Oberhausen. Bürger sollen, anstatt zu konsumieren, an der Umgestaltung beteiligt werden. Teilnehmern kommen aus sechs südosteuropäischen Ländern und Oberhausen.
Es ist höchste Zeit für Stadtgesellschaften, sich neu zu erfinden. Davon sind die am Projekt „Actopolis – Die Kunst zu handeln“ beteiligten Akteure überzeugt. Neu erfunden haben sie bereits die obere Etage des leer stehenden Kaufhofs in der Alten Mitte. Zur Vorstellung des vielleicht bundesweit innovativsten Kreativ-Projekts, das gestern in Oberhausen an den Start ging, präsentierte die sich loftartig als schickes und großzügiges Kreativquarter mit Bühne, Bar und Arbeitsplätzen.
Austausch von Wissen und Ideen
„Die Kultur entwickelt sich immer mehr zum Impulsgeber für ein neues Stadterlebnis, was ich nicht nur begrüße, sondern für dringend notwendig erachte“, sagte Kulturdezernent Apostolos Tsalastras. Im Kleinen auf lokaler Ebene, im Großen eben auch global: „Die Kunst zu handeln“ erproben Künstler, Kuratoren, Stadtplaner und Architekten aus Athen, Belgrad, Bukarest, Ankara/Mardin, Sarajevo, Zagreb und Oberhausen gemeinsam. Es ist kein Zufall, dass es sich um Städte handelt, die alle auf der Flüchtlingsroute liegen.
Die Kultur hatte offensichtlich viel eher als die Politik im Blick, dass gerade die Zusammenarbeit mit Menschen aus südosteuropäischen Ländern wichtig werden würde. „Die Krise hat uns nicht überholt, sondern sie war vorhersehbar“, sagte Juliane Stegner vom Goetheinstitut, das das Projekt mit Urbane Künste Ruhr durchführt. Dritter Partner ist das Theater Oberhausen. „Es geht um Begegnung, ums Gegenseitige, darum, Wissen auszutauschen, und das ist ein grenzüberschreitender Prozess.“ Actopolis sei ein Aufruf zum Handeln und Mitgestalten von Stadt, über Disziplinen, Landesgrenzen und kulturelle Unterschiede hinaus.
Wichtigstes Anliegen ist, dass Kunst und Kultur sich von denen beeinflussen lässt, die in der Stadt leben, sie einbezieht. Anstatt Kunst zu konsumieren, steht Mitgestalten auf dem Programm. Dass das funktioniert, hat die Geheimagentur vorgeführt, als sie Schwarzgeld für alle einführte oder das Wettbüro betrieb. Funktioniert hat das Prinzip auch bei „Mord im Alltag“, als Theater-Besucher anstatt nur zuzusehen, aufgefordert waren, die Geschichte, die zur Katastrophe führte, durch Befragen der beteiligten Schauspieler selbst herauszufinden. Solche und andere Oberhausener Ideen, Bürger nicht als Zuschauer, sondern als Mitspieler zu sehen, haben sich in der Kulturszene rumgesprochen, weshalb das Theater jetzt Projektteilnehmer ist. „Als man mich fragte, war ich verblüfft und sofort dafür“, sagt Intendant Peter Carp. „Kunst im öffentlichen Raum ist unser Ding und dass man Menschen zu Hauptdarstellern machen will, gefällt mir sehr.“