Oberhausen. . Von „Kohls Mädchen“ zur mächtigen Weltpolitikerin: Angela Merkel ist seit zehn Jahren Bundeskanzlerin. Mitglieder des Leserbeirats loben Disziplin und Ausdauer.
Von „Kohls Mädchen“ zur mächtigen Weltpolitikerin: Angela Merkel ist seit zehn Jahren Bundeskanzlerin. Über Parteigrenzen hinaus anerkannt, genießt sie – trotz in letzer Zeit sinkender Umfragewerte – ein enorm hohes Ansehen. Äußerste Disziplin und Ausdauer spricht ihr niemand ab. Die WAZ bat Mitglieder des Leserbeirats um spontane Stellungnahmen zu Merkels Amtsjubiläum.
„Sie ist ein Phänomen. Alle bewundern sie als Frau, die sich in einer Männerdomäne behauptet hat. Ihr Ansehen ist besser als das der CDU“, sagt Rita Angenendt. „Dass es jetzt wegen der Flüchtlingspolitik abwärts geht, ist verständlich.“ Mit dem Kanzlerinnen-Willkommensruf spricht sie eine Entscheidung an, die auch andere Leserbeirats-Mitglieder für falsch halten. „Anhänger wenden sich von ihr ab und das hat sie sich selbst zuzuschreiben“, sagt Wolfgang Stahlke. „Nicht mit den anderen europäischen Partnern abgestimmt“, sagt Reinhard Ziemer, sei ihre Haltung. Eine Entscheidung, die sie aus dem Bauch heraus getroffen habe. Das gelte auch für den Ausstieg aus der Atomenergie: „Nicht mit der Wirtschaft abgestimmt, damit hat sie die Energieunternehmen an den Rand des Ruins gebracht.“
Trotz Kritik ist Wolfgang Stahlke wie auch andere Leserbeiräte sicher: „Andere hätten es nicht besser gemacht. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden.“ Dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer trotz gegenteiliger Aussagen im Wahlkampf sofort nach Merkels Amtsübernahme kam, wundert Stahlke eher weniger: „Wortbruch nach Wahlen ist allgemein üblich.“
Ausstieg aus Atomenergie war "längst überfällig"
Weiter so oder Kanzlerwechsel? „Ich denke, sie weiß selbst noch nicht, ob sie weitermachen will“, sagt Reiner Bartel. „Sie muss Sachentscheidungen treffen, ohne darauf zu achten, wie es mit ihr persönlich weitergehen wird“. Eine gewisse „Alternativlosigkeit“ bei einer Kandidatenwahl für die nächste Kanzlerschaft spricht Bartel auch an. „Die Weltlage ist sehr kompliziert, ich habe den Eindruck, dass es die ganz großen Persönlichkeiten nicht mehr gibt.“
Wie steht’s mit dem Frauenbild, das Merkel verkörpert? „Äußerlich nicht unbedingt eine Sympathieträgerin“, sagt Andrea Janiak. „Was ich an ihr bewundere ist, dass sie es schafft, ihr Privatleben aus dem Geschäft rauszuhalten.“ Auch ihr erscheint Merkels Kanzlerschaft als „im Moment konkurrenzlos“ und sie glaubt, „dass Merkel noch einmal Bock hat auf eine weitere Amtszeit“.
„Sie wird immer besser“, sagt Christel Dickhoff im Gegensatz zu den anderen Befragten und meint die Flüchtlingspolitik und den Ausstieg aus der Atomenergie, der „längst überfällig“ gewesen sei und „noch nicht konsequent genug“ vollzogen werde. Merkel habe sich als Frau durchgesetzt, allerdings fehle zuweilen das Taktgefühl.„Ich kann mir niemanden vorstellen, der dominanter ist. Sie hat sich auch gegen Kollegen durchgesetzt.“ Konkurrenz ausgeräumt? „Wulff war nicht der Einzige.“