Oberhausen. Falsche Medikamente, schlechte Hygiene und Wartezeiten verärgern Patienten. AOK Duisburg/Oberhausen sucht in solchen Fällen das persönliche Gespräch.

Trotz einer Allergie erhielt eine Oberhausenerin (62) Penizillin, eine verordnete Therapie dagegen bekam sie gar nicht. Entlassen wurde sie nach Tagen, obwohl sich der Zustand der Herz- und Lungenpatientin kaum verbessert hatte. Ein Einzelfall? Kaum. Im Krankenhausreport 2014 geht die AOK bundesweit gar von geschätzten 19.000 Todesfällen durch Behandlungsfehler in Kliniken aus – fünf Mal so viele wie im Straßenverkehr. Wie ist die Situation vor Ort?

Telefonische Bereitschaft

„Ja, es gibt auch Beschwerden über die Behandlung in Oberhausener Krankenhäusern, Todesfälle sind mir aber zum Glück nicht bekannt“, sagt Thomas Meertz, AOK Regionaldirektor Duisburg/Oberhausen. Gut 55.000 Versicherte vertritt die AOK allein in Oberhausen. Für 16.500 Krankenhausaufenthalte in unserer Stadt übernahm die Kasse im Jahr 2014 die Kosten – und kommt damit in den örtlichen Kliniken auf einen Marktanteil von 33 Prozent.

In diesem Jahr landeten 32 Beschwerden auf dem Schreibtisch von Thomas Meertz, knapp 15 davon kamen aus Oberhausen. Der Regionaldirektor hat das Beschwerdemanagement zur Chefsache erklärt. Er weiß: „Nicht jeder, der sich falsch behandelt fühlt, meldet sich bei uns – es gibt eine Dunkelziffer.“ Die offizielle Fallzahl beruhige ihn aber trotzdem. „Die ist angesichts der tatsächlichen Behandlungen zum Glück gering.“

Alle Häuser gleichermaßen betroffen

Meertz geht jedem Fall nach: „Es sind da alle Häuser in Oberhausen gleichermaßen betroffen“. Er setze sich stets mit den jeweiligen Geschäftsführungen zusammen. „Ich habe auch schon Patienten zu Gesprächsterminen mit ihren behandelnden Ärzten begleitet.“ Die Resonanz aus den Häusern sei meist positiv. „In einigen Abteilungen wurden etwa Abläufe verändert, weil auffiel, dass die Wartezeiten viel zu lang waren.“ Wartezeiten, das Gefühl, schlecht behandelt worden zu sein, schlechte Hygiene – das seien in diesem Jahr die Hauptkritikpunkte gewesen.

„Es ist wichtig, die Beschwerden ernst zu nehmen und Fehlerquellen möglichst im Vorfeld zu vermeiden“, betont Corinna Saccaro für die Helios St. Elisabeth Klinik. „Um eine falsche Medikamentengabe zu verhindern, wird bei uns bei der Aufnahme etwa eine Allergie stets im Aufnahmebogen notiert.“ Ein Allergie-Pass werde kopiert und in die Krankenakte gelegt. Was die Hygiene betreffe: „Jeder Patient wird bei einer Neuaufnahme in das Zimmer begleitet, fällt dabei etwas auf, wird erneut gereinigt.“ Außerdem gebe es eine telefonische Bereitschaft des Reinigungsdienstes.

Auch kleinen Hinweisen nachgehen 

Auch verschriebene Therapien würden in die Krankenakte aufgenommen. Manchmal erfolge diese dann, ohne dass ein Patient sie als solche erkenne. „Zum Beispiel bei einer Mobilisierung nach einer Operation – manche halten das nur für eine Alltags-Hilfestellung.“

Ein gutes Beschwerdemanagement liege dem EKO am Herzen, bestätigt Martin Große-Kracht, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen. „Wir haben dabei den Luftverkehr als Vorbild.“ Soll heißen: „Wir gehen jedem auch noch so kleinen Hinweis nach.“ Tauchen mehrere Beschwerden zu bestimmten Punkten auf, „prüfen wir sofort, ob es sich um ein Problem im System handeln könnte“. Es gebe im Haus ein Qualitätsmanagement, an das sich Patienten jederzeit wenden könnten. „Zusätzlich bauen wir auf eine anonyme Fehlermeldung durch Ärzte und Fachpersonal.“

Vom Katholischen Klinikum Oberhausen erhielten wir zu diesem Thema bislang keine Stellungnahme.

Medizinischer Dienst fertigt Gutachten an

Hat ein Patient den Verdacht, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, kann er seine Krankenkasse um Unterstützung bitten. Die schaltet dann auch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Bitte um ein Erstgutachten ein. Im Jahr 2014 war das bundesweit 14 663 Mal der Fall. 4282 Fälle wurden nachweislich als Fehler anerkannt. Im Vergleich zum Vorjahr ist nach den Zahlen des MDK der Anteil der Fehler, bei denen ein Zusammenhang zwischen Beschwerden und Behandlung festgestellt werden konnte, leicht angestiegen. (20,3% in 2014 gegenüber 17,4% in 2013).

Thomas Meertz (AOK) weist darauf hin: „Bei uns kümmert sich ein Spezialistenteam nur um das Thema Behandlungsfehler, auch eine juristische Begleitung ist möglich.“

Wer wissen möchte, wie die Oberhausener Krankenhäuser im bundesweiten Vergleich genau abschneiden, kann sich unter der Internetadresse weisse-liste.de informieren. In diesen Wegweiser durchs Gesundheitswesen (Bertelsmann-Stiftung) fließen Patientenbewertungen ein. Hier nur so viel: Alle Häuser erhielten Weiterempfehlungen zwischen 70 und 79 Prozent – und liegen damit unter dem Bundesdurchschnitt von 82 Prozent.