Oberhausen. Bei der langen Nacht der Bibliotheken fesselte ein bunt gemischtes Programm. Unter dem Motto „eMotion“ gab es Lesungen und mehr im Bert-Brecht-Haus.

Mit offenen Mündern und verhakten Fingern sitzen rund 20 Kinder im Kreis um die prall gefüllten Bücherkisten. Eine Stimme grollt durch den Raum und entführt die Lauschenden in die staubigen Gassen des alten Rom.

Kinderbuchautor Christian Tielmann liest aus seiner R.O.M.-Reihe und gibt damit den Startschuss für die Nacht der Bibliotheken im Bert-Brecht-Haus am Saporoshje-Platz. Unter dem Motto „eMotion“ haben Bibliotheken-Chef Hans-Dietrich Kluge-Jindra und sein Team ein recht ambitioniertes Programm auf die Beine gestellt. „Wir wollen die Leute körperlich und geistig in Bewegung bringen“, sagt Kluge-Jindra. Körperlich in Bewegung kommen die Besucher schon einmal beim Treppensteigen, denn vom Bücherflohmarkt im Keller bis zur Kinderdisco im zweiten Stock müssen so einige Stufen hochgestiegen werden. Ansonsten werden die Gäste mit Cross-Boccia zwischen den Regalen körperlich gefordert.

Sanfte Stimme

Während sich in der Kinderabteilung die kleinsten Leseratten zur Autogrammstunde um Autor Christian Tielmann tummeln, lauschen die älteren Besucher im Foyer der sanften Stimme von Schauspielerin Ina Rudolph. Trotz der frühen Abendzeit ist Teatime. Mit allen Sinnen versetzt das Bibliotheksteam die Besucher ins England des 18. Jahrhunderts. Zum Text über Jane Austen werden Tee und Gebäck gereicht. Die Illusion ist fast perfekt.

Fast, denn das Foyer im Bert-Brecht-Haus lässt die Lesestunde für Vorleserin und Zuhörer streckenweise zur Tortur werden. Mit seinen surrenden Automatiktüren, den vorbeihuschenden Gästen und murmelnden Mitarbeitern platzt jeder Tagtraum an den angelsächsischen Adel am Ende jedes Abschnitts. „Der Ort war leider unpassend für Literatur“, sagt Rudolph und signiert ein Buch für eine ältere Dame. „Dennoch finde ich den Abend erst mal ganz toll. Die Veranstalter haben sich wirklich ins Zeug geworfen.“

Das findet auch Andrea Benninghofen. Die 57-Jährige ist an diesem Abend zum ersten Mal im Bert-Brecht-Haus. „Ich bin hier schon bestimmt hundert Mal vorbei gelaufen und wollte immer reingehen“, erzählt sie. „Jetzt werde ich auf jeden Fall ein regelmäßiger Gast werden.“

Band sorgt für Café-Atmosphäre

Zur Nacht der Bibliotheken ist die selber ernannte „Verfechterin des Buches“ mit ihrem Enkel gekommen. Besonders begeistert ist sie von der Kinderbuchlesung. „So sieht der Kleine auch mal, wer hinter so einem Buch steht.“ Für das Programm verantwortlich ist Saskia Friedrich, Organisatorin des Abends. „Wir wollten ein bunt gemischtes Programm auf die Beine stellen“, erzählt Friedrich und blickt auf ihre Armbanduhr. Denn jeden Augenblick wird die Band eintreffen, die nach der Lesung im Foyer weiter für Caféhaus-Atmosphäre sorgen soll.

Auch die Buchautoren Friedrich Ani und Dennis Gastmann haben sich schon einmal unter die Besucher gemischt. Ani liest dann aus seinem Roman „Die unterirdische Sonne“, bevor Gastmann in seinem Buch „Geschlossene Gesellschaft“ zum Abschluss des Abends von Millionären und Milliardären erzählt.