Oberhausen. . Bei der Nacht der Industriekultur schärfen viele Besucher den Blick für die Schönheit der Region: Gasometer, Schloss, Slinky-Brücke und Altenberg.

Sie sind gerührt. Nun sind sie echte Ruhris. Eine Gruppe mit Besuchern aus dem Emsland reckt den Hals an der Slinky-Brücke Richtung Gasometer. „Das Ruhrgebiet hat einiges zu bieten“, hat ein Einheimischer kurz vorher gesagt. Und sie haben genickt. Auch auf die Frage, ob denn etwas hängen bleibt. „Auf jeden Fall die große Tonne dort!“ Die Nacht der Industriekultur lässt Auswärtige in Schönheit schwelgen und alte Hasen von echter Liebe sprechen.

Das Ruhrgebiet ist nicht nur Fußball. Extraschicht an vier Spielorten: Schiebung gibt es früh im Zentrum Altenberg. Viele drängen sich um die Schmiede. Die Handwerker haben heiße Eisen im Feuer. „Am Anfang sieht das Metall immer aus wie eine Wunderkerze“, sagt der Mann mit der Industrieschürze. Justina Lange (10) darf mithelfen. Der Facharbeiter legt ein glühendes Stück auf den Amboss. „Schön aus dem Handgelenk!“ Nicht wie beim Hau-den-Lukas und nicht zu verkrampft, keinen Buckel machen. Die Extraschicht nimmt Form an.

Das Piano auf dem Auto-Anhänger

Nebenan greift Elo Badura in die Tasten: Das Piano auf dem Auto-Anhänger hat Gdanska-Wirt Czeslaw Golebiewski mitgebracht. Kultur to go. So würde es amerikanisiert heißen. Tatsächlich steht auf der Tafel: „Teile dein Talent!“ Aber zur Extraschicht gilt schlicht: „Komm’ mach’ ma’ mit!“ Der St.-Antony-Wein neigt sich vor einem feinen „Plinggggg“ ins Glas, im Museum zieht eine historische Modenschau Blicke an. Klamotten und Marotten.

Tierisch voll ist es am Gasometer: Schlangen! Vor dem Bratwurststand. Vor dem Aufzug. Im Innenraum sowieso. Der schöne Schein. Die Lichtinstallation ist schlichtweg fantastisch. Starke Kontraste: Bei einer Akrobatik-Show tragen die Künstler im tiefen Dunkel der Tonne die Farbe Weiß.

Besucher brauchen Geduld

Wer weise ist, der steht an den Haltestellen. Sonderbusse bringen die Besucher auch zu den Spielorten außerhalb der Stadt. Geduld ist nötig. Die Parkplatzsuche dauert aber noch länger. An der Slinky-Brücke bringen die soziokulturellen Zentren der Stadt viel Klanggut mit: Spaßmusiker Christian Hirdes schreibt ein Oberhausen-Lied, in dem plötzlich auch Mülheim vorkommt. Falsch verbunden? Egal, ist doch alles 0208.

Auf der Brücke: wohliges Wippen. Selten schaut einer seekrank. Vielleicht kommt er vom Kanal-Kreuzer, der direkt an der Brücke vor Anker geht. Und dann gibt es noch die Erkennungszeichen der Nacht: Green Buttons. Kleine Künstler stanzen sie selbst. Kunstwerkchen. Vom Schlosshof kommen sie her, oder wech? Schließlich ist ja Extraschicht.