Oberhausen. . Bei zu langen Wartezeiten dürfen Patienten auf Krankenhäuser ausweichen. Kliniken vor Ort warnen aber: Für ambulante Behandlungen fehlt das Personal.
In den Oberhausener Krankenhäusern klingeln die Alarmglocken: Die Kassenärztliche Vereinigung hält an ihrer geplanten Reduzierung der Notarztpraxen fest. Und das Bundesministerium für Gesundheit sieht in seinem Versorgungsstärkungsgesetz zusätzlich einen Abbau vor allem von Facharztpraxen in den Städten vor. Für Oberhausen bedeutet dies den Wegfall von 24 Facharztpraxen (darunter sechs gynäkologische Sitze) und drei Hausarztpraxen.
Dazu kommt: Patienten, die künftig nicht innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin erhalten, sollen auf die Krankenhäuser ausweichen dürfen. „Die Wartezeiten sind in fast jeder Praxis lang, da kann es doch nicht richtig sein, jetzt Arztsitze vom Markt zu nehmen“, meint Michael Boos, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Oberhausen (mit den Standorten St. Clemens-Hospital, St. Josef-Hospital und St. Marien-Hospital).
Andere Kostenstruktur
Boos warnt vor einem drohenden Facharztmangel: „Es gibt immer weniger Ärzte, die sich niederlassen wollen.“ Durch bessere Vergütungen sowie geregelte Arbeitszeiten hätten sich die Bedingungen in den Krankenhäusern in den letzten Jahren derartig verbessert, „dass der Nachwuchs lieber bleibt“.
Das Ausweichen auf eine ambulante Behandlung im Krankenhaus sieht Boos skeptisch. „Dafür sind wir nicht ausgerüstet.“ Es gebe nicht genug Personal, nicht einmal Warteräume. „Und wer soll die Terminvereinbarung übernehmen?“ Es fehle ein Konzept, kritisiert auch Martin Große-Kracht, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen.
Große-Kracht fordert deshalb: „Die bestehenden Prozesse, Verantwortlichkeiten und die Finanzierungsmodelle müssen überdacht und neu geregelt werden.“
Ärzte mit Kliniken vernetzen
Die Kostenstruktur eines Krankenhauses sei schließlich eine ganz andere, stimmt Michael Boos zu. „Erhielten wir die gleichen Sätze wie die niedergelassenen Kollegen, liefe die Mitbehandlung ambulanter Patienten für uns auf ein untragbares Zuschussgeschäft hinaus.“
Angesichts knapper Kassen empfiehlt Boos ein Zukunftsmodell, in dem niedergelassene Kollegen sich verstärkt mit den Kliniken vernetzen. „Wir haben die Labore, die Röntgen- und Spezialgeräte – Vertragsärzte könnten diese Einrichtung mitnutzen.“ Eine Kostenrechnung, die sich letztlich für beide Seiten lohnen könnte. Gleiches gelte für die räumliche Nutzung der Klinik-Ambulanzen. „Weshalb sollten dort nicht niedergelassene und Krankenhaus-Ärzte gemeinsam einen Notdienst anbieten?“
Der Gesetzgeber sollte sich mehr Zeit für ein tragfähiges Konzept nehmen, meint Boos. „Flickwerk hilft niemandem.“
Verstärkter Andrang in den Notfall-Ambulanzen
Alle Krankenhäuser vor Ort stellen schon jetzt einen verstärkten Andrang in den Notfall-Ambulanzen fest. „Bei uns haben sich die Wartezeiten deutlich verlängert“, sagt Dr. Klaus Becker, Chefarzt der Inneren Medizin am St. Clemens-Hospital.
Deshalb setze das Haus seit Anfang April dort zwei statt einem Mediziner ein. Die Streichung von Notfall-Praxen der niedergelassenen Kollegen und die Schließung von Facharztpraxen würden das Problem noch verschärfen.
Auch aus der Helios St. Elisabeth Klinik heißt es: „Wir bemerken einen Trend zur Inanspruchnahme der Notfallaufnahme.“ Die Wartezeiten für Patienten mit leichteren Erkrankungen hätten sich erhöht, so Sprecherin Corinna Saccaro.
Skepsis zumindest über die Streichung von Facharztpraxen macht sich selbst bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein breit. Bei der Feststellung einer Überversorgung dürfe man sich nicht nur auf statistische Berechnungen verlassen, so KV-Sprecher Christopher Schneider. Denn Ärzte in Ballungsräumen behandelten oft Patienten aus dem Umland mit.