Oberhausen. . Die U3-Betreuung hat Nebenwirkungen, über die Eltern informiert sein sollten. Das findet Michael May, Vorsitzender des Oberhausener Kinderschutzbundes.

Der Ausbau der U3-Betreuung läuft, es gibt immer mehr Plätze für die Kleinsten in Kindertagesstätten oder bei Tagesmüttern. Bei dem Thema nicht nur auf die Quantität des Angebots, sondern auch auf die Qualität zu schauen, ist ein Anliegen des „BIS“-Projekts (Bindung schützt) vom Rotary Club Oberhausen Antony-Hütte und vom Kinderschutzbund. Im Vorfeld einer Tagung zum Thema am Dienstag, 22. September, sprachen wir mit Michael May, Vorsitzender des Kinderschutzbundes Oberhausen sowie Kinder- und Jugendtherapeut.

Sie wollen also berufstätigen Müttern, die ihre unter dreijährigen Kinder in eine Betreuung geben, ein schlechtes Gewissen machen?

Michael May: Also, erstens ist Kindererziehung und -betreuung nicht Mütter-, sondern Familiensache. Zweitens muss die Politik, die die Rahmenbedingungen setzt, ein schlechtes Gewissen haben, nicht die Eltern oder Betreuer. Die U3-Betreuung ist politisch sehr gewollt, gleichzeitig werden aber nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt. Uns kommt es darauf an, Eltern fachlich und sachlich zu informieren. Raucher oder Medikamenten-Nutzer werden ja auch über die Nebenwirkungen ihres Tuns aufgeklärt.

Warum ist denn die U3-Betreuung, so wie sie jetzt stattfindet, nicht gut?

May: Wenn uns die U3-Betreuung so viel wert wäre wie die Rettung von Banken, dann würde in den Bereich viel mehr Geld gesteckt werden. Bei Kindern unter drei Jahren sollte sich eine Betreuerin maximal um drei Kinder kümmern, die Gruppen in den Kitas sind aber viel größer, selbst Tagesmütter dürfen bis zu fünf Kinder auf einmal aufnehmen.

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Aber was ist denn verkehrt an einer Gruppenbetreuung in diesem Alter?

May: Sie behindert eine sichere Bindung. Wissen Sie, es wird viel über frühkindliche Bildung, Chinesisch für Dreijährige oder so, nachgedacht, aber nicht über Bindung. Dabei ist die Bindung an feste Bezugspersonen die Grundlage für die spätere seelische Gesundheit eines Menschen.

Jetzt stehe ich aber da als Elternpaar und muss mit dem, was derzeit an Betreuung geboten wird klarkommen. Und nun?

May: Eltern sollten bereit sein, sich in den Dienst ihres Kindes zu stellen und danach die Entscheidungen treffen. Der Maßstab sollte das individuelle Kind sein, was verträgt es, was kann es. Für wie viel Prozent der Leute ist denn die U3-Betreuung wirklich existenziell wichtig? Wir sprechen ja nicht über zehn Jahre, sondern ein oder zwei, in denen Eltern wechselweise zu Hause bleiben.

Dann ist die „Herdprämie“ also doch eine gute Idee?

May: Die wirkt leider nur bei Familien, für die es eigentlich besser wäre, die Kinder in eine Betreuung zu geben.