Oberhausen. . Finanznot, Arbeitslosigkeit und Bildungs-Misere sind die großen Themen in Oberhausen. Selbst der Kämmerer und SPD-Kandidat will die Steuerschraube lockern

Diesen Erfolg kann Daniel Schranz im Schlussspurt des Wahlkampfes für sich verbuchen: Der Oberbürgermeisterkandidat der CDU hat Themen gesetzt.

In der Talkrunde „Stadtgespräch“, veranstaltet von VHS, Arbeit und Leben sowie der WAZ, wurden die von ihm seit Wochen propagierten Themen aufgegriffen: die Rekordhöhe der Steuern, die bedrückend hohe Zahl der dauerhaft Arbeitslosen, das Fehlen von Industrie-Flächen.

Selbst Kämmerer Apostolos Tsalastras, der OB-Kandidat von SPD, Grünen und FDP, sagte zum Begleitton einiger Lacher aus den voll besetzten Reihen im Eisenlager Altenberg: „Die Gewerbesteuer zu senken ist eine unserer wichtigsten Vorhaben.“ Aber das müsse mit der Landesregierung verhandelt werden. „Erst dann können wir an der Steuerschraube in die richtige Richtung drehen.“

Programm für 100 Langzeit-Arbeitslose

Tsalastras kündigte ein besseres Flächenmanagement an, auch Flächen-Ankäufe, um dem Umsicht-Institut mehr Raum zu verschaffen. Und mit der Bundesagentur für Arbeit werde die Stadt ein Programm auflegen, um 100 Langzeit-Arbeitslosen eine Perspektive zu geben. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Tsalastras selbst. Er wolle die „Kraftanstrengung aller Akteure am Arbeitsmarkt“.

Daniel Schranz hakte hier nach: „Man hat bisher Arbeitslosigkeit verwaltet, nicht gestaltet.“ Und mit der Rekordhöhe ihrer Gewerbesteuer treibe Oberhausen „die Unternehmen aus der Stadt heraus“. Der CDU-Kandidat war beim Thema seines Wahlkampfes: „Wir brauchen produzierendes Gewerbe, nicht nur weil es mal Tradition war. Wir brauchen Arbeitsplätze, von denen man leben kann.“

Norbert Müller, der 67-jährige Kandidat der Linken, ist als pensionierter Grundschulleiter vor allem Bildungspolitiker. Sein Statement zu Wirtschaft und Stadtfinanzen in der von WAZ-Redaktionsleiter Peter Szymaniak moderierten Runde: „Oberhausen kann sich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen.“ Die Not der Städte ist für ihn Beleg, „dass es mit den Mitteln des Stärkungspaktes nicht geht“. Eine neue Finanzpolitik müsse her.

Gerechte Verteilung von Bildungschancen

Die drei OB-Kandidaten ohne Basis in Ratsfraktionen nannten statt Wirtschaftsthemen vielmehr die Bildungspolitik an erster Stelle. Claudia Wädlich (Die Violetten) schlug „ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle“ als Pilotprojekt für Oberhausen vor. Anna-Maria Penitzka als unabhängige Kandidatin pochte auf „gerechte Verteilung von Bildungschancen – auch für Flüchtlingskinder“. Das Ende der Förderschulen ist aus Sicht der 48-Jährigen ein Fehler. „Alle Kinder in einen Raum zu packen – das ist keine Inklusion.“

Auch Hasan Dagdelen, ebenfalls unabhängiger Kandidat, forderte „eine radikale Bildungsoffensive ohne soziale Auslese“. Oberhausen habe zu viele Gymnasien. Der Wirtschaftsförderung empfahl er Dinslaken als positives Gegenbeispiel: „Die haben die Schnauze voll von grünen Oasen.“

„Im Rathaus spielt sich niemand an den Füßen“ 

Wie er denn die von ihm geplante Senkung von Gewerbe- und Grundsteuer finanzieren will, wollte ein Leser von CDU Oberbürgermeisterkandidat Daniel Schranz wissen. Indem in der städtischen Verwaltung zusätzlich zum geplanten Abbau von 200 Stellen weitere 100 abgebaut werden, „nicht durch Kahlschlag, nicht durch betriebsbedingte Kündigungen“, sagte Schranz, frei werdende Stellen sollten nicht wieder besetzt werden. „Wir müssen unsere ganzen politischen Entscheidungen darauf ausrichten, dass sich Firmen ansiedeln“, erklärte der CDU-Mann.

„Ich glaube nicht, dass sie eine Mehrheit dafür im Rat bekommen, Jobs abzuwickeln angesichts von Überlastungsanzeigen“, meinte SPD-Kandidat Apostolos Tsalastras. So sieht das auch Linken-Kandidat Norbert Müller: „Wir brauchen keinen Abbau, sondern einen Aufbau, es gibt keine Abteilung im Rathaus, die überflüssig wäre.“ Tsalastras wies darauf hin, dass die von Schranz kritisierte Zunahme des Personals in der Verwaltung sich durch die Einstellung von Erzieherinnen und Schulsozialarbeitern ergebe, die teilweise oder ganz vom Land finanziert würden.

Schranz forderte, sich stärker mit der Realität auseinanderzusetzen: „Es gibt Bereiche wie die Jugendhilfe, die überfordert, und andere, die unterfordert sind.“ Laut einem Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt habe keine andere Stadt eine so große Verwaltung wie Oberhausen. Diese Zahlen seien zehn Jahre alt, konterte Tsalastras, „es gibt niemanden im Rathaus, der unterfordert ist oder sich an den Füßen spielt“. In diesem ganzen Prozess müsse dann auch darüber geredet werden, wo Aufgaben reduziert werden sollen.

Zu teure Leistungen bei zu wenig Risiko?

Was halten Sie davon, die Gehälter der Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaften (Wirtschaftsbetriebe, Oberhausener Gebäudemanagement) und der Aufsichtsräte zu senken? Und müssen diese besser kontrolliert oder gar aufgelöst werden und die Aufgaben von der Stadtverwaltung erledigt werden? Auch diese Fragen wollte das Publikum im Zentrum Altenberg beantwortet wissen.

„Wir haben den Vorschlag gemacht, die Gehälter zu deckeln“, sagt Schranz. „Bei hundert Prozent städtischen Leistungen, hundert Prozent städtischem Geld und null Prozent Risiko“ seien die aktuellen Gehälter nicht angemessen.

Die Verträge der Stadt mit OGM und Co. seien so schlecht nicht, erklärt Tsalastras, „aber wir müssen schauen, ob die Aufgaben auch so erledigt werden, wie wir es verabredet haben“. Dass die OGM ein normales städtisches Amt werde, hält der SPD-Kandidat nicht für sinnvoll. „Ich habe ein großes Interesse daran, dass die Töchter uns zu hundert Prozent gehören, aber in einer unternehmerischen Betriebsstruktur werden bestimmte Dienstleistungen besser erledigt, in einer Verwaltungsstruktur funktioniert das nicht, das sagt die Erfahrung“, meint Tsalastras.

„Die Mitarbeiter der WBO werden ineffizient eingesetzt“, hält der unabhängige OB-Kandidat Hasan Dagdelen dagegen. Da es kein unternehmerisches Risiko gebe, werde zu teuer gearbeitet.

Über eine Rekommunalisierung der Stadttöchter nachzudenken „ist doch angesichts der Skandale ehrenwert“, findet auch Linken-Kandidat Norbert Müller. „Abfallentsorgung und andere Dienstleistungen für die Bürger gehören in kommunale Hand.“