Oberhausen. . Michael Hövelmann zog vor 13 Jahren in die Siedlung an der Gustavstraße und belebte dort ein altes Ruhrpott-Hobby: Die Taubenzucht.
Michael Hövelmann ist ein bisschen unruhig. Ständig steht er auf, läuft durch seinen Garten, schaut in den Himmel. An seinem Taubenschlag hält er inne. „Mir fehlen noch ein paar Tiere“, sagt er. Bei einem Ausflug wurde seine Gruppe Jungtauben von einem Sperberweibchen erwischt. „Es hat sich keine Taube geschnappt, aber sie haben sich natürlich alle erschreckt und sind wie wild weggeflogen“, sagt der 46-Jährige. „Ich hoffe, dass sie noch nach Hause finden.“
Michael Hövelmann und die Tauben, es ist eine lange Liebesgeschichte. Schon als Kind ist er mit seinem Vater immer in dessen Taubenschlag gegangen. „Tauben zu haben gehörte damals einfach dazu“, erinnert er sich.
Als der gelernte Maurer vor 13 Jahren in die Siedlung an der Gustavstraße zog, ließ er das alte Hobby wieder aufleben. Aus dem verwilderten Garten machte er ein Vogelparadies. Direkt hinter dem Eingang warten 40 rot-schwarze und kobaltfarbene Kanarienvögel, hinten steht der Taubenschlag – teilweise selbstgebaut – mit 40 Jung- und 26 Alttauben. Statt Lärm vom nahen Bero-Center hört man nur Guru-Guru und leises Zwitschern. Leben in der Gu(ru)stavstraße.
Der Umgang mit den Tieren steht im Fokus
Hövelmann nennt es seine grüne Oase – und es stimmt: Bäume, Wiese, Hecke, sogar der Bambus wächst wild vor sich hin. Bei einem Nachbarn kräht ein Hahn, ein weiterer züchtet Bienen. „Ein Freund, der auch Taubenzüchter ist, hat mir mal den Rat gegeben: ,Leg’ dich nie mit den Nachbarn an!’ Das befolge ich – so wie es hier ist, ist es optimal“, sagt Hövelmann. Ärger wegen der Tauben, die es sich schon mal auf dem Dach nebenan bequem machen, gibt es nicht. Im Gegenteil: Seine Nachbarn – er nennt sie Klaus und Jürgen – mögen das traditionelle Ruhrpott-Hobby. „Sie finden es gut, dass ich die Tauben hier habe. Das gibt so einer alten Siedlung ja auch das richtige Flair“, sagt Hövelmann.
Der 46-Jährige folgt mit seinem Hobby der Familientradition. Auch sein Großvater, den der Oberhausener selbst gar nicht mehr kannte, habe Tauben gezüchtet. Er gab die Vogelliebe an seinen Sohn und der wiederum an seinen Sohn, an Michael Hövelmann, weiter. Der hat noch die Worte seiner Großmutter im Ohr: „Ihr mit euren Tauben. Der Oppa hat wenigstens Preise gewonnen.“ Bei dem Gedanken muss Hövelmann schmunzeln. Die Taubenzucht hat ihn ein Leben lang begleitet, der verbissene Wettkämpfer ist er aber nie geworden. Zwar schickt er in der Reisevereinigung Mittleres Ruhrgebiet wieder Tiere auf Touren über 500 Kilometer und hat mit seinen Kanarienvögel sogar schon Preise gewonnen, im Fokus steht für ihn aber etwas anderes: der Umgang mit den Tieren.
Tierliebe an die Tochter vererbt
„Ich bin einfach gerne im Taubenschlag, suche den Kontakt“, sagt er. Längst sind die älteren Tiere zahm. „Komm her, Schatz, komm“, säuselt der Taubenvater und prompt setzt sich der gefiederte Schatz auf seinen Finger. Hövelmann strahlt zufrieden. „Sie sehen vielleicht gleich aus, aber nicht alle Tauben haben auch was im Kopf“, sagt Hövelmann. Die Tierliebe hat er auch an seine Tochter (10) vererbt – „nur mit Geflügel hat sie es nicht so“. Eher mit Hund und Kaninchen.
Der 46-Jährige hat sich gerade wieder in seinen Gartenstuhl gesetzt, da landet eine junge Taube mit schlankem Hals auf dem Schlag. Der innere Kompass hat die vom Sperber Verjagte Heim geführt.