Oberhausen. . Olaf Stöhr fertigt schon sei Jahren ungewöhnliche Collagen. Jetzt stellt er seine Arbeiten noch bis Weihnachten bei „Hackbarth’s“ aus.
Staunen vor „It’s real! Open Mouth“. In einem wuchtigen goldglänzend-verschnörkeltem alten Bilderrahmen hat sich – geschützt hinter Glas – eine illustre Gesellschaft versammelt, ein Sammelsurium an Dingen. Olaf Stöhr, der Schöpfer dieser weiß Gott nicht schnell erzählten Geschichte in 3-D, hebt den Bilderrahmen etwas an. Prompt wackelt ein rosa Pudel am unteren Bildrand mit dem Kopf. Es sieht so aus, als würde das Tier aus einem Flaschenverschluss trinken. Aber das ist nur ein neckisches Detail am Rande.
Das Bild – oder besser die 3-D-Collage – hängt im Restaurant Hackbarth’s Im Lipperfeld. Hier stellt Stöhr noch bis Weihnachten seine Arbeiten aus. Collagen-Persönlichkeiten. Mit immer wiederkehrenden Elementen. Hunde sind das. „Schuhe nehmen Fetischstellung ein“, hat Christine Vogt, Direktorin der Ludwiggalerie, anlässlich einer Ausstellung Stöhrs im Fraunhofer Institut geschrieben. Marilyn Monroe, bekannte Schauspieler überhaupt, Jazzmusiker, Autos, Flugobjekte oder Superman sind Dauergäste. Zum Schluss veredelt Farbe das Bild. Sie wird aufgespritzt und wirkt rein zufällig.
Kein Künstler
Stöhr nennt sich selbst Collagenbauer. Den Begriff des Künstlers lehnt er prinzipiell ab. In seinen Collagen, von denen jede wie ein Fingerabdruck des Oberhauseners daher kommt, erzählt er Geschichten. Wie „No Model – but Jazz“. Da wollte ein deutscher Fotograf in den 50er Jahren Models mit Jazz-Musik präsentieren. „Das durfte er nicht“, erklärt Stöhr. Da habe der Fotograf die Veranstaltung komplett abgesagt.
Bizarr sind Collage und Geschichte über Franz Reichelt. „The Legendary Pionier of Trash“ hat Stöhr sie genannt. Erzählt wird die Geschichte des Mannes, der glaubte, eine Art Fallschirm entdeckt zu haben, mit dem man aus großer Höhe springen und heil unten ankommen könne. Reichelt stürzte sich am 4. Februar 1912 vom Eifelturm mit sehr tödlichem Ausgang. Er schlug ein richtiges Loch in den Boden. Stöhr hat diese Collage ganz pragmatisch als Paket verschnürt. „Weil Reichelt auch verschnürt in der Leichenhalle landete“, sagt er.
Olaf Stöhrs Collagen erzählen ihre Geschichten auf allen möglichen Untergründen. Mal sind es Kartons, mal Metallplatten. Die Arbeiten sind bunt und voller Informationen. „Ich mag keine leeren Bilder“, sagt Stöhr.
Ein wenig anders sind drei Collagen, die sich farblich bedeckter zeigen und auch eine Abweichung von der sonstigen Motiv-Fülle darstellen. Drei Menschen sind auf den Bildern jeweils zu sehen. Ein Toter, ein Verbrecher und eine bekannte Persönlichkeit. In der Ausstellung hängen drei dieser irritierenden Arbeiten. Ideen hat Stöhr noch für 58 weitere.
Täglich sammelt der 55-Jährige für seine Leidenschaft, er schneidet und reißt Motive aus Zeitschriften heraus. Bewahrt leere Parfümflaschen auf, Nespressodosen, Kronkorken, Lippenstifte oder auch Postkarten.
Wie schwerer Rotwein
„Das kann jeder machen, der viel liest und neugierig ist“, sagt der Oberhausener über seine Collagen. Ist das nun Understatement oder glaubt Olaf Stöhr das wirklich? Eines ist jedenfalls klar, diese Collagen sind ausdrucksstark, mit dem Charakter eines vollmundig reifen, schweren Rotweins. Nein, ein anderer würde vielleicht – aber auch nur vielleicht – etwas Anderes hinbekommen. Aber diese Art von Collagen auf keinen Fall.