Oberhausen. Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier stellt ein erhebliches Nord-Süd-Gefälle in Oberhausen fest: Wer im Norden wohnt, ist meist wohlhabend und lebt sicher.
Oberhausens Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier hat in einem bemerkenswerten Vortrag vor 160 SPD-Delegierten auf ihrem Parteitag alle gesellschaftlichen Gruppen aufgefordert, gemeinsam mehr gegen die Verarmung großer Bevölkerungsschichten und mehr für die Sicherheit in der Stadt zu tun.
„Die Menschen, die am wenigsten an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben, die am wenigsten integriert sind, die besonders von Armut betroffen sind, müssen auch am stärksten unter kriminellen Taten leiden“, sagte die studierte Sozialwissenschaftlerin nach Auswertung lokaler Sozial- und Kriminaldaten. „Das hält auf Dauer keine Stadt aus.“
Täter und Opfer in gleichen Vierteln
Wittmeier sieht vor allem die Perspektivlosigkeit vieler Armer besonders kritisch: „Von der guten Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre in Deutschland profitiert ein Großteil der Armen nicht mehr.““ Im Gegenteil: Die Schere gehe auseinander. 19 Prozent der Menschen im Großraum Oberhausen gelten als arm, 2006 waren es nur 14,5 Prozent.
Betrachtet man die Personengruppen, die vor allem von Armut betroffen sind (Einwanderer, Alleinerziehende, Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger) und verbindet diese mit ihren Wohnorten, dann erkennt man schnell (und für Oberhausener wenig überraschend): Im Kern Osterfelds und im südlichen Zentrum Oberhausens wohnen die meisten Armen.
Was aber viele erstaunen dürfte: Nicht im wohlhabenden Norden, in Königshardt und Schmachtendorf, wo für Einbrecher, Diebe und Räuber am meisten zu holen sein dürfte, geschehen die häufigsten Kriminaldelikte, sondern in den Wohngebieten der Armen: In der Innenstadt Oberhausens und auf dem Tackenberg. Das durchzieht nach Angaben der Polizeipräsidentin alle Kriminalitätsbereiche: Straßenkriminalität, Körperverletzungen, Wohnungseinbrüche.
Die Bekämpfung von Symptomen genügt nicht
Legt man Karten mit den Wohnorten der Täter mit denen der Opfer übereinander, erkennt man: „Opfer und Täter wohnen in den gleichen Stadtvierteln.“
Das Fazit von Wittmeier: „Auch Oberhausen entwickelt sich auseinander. Die Bekämpfung von Symptomen genügt nicht, sondern man muss sich mit den Ursachen befassen.“ Dies aber könne die Polizei nicht alleine. Man benötige ein breites gesellschaftliches Bündnis, das sicherheitsrelevante Ziele für ganz Oberhausen definiert und diese langfristig verfolgt. „Wir müssen viel stärker zusammenarbeiten. Wir brauchen mutige politische Entscheidungen. Man darf nicht nur darauf schielen, wann die nächste Wahl ist“, sagte Wittmeier. Sie erhielt für ihren Vortrag insgesamt viel Beifall.