Oberhausen. Daniel Schranz, künftiger Oberbürgermeister von Oberhausen, im Interview. Der Christdemokrat setzt auf Zusammenarbeit aller Parteien im Rat.

Herr Schranz, Sie haben für die CDU in Oberhausen einen historischen Sieg errungen. Waren Sie selbst darüber überrascht?

Daniel Schranz: Ich habe tatsächlich nicht erwartet, dass ich sofort im ersten Wahlgang und dann auch noch in dieser Höhe gewinnen würde. Über Monate habe ich aber in Gesprächen festgestellt, dass sich die Stimmung gedreht hat – gegen die SPD. Ich habe eine Welle an Zustimmung erlebt – und der Hoffnung. Mir haben sehr viele Oberhausener gesagt, Sie schaffen das und tun Sie was, die Stadt nach vorne zu bringen.

Was sind nach Ihrer Analyse die Gründe dafür, warum Sie gewählt worden sind?

Schranz: Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Es gab eine ausgeprägte Wechselstimmung in der Stadt, es gab unglaublich viele Menschen, die mir sagten, „Ich habe bisher immer SPD gewählt, doch nun wähle ich Sie“, weil sie mit der Entwicklung der Stadt nicht zufrieden waren. Wir haben die Menschen bei den Themen abgeholt, die ihnen auf den Nägeln brennen: Wie kann man die Wirtschaftsentwicklung verbessern, wie kann man Bürger besser beteiligen? Mir persönlich ist man sehr freundlich und mit Sympathie begegnet.

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Sie haben einen sehr provozierenden Wahlkampf gefahren – mit scharfen Filz- und Intransparenz-Vorwürfen gegen die SPD, mit schlechter Regierungsarbeit.

Schranz: Ich glaube nicht, dass mein Wahlkampf provokant war. Wir haben ja nichts erfunden, sondern mit einem humorvollen Augenzwinkern auf den Karikatur-Plakaten die Mängel beschrieben, die leider Realität in der Stadt sind: der Handy-Skandal, die Schuldenlast. Und wir haben dann gesagt, was wir ändern wollen. Wir können aber unsere Stadt nur nach vorne bringen, wenn alle mitziehen. Mit Blick auf die realen Mehrheitsverhältnisse im Rat kann der Oberbürgermeister vieles nicht allein bewegen – und zudem ist unsere Lage so schwierig, da muss man möglichst viele mitnehmen.

Sie haben keine eigene Mehrheit im Rat, wie wollen Sie Ihre Wahlversprechen, Steuern zu senken oder das Bordell zu verlagern, umsetzen?

Schranz: Klassische Aufgabe für einen Oberbürgermeister ist es, sich Mehrheiten für seine Vorschläge im Rat zu organisieren. Das ist auch eine Chance, weil wir nun mehr über Inhalte diskutieren können, statt darauf zu schauen, von wem der Vorschlag ist.

Ist das Verhältnis der Ratsmitglieder im Rat durch Ihre seit Jahren geführte Konfrontationsstrategie der Opposition belastet?

Schranz: Richtig ist, dass wir als CDU immer darauf hingewiesen haben, dass es der Stadt schlecht geht und wir daran etwas ändern müssen. Richtig ist aber auch, dass wir niemandem unterstellt haben, er würde sich nicht für das Wohl der Stadt einsetzen. Ich freue mich jedenfalls auf die Zusammenarbeit im Rat und bitte um eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit mit allen Gruppierungen im Rat und mit dem Stadtverwaltungsvorstand.

Werden Sie Projekte kippen, die Sie kritisch sehen, wie den Abriss der Markthalle und den Neubau des Jobcenters?

Schranz: Nein, dem liegen ja Beschlüsse des Rates zugrunde, die ein Oberbürgermeister nicht einfach aushebeln kann. Aber ich werde mir alle Projekte anschauen und prüfen, ob es Verbesserungsbedarf gibt – und dies mit den Ratsfraktionen besprechen.

Erkens rückt für Schranz nach

Daniel Erkens rückt für Daniel Schranz, der als Oberbürgermeister sein Ratsmandat aufgeben muss, in die CDU-Fraktion nach. Er ist Bürgermitglied im Kulturausschuss sowie stellv. Vorsitzender der Jungen Union.

Er wurde am 20. Oktober 1984 geboren. Der 30-Jährige ist ledig und lebt in Sterkrade. Er ist Verwaltungswirt und arbeitet aktuell im Kreis Mettmann. Foto: cdu

Sie sind nun der Chef von 2000 Rathaus-Beschäftigten, die meisten von ihnen dürften ein SPD-Parteibuch haben. Befürchten Sie bei ihnen mangelnde Mitarbeit?

Schranz: Nein, das Wahlergebnis von Sonntag wäre gegen die Stadtverwaltung ja nicht möglich gewesen. Hier im Hause sind viele Kolleginnen und Kollegen auch unzufrieden mit der realen Entwicklung der Stadt. Die will ich erreichen und mitnehmen.

Sie haben im Wahlkampf angekündigt, im Rathaus Änderungen vorzunehmen, weil Abteilungen unterfordert oder überfordert sind. Müssen nun viele Beschäftigte um ihren angestammten Arbeitsplatz fürchten?

Schranz: Natürlich muss es Veränderungen geben, etwa im Bereich Wirtschaft, der bisher nicht ordentlich abgebildet ist. Wir brauchen eine ehrliche Aufgabenkritik: Wo drückt es massiv und wird mehr Personal benötigt, wo kann man Personal sparen?

Was werden Sie als erstes für die Oberhausener verbessern?

Schranz: Einige unserer Vorschläge für Oberhausen zu verwirklichen, wird länger dauern, aber etwa der neue Bürgerrat, der mich beraten soll, kann schnell installiert werden.

Ihre Familie hat sich am Sonntag über Ihren Wahlsieg gefreut. Gibt es bei ihr nicht Bedenken, dass Sie im Amt bei der hohen Arbeitsbelastung keine Zeit mehr für sie haben?

Schranz: Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass meine Familie meine Kandidatur vorbehaltlos unterstützt hat. Ich steige ja jetzt nicht erst in die Kommunalpolitik ein, meine Frau und meine Kinder sind es schon gewohnt, dass ich viele Abendtermine wahrnehme. Ich denke, wir schaffen es, unser Arbeits- und Privatleben auch in meinem neuen Amt zu koordinieren.