Oberhausen. . Im Bereich der Gutehoffnungshütte entwickelten sich Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld rasant. Warum Oberhausen bei der Namensgebung vorne lag.

1929 wurden die drei damals kreisfreien Städte Osterfeld, Sterkrade und Oberhausen zu einer Kommune zusammengefasst. Wer heute allerdings auf die Karte der drei Stadtbezirke schaut, stellt sofort fest: Sterkrade ist von der Fläche mehr als doppelt so groß wie jeweils Osterfeld oder Oberhausen.

Und was die Einwohnerzahlen anbelangt, steht Sterkrade mit rund 81.000 registrierten Einwohnern Alt-Oberhausen mit rund 90.000 nicht viel nach. Wie kam es also eigentlich dazu, dass Oberhausen zum Namensgeber und Verwaltungsmittelpunkt der neuen Stadt „Groß-Oberhausen“ von 1929 wurde?

Oberhausen als Stadt der guten Hoffnung

Der Antwort kommen wir schon recht nahe, wenn wir das diesjährige Jubiläum 100 Jahre Großstadt Oberhausen berücksichtigen. Denn die Größenverhältnisse der drei 1929 zusammengeführten Städte unterschieden sich damals und bereits 1915 erheblich von der Gegenwart. Zugleich spiegeln die Einwohnerzahlen wider, wie rasant und dennoch unterschiedlich die drei Kommunen im Wirtschaftsraum der Gutehoffnungshütte wuchsen, dabei vom Aufstieg dieses Montankonzerns profitierten.

Dass die größere Stadt 1929 den Namen Oberhausen erhielt und nicht Sterkrade, war für die Zeitgenossen eine Selbstverständlichkeit. Einzig der Titel „GHH-Stadt“ oder „Stadt der Guten Hoffnung“ hätte Oberhausen den Namen streitig machen können. Die Ursache dafür liefern die Größenverhältnisse, die Einwohnerzahlen von 1929: Rund 110 000 Alt-Oberhausenern standen 51 700 Sterkrader und 33 600 Osterfelder gegenüber. Auch die Wirtschaftskraft der Stadt südlich der Emscher überstieg diejenige ihrer beiden nördlichen Nachbarn zusammen genommen deutlich. Da schlug die geringere Fläche nicht mehr ins Gewicht. Die Größe der drei Städte bildet unmittelbar ab, wie die ebenso rasante Industrialisierung und Verstädterung in nur einem dreiviertel Jahrhundert den Oberhausener Raum von Grund auf veränderten.

Bürgermeisterei Oberhausen 1862 gegründet

Als nämlich die Bürgermeisterei Oberhausen 1862 gegründet wurde, zählte sie erst 5590 Einwohner. Damals lebten in Sterkrade mit 3150 und in Osterfeld 3000 Einwohnern zusammen noch mehr Menschen. Dies lag an Folgendem: Trotz des enormen industriellen Wachstums um den Oberhausener Bahnhof seit 1847 bildete Sterkrade bis 1855 das Zentrum der Gutehoffnungshütte, die bis 1873 allerdings noch den Namen ihrer Gründer trug: Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel und Huyssen (JHH): Seit 1855 aber trug nicht mehr vornehmlich die Metallverarbeitung in Sterkrade, sondern die eisenschaffende Industrie mit Hochöfen, Walz- und Stahlwerken rund um die Essener Straße den Aufstieg der GHH zum Großunternehmen, das 1914 in den drei Städten schließlich fast 30 000 Menschen beschäftigte.

Zwei weitere Ursachen können wir dafür ausmachen, dass Oberhausen bis zum Ersten Weltkrieg, der 1914 ausbrach, im Wirtschaftsraum der Gutehoffnungshütte seine nördlichen Nachbarstädte deutlich überflügelte: Erstens ermöglichten der Eisenbahnknotenpunkt und eine klare planungsrechtliche Bevorzugung von Industrie vor Wohnen die Herausbildung einer dicht besetzten Industriezone im (Alt-)Oberhausener Norden, rund um die Duisburger- und Essenerstraße. Nicht nur die Zeche Concordia mit über 5000 Bergleuten, auch Konsumgüterhersteller wie eine Glas- und eine Porzellanfabrik, verschiedene chemische Fabriken und metallverarbeitende Betriebe beschäftigten jeweils mehrere hundert Menschen. So war Oberhausens industrielle Basis breiter, die Stadt weniger von der Konjunktur und den Steuern der Gutehoffnungshütte abhängig als seine nördlichen Nachbarn.

Belebte Innenstadt überflügelte die Nachbarn

Oberhausen überflügelte auch deshalb seine nördlichen Nachbarn Osterfeld und Sterkrade, weil die zielgerichtete Stadtentwicklungspolitik des Oberhausener Rates von 1890 bis 1929 die Herausbildung einer großräumigen Innenstadt mit vielen öffentlichen Einrichtungen, den belebten Haupteinkaufsstraßen Markt- und Friedrich-Karl-Straße bewirkte.

Die Anbindung dieser Flanier- und Einkaufsmeilen an die Wohngebiete sogar in Sterkrade und Osterfeld gelang mit Deutschlands erster, 1896 kommunal gegründeter Straßenbahn. Folglich erlangte Oberhausen auch im modernen Sektor der Dienstleistungen einen Vorsprung vor den beiden Nachbarn im Norden: Die Beschäftigten in den Dienstleistungen stiegen von 1890 bis 1929 von etwa sechs Prozent auf etwa 25 Prozent an.

Das für das Städtewachstum zu Beginn des 20. Jahrhunderts wichtige Betätigungsfeld der Eingemeindungen indes brachte Oberhausen gegenüber Sterkrade und Osterfeld kaum Vorteile: Bevor der Oberhausener Raum von der Eingemeindungs-Welle im Ruhrgebiet erfasst wurde, verteilten sich 1905 die Gewichte zwischen Oberhausen mit 51.000 Einwohnern und Sterkrade mit 21 000 sowie Osterfeld mit 20.000 Einwohnern südlich und nördlich der Emscher kaum anders als 1929.

Während Oberhausen dann 1910 und 1915 rund 35.000 Einwohner hinzugewann, aber nur 60 Prozent Fläche hinzu erhielt, erweiterte Sterkrade vor allem seine Fläche auf mehr als das Doppelte nach Buschhausen und nach Norden. Darin finden wir dann einen Grund dafür, warum Sterkrade nach dem Zweiten Weltkrieg durch neue Wohngebiete seine Bevölkerung so deutlich ausweiten konnte und heute beinahe so viele Einwohner zählt wie Alt-Oberhausen. Dem waren dagegen solche Flächengewinne im härteren Wettbewerb mit den großen Nachbarn Duisburg, Mülheim und Essen zwischen 1900 und 1915 nicht möglich.