Oberhausen. Laut Stadtdechant könne es langfristig nur noch eine Großpfarrei in Oberhausen geben. Die Gemeinden planen nun die Umsetzung des Sparprogramms.
Mit dramatischen Veränderungen der kirchlichen Strukturen rechnet Oberhausens Stadtdechant Dr. Peter Fabritz – zumindest langfristig. Weniger Gotteshäuser und Gemeindezentren, deutlich weniger Pfarrer, Diakone und Gemeindereferenten sind nur einige Stichworte: „Ich kann auf lange Sicht nicht einmal ausschließen, dass das gesamte Oberhausener Stadtgebiet zu nur noch einer großen Pfarrei zusammengefasst werden wird. Nach dem Gladbecker Vorbild.“
Diese eine Pfarrei setzt Gladbeck in Kürze um. Mit der Konsequenz, dass dort ab 2020 nur noch in drei katholischen Kirchen regelmäßig Gottesdienste abgehalten werden sollen. Hintergrund ist das Sparkonzept, das das Bistum Essen seinen Gemeinden verordnet.
Alle kirchlichen Immobilien auf dem Prüfstand
So schnell werde eine solche Idee aber nicht in Oberhausen umgesetzt, ist Fabritz sicher: „Noch gibt es eine deutliche Trennung zwischen dem Norden und dem Süden Oberhausens. Man wird sehen, ob sich diese Unterschiede überwinden lassen.“ Auch ihn habe die radikale Entscheidung aus Gladbeck überrascht.
Sicher aber ist: In Oberhausen kommen alle kirchlichen Immobilien auf den Prüfstand. Fabritz: „Derzeit konstituieren sich Koordinierungsausschüsse, die bis Ende 2017 für jede Pfarrei vorschlagen, wohin die Reise gehen soll.“ Entscheidungen des Bistums werden für 2018 erwartet, heißt es seitens des Bistums.
Viel mehr Beerdigungen als Taufen
Geprüft werde nun vor Ort, welche Gebäude aufgegeben werden müssen. „Wenn in kurzer Entfernung zwei Gemeindezentren sind, die nur zu 40 Prozent ausgelastet sind, wird man diese zusammenlegen“, sagt Fabritz. Die Sparvorgaben seien klar: Rund die Hälfte ihres jeweiligen Jahresetats müssen alle Gemeinden im Bistum bis zum Jahr 2030 einsparen. Für eine Pfarrei wie Herz Jesu Oberhausen-Mitte sind das immerhin mehrere hunderttausend Euro. Genaue Zahlen will Peter Fabritz nicht nennen.
Die nennt er jedoch, fragt man ihn nach der Zahl der Katholiken in Oberhausen: „84.000 sind es derzeit, und ihre Zahl sinkt weiter. Es gibt viele Austritte, vor allem aber weit mehr Beerdigungen als Taufen.“ Große Sorge macht ihm auch der ausgesprochen schlechte Gottesdienst-Besuch: „Es gibt eine Zählung im März und eine im November. Dabei kam heraus, dass nur rund acht Prozent der Katholiken sonntags regelmäßig den Gottesdienst besuchen.“ Gab es früher die Gewohnheit, sonntags in die Kirche zu gehen, so sei das heute umgekehrt.
"Wir leben in einer total säkularisierten Welt"
„Der Glaube wird nicht mehr praktiziert“, bedauert der Theologe, der überzeugt ist: „Wenn wir den vergangenen Zeiten nachtrauern, werden wir ständig frustriert sein. Besser ist es, die Ist-Situation anzunehmen. Wir leben in einer total säkularisierten Welt und können zumeist nur einzelne wirklich erreichen.“ Sich den Gegebenheiten anzupassen, bedeute auch die Aufgabe von Gotteshäusern: „Das macht Angst. Ich hoffe, dass der Gladbecker Weg die Ausnahme bleibt.“
Mehr Selbstverantwortung - ein Kommentar von Astrid Knümann
Die Kirche muss mit weniger Kirchen auskommen und mit weniger Menschen, die in der Seelsorge arbeiten. Der Verlust von Gebäuden ist zu verschmerzen. Wer aber soll christlichen Glauben wieder im Alltag etablieren, wenn es immer weniger gibt, die dazu befähigt sind? Peter Fabritz fordert von Gemeinden mehr Selbstverantwortung. Woher aber soll die kommen, wenn die meisten, auf dem Papier, katholischen (oder ev.) Familien die Kirche nur zu Weihnachten besuchen? Margot Käsmann brachte es auf den Punkt: Da wird angesichts von Flüchtlingsströmen und vollen Moscheen eine Gefahr für die christliche Kultur gesehen, andererseits raffen sich Christen nicht auf, ihre Kirchen zu füllen. Hier ist jeder gefragt, der für sich christliche Werte als Lebensmaxime wählt.