintergrund des Büros eine seiner markanten Skulpturen. Spektakuläre Konkursmasse sind die überdehnten, stilisierten Figuren aus Eichenholz oder Bronzeguss in den seltensten Fällen.

Der kanadische Galerist des 52-jährigen Neu-Oberhauseners bestückt auch die „Art Hamptons“, die Kunstmesse auf Long Island. „Es gibt Skulpturen von mir in einigen namhaften amerikanischen Familien“, sagt Robin Horsch zurückhaltend. Früher entstanden diese mit der Kettensäge geformten und farbig gefassten Werke auf einem alten Bauernhof des Ruhrtals, nahe der Essener/Mülheimer Stadtgrenze. Seit dem vorigen Jahr entdeckt die Familie Horsch das Großstadtleben neu – in einem großen, äußerlich fast unscheinbaren Jugendstilhaus mitten in Alt-Oberhausen.

Im Haus war immer Kultur

Der Künstler besitzt Bauzeichnungen, in denen noch der komplette Fassadenschmuck gestochen klar zu sehen ist. „In diesem Haus war immer Kultur“, weiß der neue Eigentümer. So soll es wieder werden, wenn die Familie sich erst eingelebt hat. Für Hauskonzerte mit alter Musik, wie Robin und Mirjam Horsch sie lieben, gäbe es hier gleich mehrere atmosphärische Schauplätze: vom weiten Gewölbe des Kellers über die Wohnräume bis zum Garten, bestück mit eigenen Bronzen, die sich in einem Wasserbecken spiegeln.

Dennoch sagt Robin Horsch: „Wir wären nie auf die Idee gekommen, nach Oberhausen zu ziehen.“ Den gemieteten Hof hatten – ausgerechnet – Oberhausener gekauft, um selbst dort zu wohnen. Vergeblich suchten die Eheleute für sich und ihre Tochter ein neues Zuhause in Mülheim an der Ruhr. Ein Freund gab ihnen den Tipp in Oberhausens alter Mitte: „Frau und Tochter wollten erst gar nicht mitfahren“, erzählt der Maler und Bildhauer. „Und auf dem Rückweg waren sie schon beim Einrichten ihrer Zimmer.“

Kulturleben vor der Haustür

Den im Bergischen Land aufgewachsenen Künstler, zunächst gegen seinen Willen aufgebrochen aus ländlicher Idylle, fasziniert das Kulturleben direkt vor der Haustür: Ob Theater, Ebertbad oder Gdanska – alles ist nur einen kurzen Spaziergang entfernt.

„Von außen sieht man das nicht“, meint Robin Horsch, „aber hier ist ein ganz angenehmes Wohnen“. Die Innenstadt sieht er durchaus nicht auf dem Weg nach unten. „Künstler sind Pioniere“ – sie seien in der Lage, einem Quartier aufzuhelfen. „Das kann auch im positiven Sinne kippen,“ meint Robin Horsch. „Dieses Urbane gefällt uns gut.“

Der Bogenschütze signiert Robin H.

Auch in ihrem zweiten Oberhausener Jahr sieht der 52-Jährige sich und die seinen noch als Stadt-Entdecker. „In Mülheim haben wir nur gewohnt, nie mitgemischt.“ Er sei halt „kein Künstlergruppen-Mensch“. Als Maler und Bildhauer glaubt er, dass die Arbeit mit Holz, Stein oder Metall kollegial am besten verbindet: „Bildhauer wissen, wir haben richtig geschuftet.“

Sein Ausgleichssport – neben dem Wechsel zwischen den künstlerischen Disziplinen – ist das Bogenschießen, am liebsten in freier Natur. Für den Rheinländer aus dem bergischen Schiefer- und Fachwerk-Städtchen Wermelskirchen darf so ein Bogenschützen-Parcours ruhig über 400 Höhenmeter führen. In die Starterliste trägt er sich übrigens immer als „Robin H.“ ein.

„Verwerfen und mutig wieder anfangen“

Den allzu vordergründigen Vergleich bringt Robin Horsch selbst zur Sprache. Aber er lässt sich bei dem Satz „manchmal kommt der Giacometti-Spruch“anhören, dass er diese Nähe seiner Skulpturen zu den über-zarten Werken des berühmten Schweizers nicht sieht. Und Robin Horsch betont: „Giacometti schuf Plastiken, keine Skulpturen.“ Seine Unikate waren Gipsformen für den Bronzeguss.

Der Oberhausener aber arbeitet bevorzugt mit Eichenholz, gerne auch mit Fundstücken, die bereits eine bestimmte Form vorgeben. Für die so zart wirkenden Konturen der Holz-Körper – die ähnlich rank auch schon etruskische oder manche afrikanische Kunst prägten – benutzt Robin Horsch die Motorsäge.

Das sei womöglich die häufigste Frage von Besuchern seiner Ausstellungen: „Wie kann man so filigran mit der Kettensäge arbeiten?“

Unfall beim Sägen

Es kann auch schiefgehen. Ein Porträtfoto in seinem Katalogbuch „Horschfiguren“ zeigt den Bildhauer mit einem Pflaster an der Schläfe. Nach diesem Unfall vor elf Jahren hatte er sich ein Jahr „Sägepause“ verordnet. – Schließlich ist da auch der Maler Robin Horsch, der nicht nur seine Skulpturen farbig fasst, flämmt oder bürstet, sondern auch an der Staffelei arbeitet.

Manche Werke auf Leinwand sind Material-Collagen; manche Gemälde scheinen die Skulpturen des Bildhauers zu zitieren. Doch anders als bei den Vorgaben, die ihm die Wuchsformen des Eichen- , seltener Pappelholzes auferlegen, ist der Maler an der Staffelei freier: „Ein Thema gibt es so gut wie nie.“ Der 52-Jährige lässt seine Arme ein imaginäres Gemälde umreißen: „Es entwickelt sich komplett aus den Farben und Formen.“ Etliche Übermalungen inbegriffen. Robin Horsch nennt es „verwerfen und mutig wieder anfangen“.