Oberhausen. Kreisverband des Paritätischen feiert 50-jähriges Bestehen. Mit 2589 Angestellten und ehrenamtlichen Helfern will er die Stadt „lebenswert“ erhalten.

Unter dem Dach des Paritätischen bewegen sich seit 50 Jahren viele, die in Oberhausen etwas verändern möchten. Entstanden ist der zweitälteste Kreisverband Nordrhein-Westfalens 1965 aus Initiativen, die das Leben für Menschen mit Behinderung lebenswerter machen wollten. Ein Konzept, das zog. Mittlerweile gehören dem örtlichen Wohlfahrtsverband 43 Organisationen und 65 Einrichtungen an. Gute Gründe also für ganz viele Gäste, am Freitag zur großen Jubiläumssause im Zentrum Altenberg zusammenzukommen.

Einige Tage vorher: Geschäftsführerin Ursula Jakobs holt hörbar Luft. Sie hat viel zu erzählen. „Die Integration von Gruppen am Rande unserer Gesellschaft war damals wie heute ein erklärtes Ziel“, sagt sie. Darauf habe schon Mitgründer Egon Berchter hingewiesen. Als damaliger Vorsitzender der Lebenshilfe Oberhausen habe es ihm besonders am Herzen gelegen, Menschen mit geistiger und körperlicher Einschränkung in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Aids-Hilfe, der Blinden- und Sehbehindertenverein, die Diabetes-Hilfe, der Guttempler-Orden, Frauen helfen Frauen, Jugendclub Courage, das Katholische Ferienwerk, die Löwenzahn-Erziehungshilfe, die Lebenshilfe Werkstätten, der Psychosoziale Förderverein und viele mehr kamen im Laufe der Jahre dazu. „Unsere Mitglieder arbeiten völlig selbstständig“, betont Ursula Jakobs.

Immer wieder Kampf ums Finanzielle

Was alle eint: „Unsere Stadt soll lebenswert bleiben“, bringt es Peter Jötten von der Selbsthilfe-Kontaktstelle auf den Punkt. Die vielen Vereine und Initiativen seien entstanden, „weil es Mangel gab und gibt in dieser Stadt“. Mangel an Hilfsangeboten, an Wissen, an Anlaufstellen. Nicht zuletzt deshalb mauserte sich der Paritätische vor Ort auch zu einem Dienstleister mit 2589 Angestellten und mehr als 2000 ehrenamtlichen Helfern.

„Selbstgestaltung als Bürgerwille“

Die große Party im Zentrum Altenberg startete mit geladenen Gästen am gestrigen Freitag. Mit den Grußworten von Corinna Hops (Vorsitzende Kreisgruppe Oberhausen), Oberbürgermeister Klaus Wehling und Cornelia Kavermann (stellv. Landesvorsitzende des Paritätischen) ging’s los. Dann traten die Kinder des Familienzentrums Ruhrwerkstatt auf. Die Festrede hielt Ulrich Schneider (Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes) zum Thema: „Selbstgestaltung als Bürgerwille“. Für die musikalische Unterhaltung sorgten „Sax & Drums“ aus Oberhausen sowie die „Hottenlotten“ aus Bochum.

Zum abendlichen Ausklang spielte die Rockband „Dude“ im Gdanska am Altmarkt.

Der erste Armutsbericht Oberhausens – er stammt aus der Feder des Paritätischen. Die zunehmende Belastung in der Arbeit und ihre Auswirkungen – die Mitarbeiter von „intego“ (Gemeinnützige Gesellschaft für Integration Oberhausen) erleben die Folgen fast täglich. „Wir betreuen inzwischen fast tausend Menschen, die an Burnout, Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Erkrankungen leiden“, sagt intego-Geschäftsführer Richard Höhmann-Rölle.

Die große Flüchtlingswelle: terre des hommes, Aktion Friedensdorf, Frauen helfen Frauen, Ruhrwerkstatt arbeiten Hand in Hand, um zu helfen. „An der Ruhrwerkstatt starten jetzt wieder Integrations- und Sprachkurse“, erläutert Britta Lenders, stellvertretende Vorsitzende des Paritätischen Oberhausen und Geschäftsführerin der Ruhrwerkstatt. Fast die Hälfte der Flüchtlinge sei unter 18 Jahren. „Gerade sie gilt es jetzt so schnell wie möglich zu integrieren, in Kindertageseinrichtungen, in Schulen und Vereine.“

Aus Stadtteil-Aktivitäten entstanden

Und immer wieder der Kampf ums Finanzielle: Vielen Kitas wächst der Eigenanteil über den Kopf, erfuhr der Verband auch aus den eigenen Reihen. „Wir haben uns in Verhandlungen mit der Stadt für mehr finanzielle Unterstützung stark gemacht“, erzählt Ursula Jakobs. Mit Erfolg. Die Stadt habe zugesagt, 40 Prozent dieses Eigenanteils befristet zu übernehmen.

Da zahle sich die gute Netzwerkarbeit zwischen so vielen Organisationen und Vereinen aus. „Wir sind aus Stadtteil-Aktivitäten entstanden und wir sind bis heute Bürger geblieben, die sich für Bürger einsetzen“, sagt Peter Jötten. Besser kann man das Erfolgsrezept des paritätischen Verbandes wohl nicht beschreiben.